Helene von Thurn und Taxis

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Sisis älteste Schwester: Von der verschmähten Braut zur erfolgreichen Geschäftsfrau

Ein Gastartikel von Marita A. Panzer

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Die verschmähte Braut

Der Kaiser von Österreich wünschte zu heiraten. Daher sah sich „die liebe Mama“, Erzherzogin Sophie, intensiv bei den in Frage kommenden Prinzessinnen um. Schließlich entschied sich die zukünftige Schwiegermutter für eine ihrer Nichten. Helene in Bayern, als älteste Tochter ihrer Schwester Ludovika und deren Gemahl Herzog Max am 4. April 1834 in München geboren, schien Sophie genau die richtige Wahl zu sein. Die zukünftigen Brautleute hatten sich ein einziges Mal in ihrem Leben als Kinder gesehen und so war es vernünftig, dass ein Wiedersehen arrangiert wurde, an dessen Ende dann die kaiserliche Verlobung bekannt gegeben werden sollte. Herzogin Ludovika brach daher wohlgemut nach Ischl auf, begleitet von der 19-jährigen Helene und von Elisabeth, ihrer zweiten Tochter, die als „Ersatz“ für den zukünftigen Brautvater mitfuhr.

Herzog Max hatte sich geweigert, an dieser Fahrt teilzunehmen. Nicht dass er gegen eine eheliche Verbindung mit den Habsburgern gewesen wäre, aber die Reise störte seine eigene Lebensgestaltung. Herzog Max war nämlich kein Familienmensch, er liebte es vielmehr, auf seiner Zither zu musizieren, zu reiten und zu jagen. Weit gereist, belesen und historisch interessiert, hielt er nichts von der Steifheit des Hoflebens, umgab sich lieber mit bürgerlichen Künstlern, Gelehrten und Musikern in seiner bekannten „Artusrunde“.

1846 gab Herzog Max eine „Sammlung oberbayerischer Volksweisen und Lieder“ heraus; sogar bei der Besichtigung der Cheops-Pyramide während seiner ägyptischen Reise soll er zum Erstaunen der Einheimischen auf seiner Zither bayerische Weisen gespielt haben. Zuhause wurde der Herzog meist der „Zither-Maxl“ genannt.

Seine zahlreichen Frauengeschichten und die exzentrische Lebensgestaltung erboste die herzogliche Gemahlin jedes Mal von Neuem. Daher war die Partnerschaft des Herzogpaares alles andere als harmonisch. „Wir haben uns beide nicht heiraten wollen“, sagte die Herzogin immer, wenn sie von ihrer Ehe sprach. Zudem sah Ludovika, die königliche Prinzessin, in dieser Verbindung eine nicht standesgemäße, was sie lebenslang kaum verwinden konnte.

Später erzählte die verwitwete Herzogin ihren Enkelkindern, dass erst seit der Goldenen Hochzeit ihr Ehemann Max gut zu ihr gewesen sei. Dennoch hatten die in ihrer Jugend überaus schöne Ludovika und der attraktive Maximilian mit ihren acht überlebenden Kindern – Ludwig, Helene, Elisabeth, Karl, Marie, Mathilde, Sophie und Maximilian – eine ansehnliche Familie zustandegebracht. Helene, im Familienkreis Néné genannt, war hochgewachsen und schlank, ihre gleichmäßigen Gesichtszüge umrahmte reiches dunkles Haar, das den reinen weißen Teint vorteilhaft hervorhob. Dunkle Augen blickten eher ernst als temperamentvoll. Helene war zurückhaltend und reifte schließlich zu einer tatkräftigen, sozial und religiös engagierten Frau heran. Mit ihrer jüngeren Schwester Elisabeth, genannt Sisi (Sissi), verband sie Zeit ihres Lebens eine innige Freundschaft.

Diese Freundschaft der zwei Schwestern wurde nun aber in Ischl auf eine schwere Probe gestellt. Denn etwas Unvorstellbares, ja fast Skandalöses geschah: Der junge Kaiser Franz verliebte sich gänzlich unprogrammmäßig in die erst 15-jährige Sisi und präsentierte diese der überraschten Öffentlichkeit als seine Braut. Die schöne Helene war verschmäht worden. Der Kaiser hatte die hübsche, weniger befangene Elisabeth zur zukünftigen Kaiserin von Österreich erwählt.

