Therese von Thurn und Taxis – klug, charmant und provokant!

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Ein Gastartikel von Carolin Philipps

Die Frau (ist) eigens dazu geschaffen, dem Mann zu gefallen“,

 schrieb Jean Jacques Rousseau 1762 in seinem berühmten Bildungsroman „Émile oder Über die Erziehung“ bezüglich der Erziehung der Frauen. Demnach sollte sie nur so viel lernen, wie ihrer Bestimmung „gemäß“ sei, denn „was die Werke des Geistes anbetrifft, übersteigen sie ihr Fassungsvermögen.“ Mädchen sollte man auch  schon frühzeitig an den „Zwang“ gewöhnen, ihre eigenen Wünsche zu unterdrücken, damit sie sich später als Ehefrauen ihrem Mann leichter unterordnen könnten. Sanftmut, Bescheidenheit, Freundlichkeit, Pflichtbewusstsein, Demut und Keuschheit: Das waren die Pfeiler für ein tugendhaftes Leben, das die Frauen führen sollten.

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Palais der Großeltern in DarmstadtQuelle: Hessische Hausstiftung, Schlossmuseum Darmstadt, DA H 230020
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Therese ca. 1786Quelle: Hessische Hausstiftung, Schlossmuseum Darmstadt, DA H 22064

Nach diesem Vorbild wurden auch die  Töchter des Prinzen Karl von Mecklenburg-Strelitz, Militärgouverneur seines Schwagers, des englischen Königs in Hannover  und seiner Frau Friederike von Hessen-Darmstadt erzogen. Ihre Tochter Therese schrieb dazu mit 16 Jahren dazu: „ Meine Kenntnisse sind sehr wenige, desto eifriger mein Wunsch, welche zu erlangen!“ Und das ist ihr auch so gut gelungen, dass sie später als eine der belesensten und gebildetsten Frauen ihrer Zeit galt, die Deutsch, Französisch, Englisch und Italienisch beherrschte und eine geschätzte Gesprächs- und Verhandlungspartnerin von Diplomaten und führenden Politiker wie Metternich, Monteglas, Zar Alexander von Russland und Napoleon war, um nur einige zu nennen.

 

„Die Liebeskrankheit, von der du mir erzählt hast, ist mir in Wirklichkeit unbekannt“,

schrieb Therese kurz vor ihrer Hochzeit mit dem Erbprinzen Karl Alexander von Thurn und Taxis, der drei Jahre lang zunächst vergeblich um ihre Hand angehalten hatte, im Mai 1789 an ihren Bruder Georg.

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Karl Alexander von Thurn und Taxis (1770-1827), ca. 1810Quelle: Hessisches Staatsarchiv Darmstadt, HStAD r4 3557§1

Verliebt hatte sich Therese dagegen in ihren 10 Jahre älteren angeheirateten Onkel,  den Prinzen Christian von Hessen-Darmstadt, den sie im Haus ihrer Großmutter in Darmstadt, wo sie mit ihren Schwestern nach dem Tod ihrer Mutter und Stiefmutter lebte, kennen und lieben gelernt hatte.  Ungewöhnlich für die damalige Zeit hatte Thereses Vater seiner Tochter die Freiheit gelassen, selber zu entscheiden, wen sie heiraten wollte, obwohl er eine Heirat in eine der reichsten Familien des damaligen Deutschen Reiches Römischer Nation für vorteilhafter und daher wünschenswerter hielt. Die Thurn und Taxis hatten vom Kaiser das Postmonopol erhalten und ein europaweites,  sehr einträgliches Netzwerk zur Beförderung von Briefen aufgebaut.

