Die Schwiegermutter der Queen – Alice von Battenberg

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Ein Gastartikel von Karin Feuerstein-Praßer

Alice von Battenberg

Während die Royals heutzutage gerne im Rampenlicht stehen, hat Alice von Battenberg das niemals gewollt. Erst als Prinz Philip im April 2021 starb, rückte auch seine Mutter vorübergehend in den Fokus des Interesses, meist im Zusammenhang mit seiner unglücklichen Kindheit. Doch das war nur ein Aspekt in dem ungewöhnlichen, aufwühlenden Leben der Alice von Battenberg, das am 25. Februar 1885 auf Schloss Windsor seinen Anfang nahm.

Die Battenbergs

Dass Alice auf Schloss Windsor zur Welt kam, war ein untrügliches Zeichen für den Aufstieg des (neuzeitlichen) hessischen Adelsgeschlechts der Battenbergs, das erst seit 1851 existierte. Damals heiratete Alice´ s Großvater Alexander von Hessen-Darmstadt (1823-1888) in morganatischer Ehe die „nicht standesgemäße“ Julie von Haucke (1825-1895), die ihr Schwager Großherzog Ludwig III. wenig später zur Gräfin von Battenberg erhob. Von den fünf Kindern, die dem Paar geboren wurden, stach besonders Ludwig hervor, der 1854 das Licht der Welt erblickte, Alices Vater.

Die Battenbergs standen in engem Kontakt mit der großherzoglichen Familie in Darmstadt, und besonders Großherzogin Alice, eine Tochter von Queen Victoria und Gemahlin Ludwigs IV., war ganz begeistert von ihrem begabten Großneffen. Sie sorgte dafür, dass der junge Ludwig von Battenberg in England ausgebildet wurde und Karriere bei der Royal Navy machen konnte. Er nahm daraufhin die britische Staatsangehörigkeit an und nannte sich künftig Louis. 1882, als er einen längeren Heimaturlaub in Darmstadt verbrachte, verliebte er sich in Viktoria von Hessen-Darmstadt, die Tochter des Großherzogs und der inzwischen leider verstorbenen Alice. Ein Jahr später wurde Hochzeit gefeiert und am 25. Februar 1885 kam das erste Kind zur Welt, ganz standesgemäß auf Schloss Windsor geboren und nach der Großmutter Alice genannt wurde.

Eine schlimme Diagnose

Aufgrund der Marinelaufbahn ihres Vaters hatte die kleine Alice kein festes Zuhause. Victoria pendelte mit ihrer Tochter zwischen verschiedenen Wohnsitzen in Deutschland und England hin und her, wobei Schloss Heiligenberg bei Darmstadt zumindest vorübergehend zum Lebensmittelpunkt wurde. Die Eltern waren stolz auf ihre kleine Tochter, die sich auch zunächst ganz altersgerecht entwickelte. Als sie jedoch älter wurde, fiel auf, dass das kleine Mädchen nur sehr wenig sprach, manches seltsam betonte und schlecht verstanden wurde. Großmutter Julie von Haucke suchte daraufhin zusammen mit ihrer Enkelin einen Ohrenarzt auf, der die niederschmetternde Diagnose stellte: Alice war nahezu taub und es bestand keine Möglichkeit, durch einen operativen Eingriff Abhilfe zu schaffen. Sie würde also mit dieser Behinderung leben müssen.

Zum Glück blieb Alice kein „Sorgenkind“. Mit professioneller Hilfe lernte sie rasch, Worte von den Lippen abzulesen, zunächst in Deutsch und Englisch, später auch in Griechisch. Denn in Griechenland sollte sie viele Jahre leben.

Leben in Griechenland

Nach dem Tod ihrer Urgroßmutter Queen Victoria bestieg deren ältester Sohn als Eduard VII. den englischen Thron. Im Zuge der Krönungsfeierlichkeiten 1902, auf denen sich Europas Adel ein Stelldichein gab, lernte die hübsche 17-jährige Alice den gutaussehenden Prinzen Andreas von Griechenland kennen, einen jüngeren Sohn König Georgs I. aus dem Hause Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg.

Es scheint so etwas wie Liebe auf den ersten Blick gewesen zu sein, und ein Jahr später, am 7. Oktober 1903, läuteten in Darmstadt die Hochzeitsglocken.

