Erzsi, Kronprinz Rudolfs einzige Tochter – die schöne Rebellin

Die einsame Halbwaise

Als Kronprinzessin Stephanie von Österreich im Frühjahr 1883 bemerkte, dass sie schwanger war, freute sie sich sehr, denn mit einem gemeinsamen Kind würde sich ihr Platz im österreichischen Kaiserhaus verbessern. Sie hoffte das es ihr damit auch gelingen könnte, den Vater des Kindes, Kronprinzen Rudolf, an sich zu binden. Ihre Ehe mit Sisis einzigem Sohn galt als nicht besonders glücklich. Als Backfisch hatte sie im zarten Alter von 16 Jahren überstürzt den Kronprinzen von Österreich geheiratet, obwohl sie wusste, dass er viele Liebschaften hatte und auch keinen Hehl daraus machte.

Selbst beim gemeinsamen Kennenlernen in Belgien hatte er eine seiner Gespielinnen mitgebracht. Baby Elisabeth Marie wurde am 2. September 1883 in Laxenburg geboren. Vom ersten Augenblick an war Rudolf in das Baby verliebt, obwohl er sich einen Jungen, einen „Waclaw“ (tschechisch für Wenzel) gewünscht hatte.

Liebeleien und Schicksalsschläge

Erzsi war – wie zu dieser Zeit groß in Mode – von Hypnose, Tischerücken, Geisterbeschwörungen und Wahrsagerei fasziniert und veranstaltete auf ihrem Schloss fast 10 Jahre lang regelmäßig Seancen.

Nach der Entzweiung mit Otto lebte Erszi in Istrien und lernte in Pola den schneidigen Linienschiffsleutnant Egon Lerch kennen, mit dem sie eine Beziehung einging, bis er im ersten Weltkrieg mit seinem U-Boot unterging und ein vorzeitiges nasses Grab fand. Erst 6 Monate später konnte das gesunkene U-Boot, die U 12, gehoben und untersucht werden. Die 17 gefundenen Leichen konnten nicht mehr identifiziert werden, doch bekam jedes Skelett einen Sarg und wurde mit militärischen Ehren zur Friedhofsinsel San Michele bei Venedig gebracht, wo sie bis heute ruhen. Erzsi bekam später ein Päckchen überreicht, in dem Egon Lerchs Uniformknöpfe und ein paar Bänder seiner Marinemütze, die alle mit „U 12“ graviert waren, aufbewahrt waren.

Nach ihrem Tod 1963 fand man in der Schublade ihres Nachtschrankes dieses Päckchen, welches sie in lebenslanger großer Liebe zu Egon aufgehoben hatte. Erzsi bat den alten Kaiser immer wieder um die Auflösung ihrer Ehe von Otto, nachdem die Ehe nun gänzlich gescheitert war. Kaiser Franz Joseph jedoch willigte nicht ein.

Nach seinem Tod 1916 ging ein Rosenkrieg los mit heftigen Auseinandersetzungen um das Sorgerecht für die Kinder. Die Kinder wollten bei ihrer Mutter sein, obwohl das Gericht traditionell bei Sorgerechtsstreitigkeiten auf der Seite des Mannes stand. Die Ehe wurde erste 1948 offiziell geschieden.

Vorher musste Erzsi noch mit ansehen, wie Gerichtsvollzieher und Polizei nach Schloss Schönau kamen, um die Kinder abzuholen. Jedoch halfen Bürgerliche und Arbeiter, bei denen Erzsi hoch im Kurs stand, indem sie den Eingang vor dem Schloss blockierten. Das Gerichtsverfahren wurde eingestellt und die Kinder blieben bei Erzsi.

 

Die rote Erzherzogin

1921 lerne Erszi den sozialdemokratischen Landtagsabgeordneten Leopold Petznek kennen und lieben. Sie hatte ihren Schlossgarten für die Armen aus der Gegend geöffnet und versorgte sie mit Obst und Gemüse von den Feldern ihres Schlosses. Daraus ergaben sich viele Freundschaften mit Sozialdemokraten und Erzsi begann sich mit sozialdemokratischen Ideen auseinanderzusetzen. Durch Leopold inspiriert trat Erzsi schliesslich 1925 in die Sozialdemokratische Arbeiterpartei ein.

Erzsi lernte 1927 den späteren Bundeskanzler Bruno Kreisky kennen, der sie gut in Erinnerung behielt und immer von ihrer eleganten und außergewöhnlichen Erscheinung sprach. Bald sprach man von Erzsi nur noch als die „Rote Erzherzogin“ oder die „Rote Prinzessin“. 1929 verkaufte Erszi Schloss Schönau und erwarb stattdessen eine Villa im heutigen 14. Wiener Bezirk Penzing. Die Villa steht noch und ist unter dem Namen „Villa Windisch-Graetz“ in der Linzer Strasse 452 bekannt. Ein wunderschöner großer Park umgibt das Anwesen.

