TRADITIONELLE LANDWIRTSCHAFT AUF DEN HALLIGEN

 In Landleben, Unkategorisiert, Zeitgeschehen

Ein Gastartikel von Dirk Meier

Die Halligen als nicht durch hohe Seedeiche geschützte Marscheneilande im nordfriesischen Wattenmeer, Schleswig-Holstein, wuchsen erst seit dem 15./16. Jahrhundert auf Meeresablagerungen (Sedimenten) auf, die oberhalb der in der Zweiten Marcellusflut von 1362 überfluteten und auseinandergerissenen Landoberfläche zur Ablagerung kamen.

Zu ihnen gehören Langeneß, Hooge, Gröde, Oland, Nordstrandischmoor, Hamburger Hallig, Süderoog, Südfall, Norderoog und Habel. Sie sind demnach nicht der Rest des mittelalterlichen Landes. Nur die Hallig Nordstrandischmoor ist auf Sedimenten entstanden, die oberhalb des Hochmoores der 1634 in der Burchardiflut auseinandergerissenen Insel Alt-Nordstrand zur Ablagerung kamen, während die Hamburger Hallig ein Überrest des ehemaligen Vorlandes dieser alten Insel ist. Andere Halligen wie Ockholm, Fahretoft oder Dagebüll wurden in der frühen Neuzeit an das Festland angedeicht.

Als Schutz gegen Sturmfluten wohnen die Menschen seit jeher auf aus Klei aufgehöhten Warften. Bis heute gehört bei Sturmfluten „Landunter“ zum Alltag der Halligbewohner.  Traditionell dient das vor allem während der Wintermonate öfter überflutete Grasland zur Viehhaltung und Heu- bzw. Meedewirtschaft. In den größeren kleinbäuerlichen Betrieben der Halligen wurden in der frühen Neuzeit zumeist sechs Küche und etwa 30 Schafe gehalten. Hinzu kommt während des Sommerhalbjahres oft Pensionsvieh vom Festland zur Fettgräsung. Bei aufkommendem Sturm wird bis heute alles Vieh auf die Warft gebracht. Ackerbau ist nur saisonal in den Sommermonaten in kleinen umwallten Arealen, wie auf Hooge nachgewiesen, möglich. Hier wird es bei der Hanswarft einen Kornanbau über mehrere Jahrhunderte gegeben haben.

Das Weideland war ursprünglich Allgemeinbesitz der Warftgemeinschaften und bestimmte die Arbeitsordnung, die Einnahmen sowie das Verhältnis der Bauern untereinander. Das zu einem Bol als Flurstück gehörende Grasland untergliedert sich in Meede- und Weideland für Rinder, Schafe, Ziegen sowie Pferde. Das von Prielen getrennte Weide- und Meedeland wurde jährlich unter den einzelnen Familien nach bestimmten Regeln zur Nutznießung verteilt. Dabei hatte jede Wohnstelle einen unterschiedlichen Anteilsanspruch.

Auf dem gemeinsam bewirtschafteten Weideland durften die einzelnen Warftgenossen so viel Vieh grasen lassen, wie ihnen anteilsmäßig zustand. Die Anrechte der Interessenten waren im Meedschiffterbuch (Mahdwechselbuch, Schifft = Landstück) und im Fennebrief (Weidebrief) festgelegt. Auch die Aufteilung des Meedelandes erfolgte nach der Größe der Anteile der einzelnen Warftinteressenten.

Infolge von Erbschaft und Verkauf entstanden öfter komplizierte Besitzfragen an den Flurstücken. Manchmal wurden zur Vervollständigung der Landabtrennung Gräben gezogen, die aufgrund der Gezeitenwirkung bald Prielen glichen. Aus der Luft und auf den Flurkarten lassen sich deutlich die gewundenen Priele als natürlicher Entwässerungsrinnen erkennen, welche die unregelmäßigen Fluren durchziehen. In diesen fließen nach Sturmfluten große Mengen des salzigen Überflutungswassers zurück. Das infolge der Gezeitenwirkung täglich ein- und auslaufende Wasser, heute durch Siele gesteuert, verhindert eine Verschlickung der tieferen Rinnen.

Das von den Prielen zerrissene Halligland erschwerte früher den Landverkehr, da entsprechend breite Brücken und ausgebaute Fahrwege bis in das 20. Jahrhundert nicht vorhanden waren. Fußgänger konnten auf schmalen Stegen, den Stöcken, die Priele überqueren. Die Warften liegen meist in der Nähe von bei Hochwasser schiffbaren Prielen. Traditionell erfolgte der Verkehr mit einmastigen Halligsegelbooten. Diese beförderten auch das Heu.