Wenig später begann Alice´ s neues Leben in Athen. Die griechische Königsfamilie nahm die neue Schwiegertochter herzlich auf und Alice fühlte sich in ihrer neuen Heimat schon bald sehr wohl. Im April 1905 brachte sie in Athen ihr erstes Kind zur Welt, Tochter Margarita, der in den nächsten Jahren noch drei weitere Mädchen folgten: Theodora 1906, Cécile 1911, Sophie 1914, bevor schließlich mit Philip 1921 der einzige Sohn geboren wurde.
Doch die familiäre Idylle konnte nicht darüber hinwegtäuschen, dass Griechenland einem wahren „Pulverfass“ glich. Alice erlebte nicht nur die beiden Balkankriege 1912/13 gegen das Osmanische Reich, in denen sie als Krankenschwester im Lazarett mithalf, sie musste auch ertragen, dass ihr Schwiegervater Georg I. 1913 einem Attentat zum Opfer fiel. Fortan bestimmten politische Unruhen das Schicksal des Landes und 1917 war die Königsfamilie gezwungen, vorübergehend ins Schweizer Exil zu gehen.

Flucht nach Frankreich

Unterdessen war der Erste Weltkrieg ausgebrochen, was für Alices Vater Louis von Battenberg weitreichende Folgen hatte. Wenngleich britischer Staatsangehöriger und erst unlängst zum Ersten Seelord befördert, musste er 1914 als gebürtiger Deutscher das Amt niederlegen. Schließlich war auch der deutsche Name nicht mehr tragbar. Nachdem sich das englische Königshaus Sachsen-Coburg und Gotha 1917 in Windsor umbenannt hatte, verlangte man ähnliches auch von den Battenbergs. Sie nannten sich künftig Mountbatten. Louis Mountbatten zog sich ins Privatleben zurück und starb 1921.
Nachdem sich die politische Lage einigermaßen stabilisiert hatte, konnte die Königsfamilie im November 1920 nach Griechenland zurückkehren. Doch es war nur ein kurzes Intermezzo, gekrönt von der Geburt Philips am 10. Juni 1921 auf Schoss Mon Repos/Korfu, wo die Familie ihren Sommersitz hatte. Doch zu diesem Zeitpunkt herrschte schon wieder ein griechisch-türkischer Krieg (1919-1922), der die Königsfamilie schon bald in den Abgrund stürzen sollte.
Alices Mann Andreas, der ein Armeekorps in Anatolien befehligte, hielt das ganze Unternehmen für sinnlos. Um weiteres Blutvergießen zu verhindern, verweigerte er im September 1921 den Befehl zu einem weiteren Angriff. Eine mutige Entscheidung, die jedoch fatale Konsequenzen haben sollte. Der Krieg zog sich weiter bis zum August 1922 und endete für Griechenland in einer katastrophalen Niederlage. Weil man Sündenböcke suchte, wurde nicht nur König Konstantin ins Exil geschickt, auch Andreas wurde zusammen mit weiteren Ministern und Generälen als „royaler Verräter“ verhaftet. Jetzt drohte ihm die Todesstrafe. Nur in letzter Minute gelang es England, den Prinzen und seine Familie in Sicherheit zu bringen. Ein britisches Schiff brachte ihn und Alice zunächst nach Korfu, wo sie ihre Kinder und wenige Habseligkeiten einsammelten, bevor die Reise ins Ungewisse ging. Schließlich strandete man in Frankreich, denn in und um Paris hatten sich schon weitere Mitglieder der griechischen Königsfamilie niedergelassen.

Besorgniserregender Zustand

In Saint-Cloud vor den Toren von Paris begann für die aristokratische Flüchtlingsfamilie ein neues Leben. Völlig mittellos, waren Alice und Andreas auf die finanzielle Unterstützung der Verwandtschaft angewiesen. Sie lebten in einem Haus, das ihnen Schwägerin Marie Bonaparte zur Verfügung gestellt hatte. Während Alice versuchte, sich mit der Situation abzufinden und vorübergehend sogar einen kleinen Laden betrieb, in dem sie griechische Stickereien anbot, konnte sich Andreas nur schlecht mit dem Nichtstun und seiner völligen Bedeutungslosigkeit abfinden. Dem war die Ehe auf Dauer nicht gewachsen, die Entfremdung zwischen Alice und ihrem Mann vergrößerte sich zusehends. Da sich auch die Töchter meistens bei der englischen oder deutschen Verwandtschaft aufhielten, wurde es zunehmend einsam um sie. Auch ihre Schwerhörigkeit scheint sie in dieser Situation extrem belastet zu haben.
Etwas anderes kam hinzu. Zwei von Alices in Russland verheiratete Tanten, Zarin Alexandra und deren Schwester Ella, waren während der Oktoberrevolution 1918 ermordet waren.