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Christian von Hessen-Darmstadt (1763-1830), Entstehungsjahr Bild ca. 1780Quelle: rechtefrei
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Locke Thereses mit Beschriftung aus dem Besitz des Prinzen Christian: „Zur Erinnerung an den 24. Juli, um 10:30 - Therese an ChristianQuelle: Hessisches Staatsarchiv Darmstadt, HStAD d4,583§3-0003

Als der Heiratsvertrag mit Prinz Christian nahezu unterschriftsreif war,  erfuhr Therese durch ein Geständnis des Prinzen, dass er sich ebenso unsterblich wie aussichtslos in ihre ältere verheiratete Schwester Charlotte verliebt hatte, Therese aber trotzdem heiraten wollte. Das aber kam für sie nicht in Frage. Sechs Monate später heiratete sie Karl Alexander. „Er liebt mich sehr, und ich gebe es mit Zärtlichkeit zurück und in der Gewissheit, dass dieses Geschenk wahr ist.“ Sie hoffte, letztlich vergeblich, dass die Liebe sich noch einstellen würde.

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Innenhof des ehemaligen Klosters St.Emmeram, Wohnort der Familie Thurn und Taxis in RegensburgQuelle: eigenes Foto der Autorin
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Schloss Trugenhofen; später Schloss TaxisQuelle: Sammlung Autorin

„… eine Festigkeit, die stark genug sein muss, um allen weiblichen Künsten zu widerstehen, nicht mehr nachzugeben und zu zeigen, daß er und nicht sie zu regieren und zu befehlen habe“,

 

forderte der kaiserliche Kommissar  Aloys  von Hügel 1797 von Karl Alexander, der seit Anfang des Jahres die Nachfolge seines Vaters als Prinzipalkommissar angetreten hatte. Der Prinzipalkommissar war der offizielle Vertreter des in Wien residierenden Kaisers, der für die Ausübung bestimmter Rechte (Gesetze, Steuern) die Einwilligung der Kurfürsten und der Reichsstände, die im Reichstag zu Regensburg vertreten waren, einholen musste. Neben seinen Repräsentationspflichten war der Prinzipalkommissar vor allem für die Organisation des gesellschaftlichen Lebens der Diplomaten zuständig. Ende Oktober begannen jedes Jahr die Sitzungen und damit auch die vom Prinzipalkommissar begleiteten gesellschaftlichen Bälle, Konzerte und Theatervorführungen. Als Erbprinzessin und Frau des zukünftigen Prinzipalkommissars nahm Therese an den meisten Veranstaltungen teil. Sie lernte nicht nur den Umgang mit Diplomaten, sondern erwarb dank ihrer sehr gebildeten Oberhofmeisterin auch das nötige Wissen um politische Zusammenhänge.

Ihr Schwiegervater förderte Therese von Anfang an. Sie musste in seiner Abwesenheit zum Beispiel Gesandte empfangen oder in seinem Auftrag  Anweisungen weitergeben. Er hatte erkannt, dass sein Sohn am liebsten Konflikten aus dem Weg ging, oft, indem er sich in die Jagdgebiete der Familie zurückzog.

Therese wuchs mit den Anforderungen, die an sie gestellt wurden, und entsprechend selbstsicher trat sie auch auf, was von den sie umgebenden Beamten und Hofleuten irritiert beobachtet wurde. Einer Frau stand es damals nicht zu, eigene Entscheidungen zu treffen. Ohne die Genehmigung ihres Mannes oder ihres Schwiegervaters durfte sie weder reisen noch Besuche empfangen, ihr Kind stillen oder in letzter Instanz über ihren Hofstaat bestimmen. Da Therese diese Regeln nicht ändern konnte, ging sie immer häufiger dazu über, ihr wichtige Dinge heimlich und ohne Genehmigung zu machen, in dem Wissen, dass sie im Nachhinein Probleme bekommen würde. Dabei ging es unter anderem um die Ausdehnung von Besuchen bei Familienangehörigen, das Abweichen von der vorgegebenen Reiseroute oder den Versuch, über Hausmittel und Medikamente selbstbestimmt einen sexuellen Kontakt zu ihrem Mann zuzulassen oder auch nicht und somit den Zeitpunkt einer erneuten Schwangerschaft so weit wie möglich selbst zu steuern.