Der Engel von Possenhofen

Das Verhältnis der Schwestern zueinander wurde aber durch diese kaiserliche Wahl nicht dauerhaft getrübt. Helene nahm – wie die gesamte herzogliche Familie – an den Hochzeitsfeierlichkeiten in Wien teil, welche die junge Sisi derartig erschöpften, dass zwischendurch ein Erholungstag geboten war. Helene sprach ihrer Schwester auf Englisch Mut zu, denn diese Sprache benutzten sie wie eine Geheimsprache, da es am Wiener Hof nicht üblich war, englisch zu sprechen. Ludovika schrieb darüber an Marie von Sachsen: „Solange die Schwestern vereinigt waren, steckten sie immer beisammen und sprachen immer englisch, nahmen aber gar keinen Antheil an unseren Gesprächen, wodurch sie durchaus nicht liebenswürdig wurden (und) es ihnen manchen Verdruss zuzog.“

Helene haftete nun der Makel einer sitzen gelassene Braut an. Einer jungen Frau von damals konnte kaum Schlimmeres passieren. Wer würde sich jetzt noch für sie interessieren? Konnte Helene überhaupt jemals die Ehe eingehen oder blieb ihr nur mehr der Nonnenschleier?

Herzogin Ludovika machte sich daher um die Zukunft ihrer Ältesten große Sorgen, die inzwischen 22 Jahre alt geworden war. Die Herzogin schrieb an ihre Schwester, Königin Marie von Sachsen, am 22. November 1857 bedauernd: „Sie wäre eine gute Frau und Mutter geworden; nun hat sie, und wir alle, es gänzlich aufgegeben, doch hat sie sich eine große Heiterkeit dabei erhalten.“ Helene füllte ihre Tage mit emsigem Malen und kümmerte sich um die „armen Kranken in den Dörfern“. Bald wurde sie der „Engel von Possenhofen“ genannt. Eine Wiener Zeitung berichtete: „Sie kennt alle Armen und Bedürftigen der Umgebung, kein Kranker entbehrte ihres Trostes und die Zahl der Thränen, die sie im Stillen getrocknet, kennt nur Gott allein!“

Ein Bewerber aus gutem Hause

Da geschah das gänzlich Unerwartete. Erbprinz Maximilian von Thurn und Taxis, der Herzog Max von allerhand Jagdveranstaltungen her kannte, war auch dessen schöner Tochter Helene vorgestellt worden, hatte sich in sie verliebt und bewarb sich nun um ihre Hand.

Am 30. März 1858 schrieb Herzog Max aus Schloss Banz an den Fürsten von Thurn und Taxis: „Mit freudigstem Erstaunen erhielt ich die Kunde von dem Wunsche Ihres Herren Sohn, sich mit meiner Tochter Helene zu verbinden. Ich kann nur aus vollem Herzen versichern, dass mich diese Ehe sehr glücklich macht, um so mehr, da Helene in die Familie eines Mannes eintreten wird, dem ich seit einer langen Reihe von Jahren aufrichtig und treu ergeben bin.“ Fürst Maximilian Karl antwortete daraufhin aus Regensburg: „Dass der Wunsch meines Sohnes mich in jeder Hinsicht nur erfreuen konnte, ist so natürlich, dass ich nicht zu versichern brauche, dass er keine Wahl hätte treffen können, welche mir angenehmer gewesen wäre. (…) Mit Überzeugung darf ich dabey versichern, dass mein Sohn den festen Willen und die beste Absicht hat, I.K.H. die Prinzessin Helene so glücklich zu machen, als er es vermag.“

Am 22. Mai 1858, am Namenstag Helenes, sollte in Possenhofen, dem herzoglichen Sommersitz, Verlobung gefeiert werden. Davor waren aber noch einige Hindernisse aus dem Weg zu räumen. Denn der bayerische König Maximilian II. hatte Bedenken gegen die geplante Vermählung angemeldet, da der Erbprinz von Thurn und Taxis, aus einem mediatisierten fürstlichen Haus, einer Herzogin von königlichem Geblüt nicht ebenbürtig erschien. Wenn die Fürsten von Thurn und Taxis auch nur Standesherrn im bayerischen Königreich waren, so hatten sie doch eine herausgehobene Position als Kronoberstpostmeister (seit 1808) und Mitglied der Reichsrätekammer wie des königlichen Familienrats inne.