Das jahrhundertlange Festhalten an der gemeinsamen Bewirtschaftung des zu einer Warft gehörenden Landes bis weit in das 20. Jahrhundert bedingten die Umweltbedingungen in einer den Meeresgewalten ausgesetzten Landschaft. So trugen die Warftgenossen auch die durch den Uferabbruch verursachte Flächenverkleinerung gemeinsam. Die dadurch verringerte Weidefläche hatte Auswirkungen auf die Festsetzung der Beschlagstärke. Nur beim Meedeland berücksichtigte man den Uferabbruch nicht, weshalb man auch die schon der Nordsee zum Opfer gefallenen Flächenanteile mitverteilte. So erhielten einzelne Warftgenossen bei der jährlichen Landzuteilung regelmäßig „auf dem Schlick“ liegende Anteile. Erst in der Neuzeit ging man auf den Halligen zur Landaufteilung über.

Die Weidefennen, auf denen das Vieh in den Sommermonaten graste, grenzten immer nahe an die Warft, sodass man die Tiere dreimal täglich auf die Warft zum Tränken führen konnte. Die Kühe lieferten Milch, aus der man Butter und Käse herstellte. Schweine wurden bis zur Schlachtreife herangezogen. Noch vor der Heuernte wusch man die Schafe in den Gräben bzw. Prielen der Hallig. Nachdem dem Trocknen der Wolle schor man diese am nächsten Tag. Die Wolle brachten Halligschiffer auf den Husumer Markt. Ferner hielten die Bewohner Geflügel, vor allem Haushühner.

Um Zerstörungen der Grasnarbe auf der Warft sowie an Gärten und Häusern zu vermeiden, dienten für das Großvieh spezielle, von Zäunen eingefasste Triftwege. Die Tränk- und Melkplätze lagen meist an den Enden der Häuser. Auch die Häuser und Gärten umgaben Zäune. An der Warftböschung waren die Triften gepflastert.

Die Heugewinnung für die Winterfütterung der Tiere war mühsam, da das salzige Halliggras zwar nährstoffreich ist, aber nur einen kurzen Wuchs aufweist. Das mit der Sense gemähte Heu wurde mit Hilfe eines von Pferden gezogenen langen Querholzes (Tehmbrett) nach Wendung und Trocknung zu großen Haufen (tehmen) zusammengeschoben. Auf Hooge gab es Pferde erst seit den 1930er Jahren. Die zusammengeschobenen Heuhaufen häufte man mit Forken zu Ruuken auf. Dieses ließ man einige Tage auf dem Feld zur Trocknung stehen, sammelte es dann oft in Segellaken oder transportierte es mit Booten bis zur Warft. Dort lagerte man das Heu in Diemen in der Nähe des Stalls, da die kleinen Böden der uthlandfriesischen Häuser nicht genug Raum boten. Bei hohen Sommersturmfluten konnten solche Heuhaufen auf den Wiesen fortgeschwemmt werden, was die mühevolle Arbeit zunichtemachte. Erst in der Neuzeit nutzte man vor dem Einsatz heutiger Traktoren verstärkt Pferd und Wagen. An den Warfthängen breitete man im Frühsommer den im Winter in speziellen Gruben oder im Pottstall gesammelten Kuhmist aus und schnitt diesen in viereckige Platten. Diese durch Sonne und Wind getrockneten Ditten lieferten das notwendige Heizmaterial. Die 1919 geborene Käthe Kühn von der Hooger Backenswarft schreibt dazu in ihren Kindheitserinnerungen um 1930:

„Hinter den im Stall angebundenen Rindern verlief eine steinerne Rinne, in der der anfallende Mist aufgefangen wurde. Diese Rinne musste täglich „ausgemistet“ werden. Der Dung wurde in eine mit Steinen oder Hölzern ausgekleidete Kuhle gekarrt, die „Mistpott“ genannt wurde. Wer kein oder nicht genügend Vieh hatte, war froh, wenn er von den „größeren“ Bauern etwas Mist bekam, weil Ditten im Sommer zum Kochen und Winter auch zum Heizen dringend benötigt wurden.

Sobald der Warftabhang etwas abgetrocknet war, wurde der Mist darauf ausgebreitet, verteilt und mit einem Miststampfer platt gestampft. Der Miststampfer bestand aus einem Stiel und einer Holzplatte. Diese war mit einem Segeltuch oder Leinen verkleidet, damit der Mist nicht haften blieb. Je nach Wetterlage dauerte es unterschiedlich lange, bis die Mistschicht an der Luft getrocknet war. Danach wurden mit einem Mistpricker (Dittenpricker), eine Art Spaten mit hölzernem Blatt und mit einer mit Blech verstärkten Schneide, etwa 20×20 cm große Stücke ausgestochen, vom Boden abgehoben und umgedreht. Diese sog. Ditten stellte man nach der Trocknung in Reihen auf. Zur Trocknung der unteren Reihen wurden diese umgedreht.