Das lange Zeit ungewisse Schicksal der beiden machte Alice schwer zu schaffen. Im Schweizer Exil hatte sich die Familie seinerzeit die Langeweile mit Séancen vertrieben, um angeblich Kontakt zum Jenseits aufzunehmen. Was damals eine nicht ganz ernstgemeinte Freizeitbeschäftigung gewesen war, wurde für Alice nun bitterer Ernst. Sie suchte eine spirituelle Verbindung gerade zu ihrer ermordeten Tante Ella, die immer ihr großes Vorbild gewesen war. Nach dem Tod ihres Mannes hatte Ella in Moskau einen karitativen Orden gegründet, um sich künftig um die Ärmsten der Armen zu kümmern.

Das hat Alice ungemein imponiert. Um der Toten, die zum russisch-orthodoxen Glauben konvertiert war, näher zu kommen, nahm Alice, eigentlich Protestantin, 1928 den griechisch-orthodoxen Glauben an. Doch letztlich führte der Konfessionswechsel nur dazu, dass sie sich immer weiter von der Realität entfernte.
Mit der Zeit flüchtete Alice mehr und mehr in eine religiöse Traumwelt, zu der ihre Familie keinen Zugang hatte. Sie gab vor „göttliche Nachrichten“ zu empfangen, legte sich ein strenges Fastenprogramm auf und behauptete schließlich sogar, eine sexuelle Beziehung zu Jesus Christus zu unterhalten.

Im Sanatorium

Alices Familie wurde es allmählich angst und bange und Andreas war mit der ganzen Situation hoffnungslos überfordert. Auf Anraten von Schwägerin Marie Bonaparte, die sich intensiv mit Psychoanalyse beschäftigte, willigte Alice im Februar 1930 schließlich ein, sich in einem einschlägigen Sanatorium in Berlin-Tegel behandeln zu lassen. Zu dem leitenden Arzt Dr. Ernst Simmel fasste sie gleich großes Vertrauen, berichtete ihm völlig unbefangen von ihren sexuellen Phantasien, die sich hauptsächlich um Jesus Christus drehten. Inzwischen war sie der festen Überzeugung, mit Jesus verheiratet zu sein.
Schon nach dem ersten Gespräch stand Simmels Diagnose fest: Alice litt unter paranoider Schizophrenie, zu deren Krankheitsbild auch Wahnvorstellungen gehören. Was immer Alices Krankheit ausgelöst haben mag – als Psychoanalytiker und Schüler Sigmund Freuds sah Simmel nur eine Ursache für ihre Erkrankung: unterdrückte Sexualität. Jedenfalls hielt es der Arzt für ratsam, sich über diesen speziellen Fall mit seinem Mentor auszutauschen. Freud stimmte ihm zu, eine wirksame Behandlung könne nur dann erfolgen, wenn die sexuellen Gefühle der Patientin verschwinden würden. Um bei der 45-Jährigen eine vorzeitige Menopause herbeizuführen, empfahl Freud, ihr die Eierstöcke mit Röntgenstrahlen zu behandeln. Auf diese Weise würden die Symptome von allein verschwinden und sie könne ihr altes Leben wieder aufnehmen.
Simmel führte die empfohlene Behandlung tatsächlich durch, allerdings ohne das gewünschte Ergebnis zu erreichen. Man konnte nur von Glück sagen, dass Alice keine ernsthaften Schäden davontrug. Heute würde man von Körperverletzung sprechen.