Thereses immer selbstbewussteres Auftreten gefiel nicht allen am Hofe und so mehrten sich die Stimmen, die wie der kaiserlich Kommissar von Karl Alexander mehr Durchsetzungsvermögen verlangten. Immer häufiger war Therese Intrigen ausgesetzt, sodass sie sogar zeitweilig fürchtete, man würde sie vom Hofe verbannen, wie es mit zwei Frauen ihres Schwiegervaters passiert war. Immer dann zog sie sich ganz ins Häusliche zurück, bis die Umstände es erforderten, dass sie wieder aktiv wurde.

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Therese mit HarfeQuelle: rechtefrei

Meine Kinder sind meine Hauptgötter.“

Ein Ausspruch, den Therese des Öfteren machte. In den Jahren bis 1805 hat Therese sieben Kinder geboren, von denen vier überlebten, darunter 1802 der von allen ersehnte Thronfolger Maximilian. Therese war eine begeisterte Mutter, die die Entwicklungsschritte ihrer Kinder dokumentierte, Geburtstags- und Karnevalpartys für sie veranstaltete, die ihnen aber auch auf Reisen die Grundlagen der Mathematik und der lateinischen Grammatik beibrachte.  In der gemeinsamen Sorge um ihre Kinder harmonierten sie und Karl Alexander sehr gut, auch wenn sie sich sonst immer weiter auseinander gelebt hatten.

Therese waren die sexuellen Kontakte zu ihrem Mann eher lästig. Sie hatte Angst vor einer weiteren Schwangerschaft, andererseits gehörte es zu ihren Pflichten, die männliche Nachfolge sicherzustellen. Karl Alexander hatte außerdem seit Jahren eine Geliebte, die in Thereses Briefen zum ersten Mal im März 1803 auftauchte. Die Hoffnung, dass die Liebe zu Karl Alexander sich noch einstellen würde, hatte sie aufgegeben.

Viel schlimmer war Karl Alexanders Eifersucht auf alle Personen in ihrem Umfeld, die in seinen Augen zu großen Einfluss auf seine Frau hatten und die er für die Entfremdung verantwortlich machte. Nach und nach ließ er sie entfernen. Als auf seinen Befehl hin 1804 auch ihre Oberhofmeisterin gehen musste, weil er „nur dann glücklich sein könne“, wie er Therese mitteilte, stellte sie empört und hilflos fest: „ Es wird zu toll! Alles was an mich (sic) hängt, soll entfernt werden, damit sie mich so recht allein und bloß haben. – O Gott hätte ich keine Kinder, ich wollte ihnen der Mühe entnehmen und von alleine gehen.“

 „Priva di ti – priva di vita”

 Ohne dich ist kein Leben“.  So lautet die Inschrift in einem Ring, den Therese seit ca. 1803/04 am Finger trug. Geschenkt hatte ihn ihr Graf Maximilian Emanuel von Lerchenfeld-Köfering, Gesandter im Dienste des bayrischen Königs, der sein Stammschloss in Köfering in der Nähe von Regensburg hatte.

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Maximilian Emanuel von Lerchenfeld-Köfering (1772-1809)Quelle: Hessisches Staatsarchiv Darmstadt, HStAD r4 3903§26a

Er war Thereses große geheime Liebe, „ in dem ich eigentlich alleine lebe und webe… Glücklich bin ich nur vereint mit ihm – und das Sehnen nach ihm reibt mich auf.“  Dass sie dabei vom Pfad der Tugend abgewichen war, belastete sie sehr. »Gott weiß, lieber Georges“, schrieb sie an ihren Bruder, „ich bin darum nicht unwert, glaube mir, ich sehe meine Sache in wahrem Licht und deswegen kann ich nie mehr ganz glücklich sein. Ich war mit einem stolzen Herzen geboren und hätte es das Schicksal nicht so fürchterlich isoliert, so hätte es immer stolz um sich blicken können. Diesen Stolz aber, ganz tadellos zu sein, mußte es entbehren, um jenes Glück zu genießen, was mir noch überblieb und was jedem fühlenden Geschöpf ins Herz geschrieben ist.“  Später wird sie sagen, dass es dazu wohl nie gekommen wäre, wenn sie sich in jenen Jahren nicht so einsam gefühlt hätte, umgeben von Misstrauen und Intriganten, während alle, denen sie vertraute, entfernt worden waren. Nach dem frühen Tod des Grafen 1809 trauerte sie ihr Leben lang um ihn.