Daher glätteten sich die Wogen bald und unter der Bedingung, „dass der durchlauchtigsten Braut auch nach ihrer Vermählung vorbehalten bleiben, und dieselbe dem gemäß zwar Fürstin von Thurn und Taxis heißen wird, zugleich aber auch den Titel Herzogin in Bayern-Königliche Hoheit zu führen hat“, konnte die „erfreuliche Kunde“ der Verlobung Helenes mit Maximilian Anton bekannt gegeben werden. Der Hochzeitstermin wurde auf den 25. August 1858 festgelegt. Nun hieß es umfangreiche Vorbereitungen in Schloss Possenhofen zu treffen.

Possenhofen – Landschloss in herrlicher Lage

Die schöne Braut war im neuen, vom berühmten Klenze entworfenen, herzoglichen Palais an der Ludwigstraße in München aufgewachsen, das mit seinem Pariser „Café chantant“, dem 44 Meter langen Ballsaal mit dem freizügigen Bacchusfries von Schwanthaler und dem Privatzirkus mit Logen im Hof viel beredet wurde. Im Revolutionsjahr 1848 soll hier die erst 14-jährige Helene versucht haben, die Aufständischen aufzuhalten mit dem Zuruf: „Brüder gegen Brüder!“ Wenn auch diese missglückte Aktion des jungen Mädchens sehr belacht wurde, so offenbarten sich in ihr doch großer Mut und der im Hause vorherrschende „demokratische“ Geist des Herzogs.

In den Sommermonaten hielt sich die herzogliche Familie im Possenhofener Schlösschen am Starnberger See auf. Die ländliche Umgebung und die Einfachheit des Landlebens ließen in Wien das Wort von der „Bettelwirtschaft“ aufkommen, aus welcher die Kaiserin herstamme. Trotzdem schwärmte eine Hofdame von Possenhofens herrlicher Lage am See, vom Mondlicht und dem morgendlichen Vogelgezwitscher: „Sie jubelten, als ob es Frühjahr wäre – ich stürzte ans Fenster – der Anblick war köstlich, tief – tiefblau die Flut – ein Paradies von Bäumen und grün all over und über dem See drüben schöne Berge – alles Lieblichkeit und Sonne – der Garten voll Blumen – das alte Haus umrankt von wilder Rebe und Epheu – so poetisch – so schön.“ Hierher flüchtete sich Helene später immer wieder, hier im geliebten „Possi“ trafen die oftmals unglücklichen Schwestern Néné und Sisi zusammen, erhielten Trost von ihrer Mutter und der lieblichen Natur.

Die Hochzeit 1: Großzügige Aussteuer & ein Ehevertrag mit Nadelgeld

Für die bevorstehende Trauungszeremonie ließ Herzog Max extra eine Hochzeitskapelle in Possenhofen bauen. Der Herzog war recht wohlhabend und so stattete er seine Tochter mit einem Heiratsgut von 50 000 Gulden aus sowie „mit allen Erfordernissen an Kleinodien, Kleidern, Geschmeiden, goldenen und silbernen Geräthen.“ Besonders Herzogin Ludovika kümmerte sich um einen standesgemäßen Brautschatz. Das überlieferte „Inventarium des Trousseaus“ führt neben vielen anderen Dingen hauptsächlich auf:

26 Schmuckstücke, darunter ein Set aus Türkisen und Diamanten bestehend aus 1 Kamm, 2 Armbändern, 2 Broschen, 2 Ohrringen und 1 Collier. An Oberbekleidung war vorhanden: 11 Seidenkleider mit „ausgeschnittener Taille“, 7 Seidenkleider mit „doppelter Taille“, 7 „Montant-Kleider“ und 10 „Mousline-Kleider“, 2 weiße Spitzenkleider und 1 schwarzes Spitzenkleid sowie andere Kleidungsstücke aus Spitze dazu mehrere Ellen Spitzenstoffe. Sieben Schlafröcke, 5 Reitkleider, 4 Mäntel und 7 „Mantillen“, 8 „Schawls“ und Plaids, 14 seidene Halstücher sowie 5 „Gaze Schleier“ ergänzten die Bekleidung. Dazu kamen noch 11 Hüte, 7 „Négligé-Häubchen“, „16 verschiedene Land und Blumen Coiffuren“, „8 Blumenkränze mit Brustbouquet“ sowie „2 Blumen-Garnituren“. 14 Dutzend Handschuhe aller Arten und Farben, 3 Dutzend Schuhe aller Art und 6 Paar Lederschuhe beziehungsweise -stiefel, 6 Paar Morgenschuhe und 2 Paar „Galoschen“ sowie 2 Regenschirme und 5 Sonnenschirme werden zusätzlich aufgeführt.

Die Leibwäsche bestand aus 12 Dutzend Hemden, 4 Dutzend Nachtjäckchen, darunter sechs mit Spitze besetzt und mit Seide gefüttert, 18 Nachthemden, 6 Dutzend Röcke, 4 Dutzend „Beinkleider“, 1 Dutzend „Pudermäntel“, 8 Dutzend Strümpfe, 12 Dutzend Taschentücher, 2 Dutzend Nachthalstücher, 2 Dutzend Sommertücher, 4 Stück „Stecknadel- Ueberzüge“, 1 Dutzend „Corsets“, 6 Dutzend „Toilette-Servietten“, 2 Dutzend „gröbere Toilett-Servietten“, 12 Stück „Matratzen“ (= Bettwäsche) samt 6 Stück Aderlassbinden, 1 Dutzend Badetücher und 2 Dutzend „Packtücher“. An Gegenständen für den persönlichen Gebrauch kamen hinzu „1 Toilette und Nécéssaire“ aus vergoldetem Silber, 36-teilig, „in einem rothsafianen Koffer“; 1 silberne Toilette aus 14 Teilen; 1 Reisenecessaire samt Reiseschreibtisch aus mehreren Teilen sowie verschiedene andere Gegenstände, darunter beispielsweise „1 Wärmeflasche von Chinasilber“.

Gemäß dem Ehevertrag zeigte sich auch der zukünftige Gemahl großzügig und bestimmte die Mitgift zum alleinigen Eigentum der Braut „als Zeichen aufrichtiger Zuneigung“. Dazu kam dann noch die Morgengabe von 20000 Dukaten und ein „fürstliches Juwel“. Jährlich erhielt Helene außerdem ein „Nadelgeld“ von 18 000 Gulden, wie der Ehevertrag festsetzte, „zur Bestreitung der persönlichen Ausgaben für Putz, Kleider, Almosen und dergleichen.“ Alle übrigen Ausgaben bestritt in Zukunft das Haus Thurn und Taxis, nämlich die Kosten für einen Hofkavalier, eine Hofdame, für die Tafel, Wagen und Pferde sowie für die übrige Dienerschaft und Einrichtung.

Derart ausgestattet konnte Helene ihr neues Leben als Gemahlin des Erbprinzen von Thurn und Taxis sorglos beginnen.

