Die Prinz-Heinrich-Fahrt – ein Autorennen der 1. Stunde

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Opel, Porsche, Benz – diese Namen zählen noch heute zu den bekannten deutschen Automobilmarken! Und schon in den Anfängen der Automobilindustrie waren sie bekannt – wenn auch noch nicht weltweit, wie heute. Denn alle drei wurden Sieger bei der Prinz Heinrich-Fahrt, die in den Jahren 1908-1910 als Wettbewerb ausgetragen wurde und jeweils Anfang bis Mitte Juni in 8-9 Tagen ausgetragen wurde.
1908 gewann Fritz Erle in einem Benz (damals noch nicht mit Daimler vereint) Wilhelm Opel wurde 1909 Sieger – ja, in einem Opel und der letzte Sieger war Ferdinand Porsche in einem Austro-Daimler! Austro-Daimler? So hieß die Österreichische Daimler Gesellschaft, ansässig in der Wiener Neustadt. Als Entwicklungs- und Produktionsingenieur wurde er dort 1906 Nachfolger von Paul Daimler. Nicht nur Autos konstruierte der spätere Gründer von Porsche dort, sondern auch Flugmotoren für Luftschiffe und Flugzeuge.
Aber wie sein späterer Lebensweg zeigen sollte, waren seine Hauptleidenschaft Automobile! Sein Siegerfahrzeug hatte er selbst konstruiert und damit nichts schiefging, steuerte er es bei dem Rennen auch selbst.

Bei der Prinz-Heinrich-Fahrt ging es übrigens nicht vorrangig um Schnelligkeit, auch wenn zum Wettbewerb jeweils Schnelligkeitsprüfungen gehörten. Die Fahrt war für Tourenwagen konzipiert und sollte deren Fähigkeiten und vor allem Belastbarkeit auf langen Strecken testen. Bei solchen Wettbewerben ging es um das Prestige der Automarken – Gewinner solcher Fahrten waren natürlich gut für das Geschäft der jeweiligen Automarke – ähnlich wie heute.
Der Namensgeber Prinz Heinrich von Preußen (1862-1929) war der jüngere Bruder des deutschen Kaisers Wilhelm II. Er war technik- und sportbegeistert. So unterstützte er die Entwicklung von U-Booten und Flugzeugen und erwarb selbst die Fluglizenz bzw. „Flugmaschinen-Zeugnis“, wie es damals hieß – als Nr. 38 in Deutschland! Damit war er mit 48 Jahren der bis dato ältester Flugzeugführer der Welt.
Auch Automobile faszinierten ihn – als begeisterter Rennfahrer stiftete er den Pokal und wurde Namensgeber der Fahrt. Der Kaiserliche Automobil-Club (KAC) war Ausrichter.
Prinz-Heinrich ließ es sich nicht nehmen, an allen Fahrten persönlich teilzunehmen – natürlich am Steuer!

Bevor wir zum Finale 1910 mit dem Pokal und Gesamtsieger kommen, hier ein kleiner Rückblick auf die ersten beiden Prinz-Heinrich-Fahrten 1908 und 1909:

1908 – Die erste Fahrt – auch Frauen fuhren mit
Bis heute sind Rennfahrerinnen eher eine rare Spezies – obwohl schon 1908 bei der Prinz-Heinrich-Fahrt Frauen teilnahmen, so erzählt in der Sonntagszeitung:

„Von der Tourenfahrt, die in Tagesetappen zurückgelegt wurde und eine Prüfung auf die Leistungsfähigkeit in Dauerfahrten darstellte, nahmen 130 Automobile teil, darunter drei von Damen gelenkte. Zwei Tage dienten auch einem Schnelligkeitsfahren, das eine in der Ebene, das andre auf bergigem Gelände. Die Fahrt begann vom Tempelhofer Feld in Berlin und führte über Stettin, Kiel, Hamburg, Hannover, Köln und Trier nach Frankfurt a.M. Die durchfahrene Strecke betrug 2218 km, die Fahrtdauer neun Tage. Infolge der energischen Oberleitung, die streng über die Einhaltung der Vorschriften wachte, sind Unglücksfälle vermieden worden.“

Wie eingangs schon erwähnt, siegte Fritz Erle in einem Benz – er hatte auch das Flachrennen bei Itzehohe und das Bergrennen bei Bacharach (die Geschwindigkeitsprüfungen) gewonnen – immer gefolgt von Pöge in einem Mercedes, der dann auch Zweiter der Gesamtwertung wurde.