In den Jahren von 1806 bis 1809 hatte sie fünf Kinder (einmal Zwillinge) mit ihm, die  zu seinen Lebzeiten ohne Aufsehen auf seinem Gut in der Nähe von Darmstadt lebten.  Später brachte Therese sie in einem Erziehungsinstitut in Frankfurt unter, ihre Tochter Amalie wurde von der verwitweten Gräfin von Lerchenfeld adoptiert und 1828 von dem berühmten Maler Joseph Karl Stieler für König Ludwigs I. Schönheitsgallerie gemalt. Ihren ältesten gemeinsamen Sohn Georg gab sie für den Sohn ihres Bruders Georg aus und so konnte er jahrelang zusammen mit ihren ehelichen Kindern in Regensburg leben.

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Amalie von Lerchenfeld-Krüdener (1808-1888)Quelle: rechtefrei

 

„Die Fürstin ist unsere Hauptunterstützerin.“ 

Das war das Fazit, das die Geheimen Räte, die Minister am Hofe in Regensburg, und auch Thereses Mann Karl Alexander, der seit November 1805 die Nachfolger seines Vaters als Fürst angetreten hatte, für die Jahre 1806-1811 zogen. Seit 1792 hatte der österreichische Kaiser mit den deutschen Fürsten gegen das revolutionäre Frankreich gekämpft, das mit Napoleon Bonaparte an der Spitze letztlich siegreich blieb. Am 6. August 1806 legte der Kaiser seine Krone nieder, das Heilige Römische Reich Deutscher Nation existierte nicht mehr.

Für das Haus Thurn und Taxis hatte das fatale Folgen: Der Posten des Prinzipalkommissars wurde überflüssig und das vom Kaiser garantierte Monopol für die Post, durch das die Thurn und Taxis reich geworden waren, existierte auch nicht mehr. Die deutschen Staaten übernahmen die Posten in Eigenregie, auch wenn sie dafür Entschädigungen zahlen mussten.

Während ihr Mann sich frustriert monatelang in seine Jagdgebiete zurückzog, versuchte Therese das Vermögen der Familie für ihre Kinder zu retten. Sie verhandelte mit Bayern, wo ihr Onkel König war und reiste zwischen 1807 und 1811 mehrfach nach Paris, um mit Napoleon, von dem man sich als Protektor des neu gegründeten Rheinbundes Fürsprache bei den deutschen Fürsten versprach,  zu verhandeln. Als Anfang 1807 ihre Beziehung zum Grafen Lerchenfeld entdeckt wurde und Karl Alexander sich aufgebracht scheiden lassen wollte, verhinderten seine Minister dies, denn der bayrische König hatte durchblicken lassen, dass er nur wegen seiner Nichte zu Zugeständnissen bei den Postrechten bereit war.

Dass sie bei ihren diplomatischen Missionen so manches Mal eigenmächtig ohne Rücksprache mit den Ministern handelte, nahm man ihr allerdings übel. Bis heute hält sich hartnäckig das Gerücht, sie habe alles an sich gerissen. Fakt ist, ihr blieb nichts anderes übrig, da ihr Mann auch in dieser für die Familie bedrohlichen Situation Konflikten aus dem Weg ging und zu stolz war, um als Bittsteller aufzutreten. Er war Therese dankbar, dass sie es übernahm  und überhäufte sie mit Geschenken. Auch die Minister betrachteten Therese als ihre „Hauptunterstützerin“ bei den Verhandlungen, nicht nur wegen ihres Charmes, ihrer Klugheit und ihres diplomatischen Geschicks, sondern auch wegen ihrer familiären Beziehungen zu den Fürsten- und Königshäusern Europas, die das Verhandeln erleichterten. Durch die Hochzeit ihrer Cousine Auguste von Bayern mit  dem Stiefsohn Napoleons zählte sie im weitesten Sinn sogar zur Familie Napoleons.