Nach einigen Tagen konnte dann „geklootet“ werden. Dafür wurde eine Holzunterlage gebaut, worauf man zwei oder auch drei Schichten Ditten stapelte, damit auch der letzte Rest an Feuchtigkeit entwich. Nur vollständig durchgetrocknete Ditten kamen als gestapelte Klooten auf den Boden, ansonsten brannten sie nicht. Diese mühsame Technik gab von einer Generation zur nächsten weiter.“

Außer den vielleicht zwischen 15.000 und 20.000 Ditten pro Jahr und Haus diente auch gesammeltes Treibholz als Brennmaterial, das man oft zum Trocknen in kleinen Haufen an der Halligkante aufschichtete. Kohlen und Brikett kamen noch in der 1920er Jahren kaum zur Anwendung. Eine Düngung des Landes mit Stallmist war aufgrund der häufigen Überschwemmungen unüblich.

Die letzte nach alter Tradition erbaute Halligwarft war von 1890 bis 1895 erbaute Neu-Peterswarft auf Nordmarsch-Langeneß, da sich die ältere inzwischen am Westufer der Hallig im Abbruch befand. Das um 1895 erbaute Haus zerstörte die Sturmflut 1962. Am Bauplatz einer Halligwarft (Warf) wurden zunächst die Grassoden entfernt und aufgestapelt, um damit später die Warftböschung zu verkleiden. Danach steckte man am Anlageort mit Holzpflöcken dem Boden die Plätze für die Häuser, Brunnen, Zisternen (Sode) und die Tränkwasserkuhle für das Vieh (Fething, Feding) ab. Ferner verlegte man die Wasserleitungen, die zunächst aus Soden, später aus Holzröhren bestanden. Das vertieft ausgegrabene Fehtingloch erhielt oft am Rand zur Verstärkung eine Verkleidung aus Holzplanken. Mit Ausnahme von Nordstrandischmoor finden sich diese Einrichtungen auf allen Halligen. Zur Aufschüttung der Warft diente der anstehende Klei der Umgegend aus den Entnahmestellen (sadik), wo man gleichfalls vorher die Sodendecke entfernte. Hatte der Warftauftrag eine gewisse Höhe erreicht, wurden die Haus- und Brunnenpfosten zur Stabilisierung des Hausgerüstes bei Sturmfluten meist in eine Tiefe bis zu 1,5 m in die Aufschüttung eingegraben. Ferner führte man die Zisternenwandungen zunächst aus Soden, später aus Ziegelsteinen mit auf.

Die traditionell getrennte Wasserversorgung der Halligen mit Fethingen für das Vieh und Zisternen für den Menschen bestand bis zur Neuzeit. Erst als nach der Sturmflut von 1962 die Fethinge versalzten, wurden die Warften über Leitungen an die Wasserversorgung vom Festland aus angeschlossen. Am Rande mancher Warften befindet sich als Auffangbecken für Regenwasser ein von niedrigen Wällen umgebener Schetels (Sketels), von dem das Wasser durch ein mit einer Holzpropfen verschließbares Rohr zum Fething geleitet wurde, der bis etwa 1 m unter die Warftbasis in den Untergrund reicht. War nach Sturmfluten der Fething versalzt, konnte das Wasser durch das Rohr wieder ablaufen. In dieser Tränke sammelt sich an den Seiten der Eintiefung das austretende süße, vom Warftkörper aufgenommene Niederschlagswasser und vermischt sich mit dem Regenwasser sowie dem tieferen Brackwasser. An der Sohle des Fethings befand sich meist als Wasserreserve für trockene Notzeiten ein aus Soden erbauter Fethingbrunnen oder eine Tonne. Da eine direkte Wasserentnahme aus dem tiefen Fething mit seinen steilen Rändern nur schwer möglich ist, verbindet diesen ein verzweigtes Rohrsystem mit Brunnen, die sich meist an den Stallenden befinden. Früher holte man hier das Wasser mit Eimern hoch.