Der Hochzeitstag: Trotz Regen ein Feuerwerk

Am Hochzeitstag, den 25. August 1858, allerdings regnete es in Strömen. Die Münchner „Neuesten Nachrichten“ schrieben: „Zu dem Festschießen, welches der Erbprinz von Taxis in Possenhofen gab, hatten sich, des unaufhörlichen Regens ungeachtet, die geladenen Schützen zahlreich eingefunden und wurde auch sehr gut geschossen.“ Die benachbarte Bevölkerung brachte in mit Laternen beleuchteten Ruderbooten dem Brautpaar auf dem Starnberger See eine Serenade dar und der Brautvater ließ ein „Kunst-Feuerwerk“ abbrennen, als der Regen einmal aufhörte, „das ebenso glänzend als gelungen war.“

Zur „hohen Vermählungsfeier Ihrer Königlichen Hoheit der Prinzessin Helene in Bayern mit dem durchlauchtigsten Erb-Prinzen Maximilian von Thurn und Taxis“ hatte Ferdinand Fränkel „Hochzeit-Lieder“ gedichtet, die während beziehungsweise nach der Trauungszeremonie zu Gehör gebracht wurden:

„Von wahrer Liebe inniglich durchdrungen, Die Eins dem Andern, ach so gerne weiht, Habt Ihr das heiß erflehte Glück errungen, Das schöne Ziel der ird’schen Seligkeit. Wollt nun die Hände in einander legen, Dann machet hörbar Euren Willen kund, Es gibt der Priester Euch der Kirche Segen, Und weihet Euch zum heil’gen Ehebund!

Das Wörtchen „Ja“ hat Euch verbunden
Zu Freud’ und Leid, zu Schmerz und Glück, Ein Band ist jetzt um Euch gewunden,
Ihr könnt nun nimmermehr zurück.
Lasst Eure Blicke aufwärts schweben,
Auf Gottes Segen dürft Ihr bau’n,
Geht freudig denn durch dieses Leben, Beglückt durch Liebe und Vertrau’n!“

Auf ausdrücklichen Wunsch der Braut nahm der Abt des Klosters Beuerberg die Trauung vor.

Die Frischvermählten verbrachten einige Tage ihrer Flitterwochen in München, bevor sie auf Schloss Taxis weiterreisten. Friedrich Maurer widmete dem hohen Paar eine „ehrfurchtsvolle Begrüßung“, in der es heißt:

„Ein Engel ist’s, der anmuthsvoll und milde Dem würd’gen Gatten folgt in die Gefild,
Wo seine Ahnen schon, im biedern Schwaben, Den heimathlichen Herd begründet haben. Und in das Thal, wo sanft die Egau fließt,

Mit ihrem Gürtel üpp’ge Flur umschließt, Winkt gastlich von der Höh’das Schloß herab, Dem Taxis seinen Fürsten Namen gab.

Willkomen seyd! Gesegnet sey die Stunde,
Die Euch gebracht – ertönt’s aus Aller Munde.“

Als das Erbprinzenpaar schließlich am 22. Dezember in Regensburg einzog, wurde es auch von der Stadtbevölkerung, den Vereinen und Würdenträgern herzlich empfangen. Ein Triumphbogen am Stadteingang trug die Aufschrift: „So viele Herzen drinnen wohnen, / So viele Grüße nach Millionen.“

Erste Nachkommen: Zwei Töchter

Ein halbes Jahr später kam auf Schloss Taxis am 1. Juni 1859 das erste Kind zur Welt, ein Mädchen. Prinzessin Luisa heiratete 1879 Friedrich Eugen Prinz von Hohenzollern-Sigmaringen, General des 3. Preußischen Armeekorps. Sie überlebte alle ihre Geschwister und starb hochbetagt 1948.

Am 28. Mai 1860 wurde Prinzessin Elisabeth geboren, die am 17. Oktober 1877 Dom Miguel Infant von Portugal und Herzog von Braganza ehelichte. Ihr Gemahl entstammte der exilierten königlichen Familie Portugals und war k.u.k. Oberst in einem Husarenregiment. Elisabeth starb bereits am 7. Februar 1881, geschwächt durch die Geburt ihres dritten Kindes. In Kleinheubach bei Wertheim am Main wurde sie beigesetzt.