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Therese ca. 1810Quelle: rechtefrei

Napoleon schätzte Therese. Er war bekannt dafür, dass er für seine Familie alles tat und so war er voll Bewunderung für ihren Einsatz. Die belgischen Besitzungen der Thurn und Taxis, die sie im Zuge seiner Eroberungen verloren hatten, gab er ihr persönlich mit den Worten, „dies als einen Blumenstrauß anzusehen, den ich Euch mit großer Freude überreiche“ zurück.

Die gesamten Postrechte bekam sie aber nicht von ihm. Napoleon wollte keinen Konflikt mit den Fürsten der deutschen Einzelstaaten, die die Posten längst verstaatlicht hatten und die er zur Unterstützung gegen den österreichischen Kaiser noch brauchte.

Ein letztes Mal war Therese auf dem Wiener Kongress 1814/15 in dipomatischer Mission für die Thurn und Taxis unterwegs, als die europäischen Herrscher nach dem endgültigen Sieg über Napoleon Europa neu ordnen wollten beziehungsweise die alte Ordnung aus der Zeit vor den Revolutionskriegen wieder herstellen wollten.

In der Wiener Abschlussakte wurde festgelegt wurde, dass die Staaten, die die Posten in Eigenregie übernommen hatten, hohe Entschädigungen in Form von Geld oder viel wichtiger noch in Form von Domänen, also Landabtretungen zahlen mussten.  Wenn die Thurn und Taxis heute zu den größten Grund- und Waldbesitzern gehören, dann nur, weil die Grundlage dafür durch das beharrliche und diplomatisch geschickte Verhandeln Thereses, natürlich mit Unterstützung durch die Geheimen Räte, gelegt wurde.

Er war ein sehr guter braver Mann, mir ein so lieber nachsichtsvoller Freund – Seit diesen letzten Jahren, wo ich beinahe ausschließlich für ihn lebte und wo ich sah, daß ich ihm notwendig war, fühlte ich mich in diesem Verhältnis wirklich glücklich“,

schrieb Therese, die sich nach dem Wiener Kongress ins Privatleben zurückgezogen hatte, nach dem Tod Karl Alexanders am 15.7.1827. Sie kümmerte sich um ihre beiden Söhne, Maximilian und Friedrich Wilhelm, die sie persönlich für einige Jahre in die Schweiz in das für seinen ganzheitlichen Erziehungsansatz berühmte Institut des Reformpädagogen Fellenberg  brachte und dort regelmäßig mit Karl Alexander besuchte. Sie sorgte sich um ihre beiden Töchter Therese und Sophie, die beide unglücklich heirateten und die mit ihren Kindern auf Schloss Trugenhofen, wo Therese nun überwiegend lebte, einen Zufluchtsort und liebevolle Betreuung erhielten. Auch um die Zukunft ihrer Kinder mit dem Grafen von Lerchenfeld kümmerte sie sich. Sie reiste regelmäßig für Monate mit Karl Alexander, der stark unter Gicht litt, in verschiedene Kurorte,  oder in die neu erworbenen böhmischen Gebiete, wo sie anfing böhmisch zu lernen, oder alleine nach Italien, ihren Sehnsuchtsort.

Nach Karl Alexanders Tod nahm sie ihren Witwensitz auf Schloss Trugenhofen. Ihrem Sohn versprach sie, sich nicht mehr in die Politik einzumischen, aber schon noch ihre Meinung zu sagen, wenn sie es für dringend nötig hielt. Ihre umfangreiche Korrespondenz mit Fürsten, Diplomaten, Schriftstellern und der Familie nahmen täglich viele Stunden ein. Sie lernte weiterhin böhmisch und unterstützte soziale Projekte, u.a. ein Haus für die Armen. Nach dem Tod ihres Mannes holte sie auch ihre alte Oberhofmeisterin zurück, mit der Therese wieder über Kant, Wieland, Gott und die Welt philosophieren konnte.