Die Menschen nutzten für sich das von den Reetdächern bei Regen herabfließende Regenwasser, das man durch unter der Traufkante verlaufende Holzröhren und gepflasterte Rinnen in Zisternen leitete. Die Zulaufröhren unter der Dachtraufe verstopfte man bei Sturmflutgefahr. Diese flaschenförmigen Sode (Soode), waren zunächst mit Kleisoden, später mit Backsteinen verkleidet. Die kleine Öffnung ließ sich mit einem Deckel verschließen, um bei Sturmfluten der Hallig das Eindringen von Salzwasser zu verhindern. Zusätzlich stapelte man oft auf diesen Grassoden, deren Zwischenräume man mit Klei verschmierte. Aus den Soden schöpften die Bewohner das Wasser mit Eimern, die an Brunnenbäumen hingen oder an langen Stangen als Sodschwengel befestigt waren. Zu dem Sod führte von oben ein Schacht, der sich einfach mit einem Holzdeckel verschließen ließ. Solche Sode kennen wir noch auf den in der Frühneuzeit erbauten nordfriesischen Halligwarften, wo diese anstelle von Soden mit Ziegeln ausgekleidet sind. Entsprechende Befunde sind sowohl von den 1634 untergegangenen Warften der ehemaligen Insel Alt-Nordstrand als auch von Nordstrandischmoor belegt.

Zu den traditionellen Häusern schreibt der Chronist Johannes Petreus im 16. Jahrhundert: Ihre Behausung ist geringe, aus Rasen und Brettern, auf den Hügeln und Werften gebauet. Daß die Einwohner desselbigen Landes von den Friesen herkommen, zeiget ihr Namen und ihre Sprache an. Auch Anton Heimreich erwähnt in seiner Nordfriesischen Chronik 1688 Wandkonstruktionen aus Erdsoden, Wasen (Strohwülste) oder Reet-Fachwerk. Reste einer solchen Sodenwand sind noch an der Stallseite des wohl 1617 erbauten uthlandfriesischen Hauses Olesen aus Alkersum auf Föhr erhalten. Die lange Verwendung von Erdsoden ist aufgrund der teureren gebrannten Ziegel zu begründen.

Das auf den frühneuzeitlichen Halligen errichtete Bauernhaus gehört zum Typ des uthlandfriesischen Langhauses mit Reetdach. Das entsprechend der vorherrschenden Winde früher in west-östlicher Richtung erbaute Haus betrat man von Süden her. Ein oft später entstandener Giebel diente dazu, dass die Bewohner im Brandfall das Haus besser verlassen konnten, da das brennende Stroh zu den Seiten herabfiel. Anders als die Ständerbauten mit Ständern auf Steinen besaßen die Häuser auf den Halligwarften ursprünglich in die Warftaufschüttung etwa 1,5 m tief eingelassene Pfosten, die das Dach stützten. Auf das Dach flüchteten sich die Bewohner, wenn Sturmfluten die Warft überschwemmten und die Wellen die Wände der Häuser zerschlugen.

Die ältesten erhaltenen uthlandfriesischen Häuser stammen aus dem aus dem 17. Jahrhundert. Ein noch sehr gut erhaltenes Hallighaus ist das Kapitän Tadsen Museum auf Hallig Langeneß. Döns, Pesel, Kellerstube und Speisekammer enthalten Mobiliar, Utensilien und Gerätschaften des 18. Jahrhunderts, die größtenteils von den ehemaligen Besitzern stammen. Mehr als 1.600 holländische Fliesen mit biblischen Motiven dokumentieren das Vermögen des Erbauers. Besonders sehenswert sind zwei Fliesenpilaster neben dem Bileggerofen und das darüber angebrachte Fliesentableau mit einer Segelschiffdarstellung. Den Ständerbau ließ 1741 Tade Volkerts, Kapitän in holländischen Diensten, erbauen.

Nachdem 1825 die schwere Februarsturmflut einen großen Teil des Gebäudes zerstörte, wurde es noch im gleichen Jahr wiederaufgebaut und vergrößert. Die Nachkommen von Tade Volkerts bewohnten bis 1981 das Haus. Nach einer dreijährigen Renovierung dient es seit 1987 als Museum. Es ist das einzige uthlandfriesische Hallighaus, das mit Stall- und Wohnteil ganz erhalten ist.

Zum kulturellen Erbe der Halligen gehört auch der sog. Königspesel auf der Hanswarft von Hallig Hooge in einem 1776 (eher 1767) vom Kapitän und Schiffseigner Tade Hans Bandix erbauten Traufenhaus. Auch dessen Wände verzieren holländische Fliesen mit biblischen Motiven. Auch die Decken- und Türmalerei ist bemerkenswert. Der Name rührt daher, dass hier König Friedrich VI. von Dänemark übernachtete, als er bei einer Inspektionstour der Sturmflutschäden von 1825 von einer weiteren Sturmflut überrascht wurde.