Schwesterliche Fürsorge: nach Korfu zu Sisi

Knapp ein Jahr nach ihrer zweiten Niederkunft nahm Kaiser Franz Helene in die Pflicht: Kaiserin Sisi, kürzlich erst von Madeira zurückgekehrt, war erneut erkrankt. Fieber- und Hustenanfälle plagten sie. Sisi klagte über starke Schmerzen, suchte depressiv die Einsamkeit und verweigerte schließlich die Nahrungsaufnahme. Die behandelnden Ärzte stellten Lungenschwindsucht fest und verordneten einen Aufenthalt auf Korfu. Alle fürchteten um der Kaiserin Leben und Gerüchte von ihrem Tod machten in Wien bald die Runde. Als auch von Korfu keine günstigen Nachrichten eintrafen, bat Kaiser Franz seine Schwägerin Helene, doch auf die Insel zu reisen und nach Sisi zu sehen. Herzogin Ludovika berichtete darüber nach Sachsen im August 1861: „Helene bringt ein großes Opfer, das ihr so schwer wird, aber sie sagt, der Kaiser hätte sie so dringend darum gebeten, er hätte ihr so unbeschreiblich leid getan – der arme, liebe Kaiser; er soll so unglücklich und traurig sein.“

Helene reiste nicht gern, denn sie musste ihre zwei kleinen Kinder in großmütterlicher Obhut am Starnberger See zurücklassen. Begleitet von ihrem Gemahl erreichte die Erbprinzessin Triest, wo sie sich an Bord des österreichischen Kriegsdampfers „Greif“ nach Korfu einschiffte.

Anfangs war Helene über Sisis Aussehen erschrocken, aber nach einiger Zeit der schwesterlichen Fürsorge erholte sich Elisabeth allmählich, so dass Ludovika weitergeben konnte: „(Sisi) isst sehr viel Fleisch, trinkt viel Bier, ist von der gleich- mäßigsten Lustigkeit, hustet wenig, besonders seit die, wie Helene findet, enorme Hitze wieder angefangen hat, und sie machen sehr schöne Partien zu Wasser und zu Lande.“

Im Oktober kam Kaiser Franz selbst zu Besuch, um sich des Gesundheitszustandes seiner Gemahlin zu vergewissern. Den Winter über wollte die Kaiserin in Venedig zubringen und dort mit dem Kaiser und ihren Kindern zusammentreffen. Nach Korfu kehrte sie aber immer wieder zurück, dort ließ sie sich sogar ein Schlösschen, das „Achilleion“, errichten.

Helenes Mission war für dieses Mal zu Ende, wenn sie sich auch weiterhin um Sisis Wohlbefinden sorgte. Die Wiener Hofdamen hielten große Stücke auf Helenes pflegerische Fähigkeiten und meinten: „Sie hat doch immer einen kalmierenden Einfluss, ist selbst so vernünftig und ordentlich und sagt ihr die Wahrheit.“

Zwei Geburten und ein Todesfall

Die Ehe des Erbprinzenpaares gestaltete sich glücklich. Noch weitere zwei Kinder entwuchsen ihr: Am 24. Juni 1862 erblickte der ersehnte Erbprinz Maximilian Maria auf Schloss Taxis das Licht der Welt, und wenige Jahre später wurde sein Bruder Albert Maria am 8. Mai 1867 in Regensburg geboren. Hier bewohnten seit 1862 Helene und Maximilian Anton mit ihren Kindern ein neues Haus. Helenes Schwiegervater hatte den Prüfeninger Hof an der Ostseite des heutigen Bismarckplatzes gekauft und daraus ein Palais für die Erbprinzenfamilie gestalten lassen.

Allerdings währte das harmonische Ehe- und Familienleben nur insgesamt sieben Jahre. Seit einiger Zeit zeigten sich bei Helenes Gemahl erste Anzeichen eines körperlichen Verfalls. Sein attraktives Aussehen hatte sich verändert; er war aufgedunsen, kurzatmig und kraftlos. Die verordneten Trinkkuren in Karlsbad brachten keine Heilung. Am 26 Juni 1867 verschied Erbprinz Maximilian Anton für alle überraschend an einem Nierenleiden und einer dadurch bedingten „Lungenlähmung“, wie es der Obduktionsbefund auswies.