Leopold Petznek wurde 1944 verhaftet und nach Dachau verschleppt . Von dort konnte er ein Jahr später nach dem Ende des NS Regimes zu Erzsi heimkehren. Für Erszi und ihn läuteten aber erst am 4. Mai 1948 die Kirchenglocken. Die lange Beziehung, die spät in eine Ehe mündete, war sehr glücklich, jedoch gingen aus ihr keine Kinder hervor.

Leider war die Villa Windisch-Graetz von 1945 – 1955 beschlagnahmt, da sie im französischen Sektor Wiens lag und erst nach Abschluss des Staatsvertrages 1955 konnte das Paar zurückkehren. Zu diesem Zeitpunkt war Leopold geschwächt und krank und starb bereits 1956 in seinem 75. Lebensjahr. Erzsi trauerte sehr und stürzte sich in die Unterstützung der Arbeit der Sozialdemokratie. Sie erkrankte schliesslich schwer an Rheuma und konnte sich nur noch im Rollstuhl fortbewegen. Deshalb zog sie sich aus der Öffentlichkeit zurück. Sie starb am 16. März 1963 einsam mit 79 Jahren in ihrer Villa im Bett, bewacht von ihren geliebten, selbstgezüchteten Schäferhunden, die erst erschossen werden mussten, damit man sich der Leiche nähern konnte…

Ihr Grab am Hütteldorfer Friedhof in Wien weist einen unbeschriebene Grabstein und ein einfaches Kreuz ohne Namen auf. Sie wollte es so. Dort ruht auch Leopold und ebenfalls zwei Söhne aus der Ehe mit Otto.

 

Ehrung durch die Stadt Wien

Im 14. Bezirk wurde 1988 eine Seitenstrasse der Hüttelbergstrasse ganz in der Nähe der Villa Windisch-Graetz nach ihr „Elisabeth-Petznek-Gasse“ benannt. In ihrem Testament hatte sie verfügt, dass der Park zur Errichtung neuer Wohnanlagen der Stadt Wien übergeben werden sollte. Über 1000 Menschen wohnen dort, aber kaum jemand weiss etwas von Erzsi und ihrem Wirken. Erzsi änderte viermal ihren Namen. Als geborene Erzherzogin trug sie von 1883 bis 1902 den Titel einer Erzherzogin von Österreich. Von 1902 bis 1919 war sie dann Fürstin und von 1919 bis 1948 Elisabeth Marie Windisch-Graetz. Nach ihrer Ehe mit Leopold hieß sie dann bis zu ihrem Tod 1963 einfach nur noch Elisabeth Petznek.

 

Nachkommen

Franz Josef Windisch-Graetz (1904 – 1981) Er heiratete 1934 Ghislaine Gräfin d’Arschot-Schoonhoven

Ernst Windisch-Graetz (1905 – 1952). Er heiratete 1927 in erster Ehe Ellen Skinner, die Ehe wurde 1938 geschieden. In zweiter Ehe heiratete er 1947 Freiin Eva Isbary

Rudolf Johann (1907 – 1939). Er blieb unverheiratet und verunfallte tragisch bei einem Autorennen.

Stefanie (1909 – 2005). Sie heiratete in erster Ehe 1933 Graf Pierre d’Alcantara de Querrieu (starb 1944 im KZ Oranienburg) In zweiter Ehe heiratete sie 1945 Carl Axel Björklund

 

Literaturempfehlungen zum Thema

Kronprinzessin Stephanie: „Ich sollte Kaiserin werden“ – Lebenserinnerungen der letzten Kronprinzessin von Österreich, 1935

Michaela Lindinger: Elisabeth Petznek – die rote Erzherzogin, Spiritistin, Skandalprinzessin, 2021 (eine Vorstellung der Biographie ist unter diesem Link zu finden)

Friedrich Weissensteiner: Die rote Erzherzogin, Das ungewöhnliche Leben der Tochter des Kronprinzen Rudolf, 1993

Martin Prinz: Die letzte Prinzessin, Romanbiografie, 2016

Über die Autorin:

Petra Herzbergs erste Passion ist die berühmte und beliebte Kaiserin Sisi und ihre Familie. Nicht nur, dass sie alle (deutschen) Bücher, die es zum Leben von Kaiserin Elisabeth (deren Spitzname übrigens nur in den Sissi-Filmen mit Romy Schneider mit Doppel-S geschrieben wird) und ihrem Mann Kaiser Franz Joseph gibt, gelesen hat, sie sammelt neben den Büchern auch Bilder, Fotos und Figuren rund um Sisi und ihre Familie.

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