Ein gewinnbringender Erwerbszweig vom 12. Jahrhundert bis zur frühen Neuzeit im Gebiet zwischen Hooge und Habel und auf dem nordfriesischen Festland bot der Salztorfabbau. Die Salzsieder wohnten während des Sommers nahe ihrer Abbaugebiete. Ausgangsmaterial des Salztorfabbaus ist ein im Untergrund des nordfriesischen Wattenmeeres verbreiteter Torf, der in seinem unteren Bereich aus Niedermoor-, in seinem oberen Bereich aus Hochmoortorf besteht. Dort, wo das Meer wieder vorstieß, nahm der lockere Hochmoortorf Salzwasser auf, das nach der Verdunstung Salz zurückließ. Da sich dieser Vorgang wiederholte, wurde der Torf mit Salz angereichert und schließlich mit geringmächtigen Sedimenten bedeckt. Der Abbau des Torfes erfolgte vor, aber auch hinter niedrigen Deichen, später auch im Watt in von Kajedeichen umgebenen Abbaufeldern während des Sommerhalbjahres. Zunächst wurde der den Salztorf bedeckende Klei in langen Bänken abgehoben und in die alten Gruben gestürzt. Danach grub man den salzhaltigen Hochmoortorf aus, ließ aber den unteren nicht salzhaltigen Niedermoortorf unberührt. Der aufgelockerten Salztorf wurde getrocknet und dann verbrannt. In der dabei gewonnenen Asche reicherte sich das Salz stark an. Die Salzasche brachte man zur Salzsiederwarft, wo das Salz mit Salzwasser ausgesolt wurde. Diese gewinnorientierte Salztorfgewinnung bildete einen Raubbau an der Natur, da Watt- und Landoberflächen tiefer gelegt wurden. Brachen die zu schwachen Deiche, überspülte das Meer rasch die niedrigen Landoberflächen, deren Wiederbedeichung kaum mehr möglich war. Auf der Hallig Galmsbüll wurde noch bis 1790 nach Salztorfen gegraben. Erst das bessere weiße Salz aus der Lüneburger Saline über das graue, bitter schmeckende friesische Salz beendete den nordfriesischen Salztorfabbau.

Da die Erwerbsmöglichkeiten der Landwirtschaft auf den Halligen begrenzt waren, verdingten sich zahlreiche Männer auf niederländischen Walfangschiffen und brachten holländische Fliesen oder geschnitzte Kleinkunstwerke aus Holz oder Walbein mit. Walknochen dienten als Stützen für Grabsteine, als Grenzbefestigungen, Hocker oder Bänke. Nachdem der Walfang seit der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts keinen Profit mehr abwarf, verdingten sich viele Nordfriesen auf Handelsfahrten nach Ost- und Westindien.

Dr. phil. habil. math.-nat. Dirk Meier

Über den Autor

Dirk Meier wurde 1959 in Flensburg geboren. Nach seinem Abitur studierte er Ur- und Frühgeschichte, Geologie, Ethnologie und Volkskunde an den Universitäten Köln und Kiel. An der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel promovierte er 1988 über slawische Frühgeschichte und habilitierte sich 1998 zur Geoarchäologie an Hand eigener Ausgrabungen und Forschungen an der schleswig-holsteinischen Nordseeküste. Er hat und hatte verschiedene Lehraufträge an Universitäten inne, z.B. in Kiel und Gießen und ist auch als Gutachter für den Umwelt- und Meeresschutz des Landes Schleswig-Holstein tätig. 

Von ihm stammen zahlreiche Bücher zur schleswig-holsteinischen Landschafts-, Kultur- und Landesgeschichte. Ein Überblick findet sich auf seiner Webseite. Sein Buch „Die Halligen in Vergangenheit und Gegenwart“ ist im Boyens Verlag erschienen. 

Literaturtipps

Kühn, H. J., Baudewig, S. u. Hinz, H. 2013: Ein Jahrhundert Deichbau. Küstenschutz auf Hallig Hooge. Hrsg. von H. J. Kühn anlässlich der Jubiläumsfeier „Ein Jahrhundert Deichbau“ auf Hallig Hooge (Breklum 2013).

Meier, D., Kühn, H. J. u. Borger, G.: Der Küstenatlas. Das schleswig-holsteinische Wattenmeer zwischen Vergangenheit und Gegenwart (Heide 2013).

Weitere Artikel zum Thema „Landleben“ sind bei unserer Einführung zu finden.

Neuste Artikel

Kommentieren