Die Familie zerbricht

Nach zwei Monaten wollte Alice Tegel verlassen, obwohl keine Besserung eingetreten war. Doch Dr. Simmel konnte seine Patientin nicht gegen ihren Willen dabehalten.
Als Alice im April 1930 wieder in Saint-Cloud eintraf, musste die Familie entsetzt feststellen, dass ihr Zustand unverändert war. So konnte es auf keinen Fall weitergehen. Doch weil sich Alice selbst für völlig gesund hielt, verweigerte sie einen erneuten Aufenthalt in einem Sanatorium. Die Familie entschloss sich daher, gewisse Zwangsmaßnahmen anzuwenden, um Alice „zu ihrem Glück“ zu zwingen. Am 2. Mai 1930 wurde sie von einem Arzt betäubt, entführt und in die Bellevue-Klinik Kreuzlingen am Bodensee gebracht, in der sie mehr als zwei Jahre lang bleiben musste. Einzig und allein Mutter Victoria durfte entscheiden, ob und wann ihre Tochter entlassen wurde…
Andreas hatte nichts dagegen einzuwenden, denn er war mit der Krankheit seiner Frau ohnehin hoffnungslos überfordert. Zurück in Saint-Cloud löste er den Haushalt auf, verabschiedete sich von seinen Töchtern, die demnächst ohnehin alle heiraten würden und überließ Philip der Obhut seines Schwagers Georg Mountbatten, der mit seiner Frau Nada ebenfalls in England lebte. Der kümmerte sich nun darum, dass der damals neunjährige Neffe ein Internat besuchte. Philip kommentierte das später lakonisch: „Ich ging in England zur Schule und Georg und Nada waren sehr nett zu mir.“ Nach Georgs frühem Tod 1938 übernahm sein jüngerer Bruder Louis die „Vormundschaft“ über Philip. Doch Alices Sohn würde künftig kein wirkliches Zuhause mehr haben.

Bürgerliches Leben

Erst Anfang 1933 hatte sich der Zustand ihrer Tochter soweit gebessert, dass Victoria einer Entlassung zustimmte. Doch Alice, die inzwischen erfahren hatte, wer für ihre mehrjährige „Gefangenschaft“ verantwortlich war, wollte künftig nichts mehr mit ihrer Mutter zu tun haben. Sie beschloss, ihre aristokratische Existenz zu beenden und künftig ein bürgerliches Leben zu führen.
Den Neubeginn wagte sie in Köln, wo sie eine Zeitlang als Untermieterin wohnte, bis sie von einer Pension im Bergischen Land erfuhr, in der auch Menschen mit psychischen Problemen herzlich willkommen waren: Landgut Breibach. Der Besitzer war eigentlich Rechtsanwalt, hatte aber als SPD-Mitglied und weil er einen jüdischen Mitarbeiter beschäftigte, auf Druck der Nazis seine Kanzlei aufgeben müssen. Nun bot er in seiner Pension wie auch immer belasteten Menschen Schutz und Hilfe an. Hier, in dieser ländlichen Idylle, fühlte sich Alice seit November 1936 ausgesprochen wohl. Was ihr aber wirklich half, waren die langen, einfühlsamen Gespräche mir ihrem Gastgeber Reinhold Markwitz, mit dem sie über „Gott und die Welt“ reden konnte. Er hörte nicht nur aufmerksam zu, sondern öffnete ihre auch die Augen für die Situation Deutschlands unter dem NS-Regime, die Verfolgung politischer Gegner und die menschenverachtende Behandlung der jüdischen Bevölkerung. Das Jahr, das Alice in Breibach verbrachte, sollte ihren weiteren Lebensweg maßgeblich beeinflussen…