1909 – Etappenfahrt durch die k&k Monarchie
Im Jahr 1909 nahmen 108 Fahrer teil, die eine Strecke von insgesamt 1840 km (laut Sonntagszeitung, andere Quellen sagen 1857 km) zurücklegen mußten. Der Streckenverlauf war Berlin-Breslau-Tatrafüred-Budapest-Wien-Salzburg-München, führte also auch durch Österreich-Ungarn. Die österreichischen und ungarischen Zuschauer jubelten den Teilnehmern gleichfalls begeistert zu und standen an der Strecke Spalier, wie in in den Zeitungen berichtet wird.
Die zwei Schnelligkeitsprüfungen über jeweils ca. 6 km fanden bei Guben-Krossen und im Forstenrieder Park bei München statt. In Guben war der spätere Sieger Wilhelm Opel der Schnellste.
In der Gesamtwertung wurde der Fahrer Pöge in seinem Mercedes wiederum undankbarer Zweiter.

Das Finale 1910 – von Unfällen überschattet
In diesem Jahr starteten die 121 Teilnehmer wiederum von Berlin – die 1945 km lange Strecke verlief über Braunschweig-Kassel-Nürnberg-Straßburg-Metz bis zum Ziel Bad Homburg vor der Höhe.
Obwohl Rennwagen eigentlich nicht erlaubt waren, gab es etliche Teilnehmer mit Automobilen, deren Karosserieform wie ein Rennwagen gebaut war – zum Ärger der Veranstalter. Das galt auch für das Automobil des späteren Siegers der Fahrt, Ferdinand Porsche.

Die zwei Schnelligkeitsprüfungen fanden bei Genthin und bei Colmar im Elsaß statt. Bei dieser zweiten Prüfung ereignete sich ein schwerer Unfall – der Hauptgrund, dass die Tour, nicht wie vorgesehen bis 1911 als Wettbewerb ausgeschrieben war. Von weiteren Unfällen während der Fahrt, die allerdings eher harmlos verliefen, erzählt die Zeitschrift „Kränzchen“ in ihrem Artikel:

„Leider kamen während der Fahrt auch mehrere bedauerliche Unfälle vor; einen, der noch recht glimpflich für die Insassen ablief, zeigt unsere Abbildung. Der Benzinbehälter eines Automobils wurde leck und fing Feuer; in wenigen Minuten war das schöne, teure Fahrzeug ein Raub der Flammen geworden.“

Da so keiner der Gewinner die Fahrt mehrfach gewonnen hatte, wurde der gestiftete Pokal, ein Automobil aus Silber, 13,5 Kilogramm schwer, verlost. Der glückliche Gewinner war: Ferdinand Porsche.

Schlußpunkt 1911 – Ausflug nach England (und doch etwas Wettbewerb…)
1911 wurde die Tour dann in Deutschland und England ausgetragen, Startpunkt war Homburg, Endpunkt London. Obwohl als touristische Rundfahrt deklariert, gab es doch einen Wettbewerb und zwar England gegen Deutschland – nicht nur im Fußball ein Klassiker! Beide Teams traten dabei gegeneinander an – Deutschland mit 37 und England mit 28 Automobilen. Unter den Teilnehmern war einige  Prominenz, z.B. der Autor Sir Arthur Conan Doyle (für England), Verfasser der Detektivgeschichten um Sherlock Holmes und Prinz Heinrich, der Namensgeber.
Wie der Klassiker ausging? Das erfahrt Ihr (in Kürze) in diesem Artikel und noch einiges mehr zu diesem freundschaftlichen Finale – zu welchem ein Hauptmann, der als Unparteiischer mitfuhr, ein Tagebuch mit vielen Fotos und Dokumenten hinterlassen hat…

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