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Therese ca. 1838/39Quelle: Sammlung Autorin

Therese von Thurn und Taxis wurde wegen ihrer Schönheit und ihrer Bildung bewundert, von Königen und Kaisern als kluge und diplomatische Verhandlungsführerin geschätzt. Ihr ist es zu verdanken, dass die Familie Thurn und Taxis ihr Vermögen in der Napoleonischen Zeit nicht verloren hat, sondern die Grundlage für den heutigen Bestand gelegt wurde. Von ihren zeitgenössischen und heutigen Kritikern wurde/wird sie wegen ihres für die Frauen ihrer Zeit ungewöhnlich selbstbewussten  und selbstbestimmten Auftretens oft heftig angegriffen.

Sie selber hat schon 1789 mit 17 Jahren für sich erkannt: „Beständiges Lob oder beständigen Tadel kann man wohl nie erwarten und verdienen; wer in der Welt lebt, ist beiden, vielleicht auch bisweilen ungerechterweise, unterworfen. …Ein jeder leistet so viel er kann und dann läßt er die Welt reden.“ (Therese, Selbstkritik 1789)

Über die Autorin

Carolin Philipps, geboren 1954, studierte Englisch und Geschichte in Hannover und Bonn. Heute lebt sie als freie Autorin in Hamburg und hat sich auf historische Biografien starker Frauen spezialisiert. Zuletzt erschienen von ihr die erfolgreichen Bücher „Friederike von Preußen. Die leidenschaftliche Schwester der Königin Luise“, „Luise. Die Königin und ihre Geschwister“ sowie „Anna Amalia von Weimar. Regentin, Künstlerin und Freundin Goethes“.

Wer mehr zur so interessanten Frauenpersönlichkeit der Therese von Thurn und Taxis erfahren möchte, Carolin Philipps hat eine Biographie zu ihr geschrieben, die im Frühjahr 2023 im Piper Verlag erschienen ist. Hier geht es zur Buchvorstellung.

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Für alle, die gerne Artikel zu interessanten Biographien adeliger Frauen und weiteren Persönlichkeiten der Zeitgeschichte lesen, unter „Biographien“ findet Ihr sie.

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Kommentare
  • Kellner
    Antworten

    Dieser Artikel, der sich mit dem Leben von Therese von Thurn und Taxis befasst, hat mich fasziniert. Dass sie aufgrund der gesellschaftlichen Normen der damaligen Zeit nur wenig Bildung erhielt und dennoch mit ihrem Willen und ihrer Entschlossenheit als eine der kultiviertesten Frauen Europas galt. Außerdem ist es ihre Rolle als Unterhändlerin, für die sie heute hauptsächlich in Erinnerung bleibt. Die Familie Thurn und Taxis muss ihr noch lange gedankt haben, nachdem sie ihre Domäne behalten durften. Sie erinnert mich an ihre Schwester, Königin Louise von Preußen, begabte Frauen aus der Familie Mecklenburg! Ich mochte auch ihr Privatleben, anfangs zufrieden mit ihrem Mann, in der Mitte müde und am Ende herzlich. Ihre Beziehung zu dem Grafen von Lerchenfeld-Köfering ist auch ein sehr romantischer Abschnitt in ihrem Leben. Was mir auffällt, ist, dass sie aus jeder Situation das Beste gemacht hat. Verhandlungsführerin, Mutter, Adelige und eine Frau ihrer Zeit. Der Artikel bietet ein Gleichgewicht zwischen ihrem privaten und öffentlichen Leben mit einer reichen Korrespondenz, die einen umfassenden Blick auf die innere Welt der Heldin ermöglicht. Frau Carolin Philipps‘ Buch sieht frisch und gut recherchiert aus. Ich freue mich darauf. Vielen Dank für den Artikel.

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