Ein schreckliches Unglück

Inzwischen sah es so aus, als wäre Alice von der Krankheit nahezu vollständig genesen, auch wenn ihre Mutter – zu der sie inzwischen wieder sporadischen Kontakt hatte – einmal meinte, einen „Sparren im Kopf“ werde Alice wohl immer behalten. Momentan aber schien sie ausgeglichen, ruhig und zufrieden. In dieser entspannten Zeit ereignete sich ein schreckliches Unglück: Ihre Tochter Cécile, seit 1931 verheiratet mit Donatus von Hessen-Darmstadt, kam bei einem Flugzeugabsturz am 16. November 1937 ums Leben. Mit ihr starb ihre ganze Familie, Mann, Söhne sowie die Schwiegermutter. Die Tragödie hatte alle zutiefst verstört, doch die größte Sorge galt Alice: Wie würde sie diesen Schicksalsschlag verkraften? Würde sie wieder in eine „andere Welt“ flüchten? Doch zur allgemeinen Erleichterung war das nicht der Fall, im Gegenteil. Fast hatte es den Anschein, als habe gerade dieses schreckliche Ereignis Alice zurück ins Leben geholt. Jedenfalls beschloss sie, nicht mehr in die behütete Atmosphäre von Breibach zurückzukehren, sondern ihre eigenen Wege zu gehen – und zwar in Griechenland.
Im November 1938 war Alice wieder in Athen. Doch ihre Hoffnungen, Philip würde sie begleiten, um sein Geburtsland endlich richtig kennenzulernen, hatten sich rasch zerschlagen. Der inzwischen 17-jährige Sohn trat in die Fußstapfen seines Onkels Louis Mountbatten (1900-1978) und strebte ebenfalls eine Karriere bei der Royal Navy an. Zwar war Alice traurig und enttäuscht, doch sie beschloss, in Griechenland zu bleiben, auch nach Ausbruch des Zweiten Weltkriegs und dem Einmarsch der Wehrmacht im April 1941.

Neubeginn in Griechenland

Inzwischen war Alice 56 Jahre alt. Ihre Kinder brauchten sie jetzt nicht mehr, andere Menschen aber schon. Im ersten deutschen Besatzungswinter erlebten die Griechen eine fürchterliche Lebensmittelknappheit, die allein in Athen schätzungsweise 50 000 Todesopfer forderte. Alice hielt es für ihre Pflicht zu helfen. Sie engagierte sich in einer Athener Suppenküche, kümmerte sich um Waisenkinder und organisierte dringend benötigte Medikamente für die notleidende Bevölkerung. Und nicht nur das. Als die Nationalsozialisten im Februar 1943 begannen, auch griechische Juden nach Auschwitz zu deportieren, zögerte Alice keine Sekunde und versteckte mehrere Mitglieder einer jüdischen Familie im Haus, das sie damals bewohnte. Das war auch für sie lebensgefährlich. Tatsächlich bekam sie mehrmals Besuch von der Gestapo, die ihr unangenehme Fragen stellte. Doch Alice schaffte es, aus der Not eine Tugend zu machen, indem sie ihre Schwerhörigkeit vorschob. Das zeigte Wirkung, auch wenn die Männer sie offensichtlich für schwachsinnig hielten. Doch die Cohens überlebten den Holocaust und für ihren selbstlosen Einsatz wurde Alice postum mit dem Ehrentitel „Gerechte unter den Völkern“ ausgezeichnet.

Von Athen nach London

Auch nach Kriegsende fuhr Alice fort, sich für andere Menschen zu engagieren. Nachdem sie im Sommer 1948 das Grab ihrer Tante Ella besucht hatte, deren sterbliche Überreste 1921 nach Jerusalem überführt worden waren, beschloss sie, Ellas Vorbild folgend, ebenfalls einen karitativen Orden zu gründen, in dem junge Frauen zu Krankenschwestern ausgebildet werden sollten. Das Projekt kam freilich nicht so recht voran und scheiterte letztlich an der mangelnden Finanzierung. Was blieb, war das Nonnenhabit, das Alice bis zu ihrem Tod trug.
Auch wenn besonders Philip seine Mutter bat, nach London zu ziehen, so blieb Alice bis 1967 in Griechenland, als die Königsfamilie nach einem Militärputsch fliehen musste. In den nächsten zwei Jahren lebte sie in einem Appartement im Buckingham Palast, wo sie am 5. Dezember im Alter von 84 Jahren gestorben ist.

Über die Autorin

„An Alice von Battenberg fasziniert mich besonders, dass sie in kein (adliges) Schema passt, allen Widrigkeiten des Lebens getrotzt hat und nie ins Licht der Öffentlichkeit drängte“. Sagt unsere Gastautorin Karin Feuerstein-Praßer, die das nebenstehende Buch, veröffentlicht vom Piper Verlag, über sie geschrieben hat.

Geboren 1956, studierte sie Geschichte, Philosophie und politische Wissenschaften an der Universität Köln. Inzwischen sind zahlreiche Veröffentlichungen von ihr erschienen – besonders faszinieren sie adlige Frauen und ihre Schicksale (aber nicht nur!). Als Historikerin schreibt sie außerdem seit vielen Jahren für die Zeitschrift G/Geschichte.

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