Zwei Tage später wurde sein Leichnam in der fürstlichen Gruftkapelle aufgebart, umgeben von einem Meer aus Kerzen und Zierpflanzen. Unter den Trauergästen befanden sich auch Kaiserin Elisabeth und Kaiser Franz Joseph von Österreich, die wie viele Bürger Regensburgs persönlich Abschied nehmen wollten. Maximilian Anton war erst 36-jährig noch vor seinem Vater gestorben. König Ludwig II. von Bayern kondolierte daher Fürst Maximilian Karl von Thurn und Taxis folgendermaßen:

„Ich fühle mit Euer Liebden den tiefen und gerechten Schmerz, welche dieselbe und die gesamte Taxis’sche Familie empfindet und ermesse sehr wohl, welch eine Fülle von Hoffnungen mit dem theuern Leben des Dahingeschiedenen erloschen ist.“

Gemeinsame Trauer

Helene, nunmehr die Erbprinzessinwitwe, schien in ihrem Schmerz wie versteinert. Sie zog sich für einige Zeit zu ihrer Mutter nach Possenhofen zurück. Dort traf auch Helenes Tante, Sisis Schwiegermutter Sophie, ein. Die Erzherzogin hatte ihren Sohn Maximilian, den Kaiser von Mexiko, verloren. Er war von Freiheitskämpfern am 19. Juni 1867 hingerichtet worden. Nun weinte sie gemeinsam mit der jungen Witwe Helene. Eine Hofdame berichtete über die Trauernde: „Ein erbarmungswürdiger Anblick, ein wahres Bild des Jammers, um nicht Verzweiflung zu sagen (…) dies arme Geschöpf, vernichtet und durch den Schmerz gelähmt.“ Und die Erzherzogin Sophie vertraute ihrem Tagebuch an: „Ich sage mir, da sind wirklich die tiefsten Schmerzen Seite an Seite, der Schmerz der Witwe eines geliebten Mannes und der Schmerz der Mutter über den Verlust und das Martyrium ihres getöteten Sohnes.“

Zurück im Regensburger Erbprinzenpalais schrieb Helene am 14. Februar 1868 an eine Freundin einen Brief, der Einblick gibt in das Empfinden und den Tagesablauf der jungen Witwe: „Seit einer Ewigkeit bin ich Dir Antwort auf Deinen Brief schuldig, worüber Du mit Recht ungehalten sein wirst; wenn Du aber weißt wie sehr meine Zeit und meine Gedanken in Anspruch genommen sind, würdest Du wohl nachsichtiger urteilen. (…) Ich führe ein stilles eintöniges Leben, habe aber so viel zu tun, dass, trotz meiner Herzens-Einsamkeit und Trübseligkeit, die Zeit schnell verfliegt. Es kommt freilich viel Sorge und Verdruss über mich, was allein schwer zu tragen ist; das sind noch die Zugaben, Folgen des Verlassenseins; aber es geht jetzt alles in dem großen Herzweh auf, mit dem ich ja auf der Welt doch nie mehr froh werden könnte.

Wenn ich nur für die Kinder da sein kann, was ich soll; dass ihnen alles Widerwärtige erspart bleibe. – Die Kinder sind jetzt meine einzige Zerstreuung, der einzige Zweck meines Lebens, und diese Pflicht hat mich wohl allein erhalten, denn sonst wäre ich Ihm gewiss bald nachgegangen. So darf ich mich nur auf diesen Moment freuen, wenn meine Aufgabe vollendet ist. Die Kinder sind wohl und die beiden Mädchen jetzt mit ihren Studien ziemlich beschäftigt (…)

Ich habe mir ein paar Zimmer im 2. Stock, mitten in der Kinderwohnung, eingerichtet, da ich es im 1. Stock, wo ich immer mit ihm war, nicht aushalten kann. Es ist alles genau so geblieben, wie zur guten Zeit, und ich gehe auch täglich durch, aber in der Länge wäre es, vor Seligkeit und immerwährender Erwartung seines Kommens, nicht zu ertragen. Ich wollte es anfangs erzwingen, fühlte aber, dass ich darüber wahnsinnig werden könnte. – Hier oben bin ich immer gezwungen mit den Menschen zu sein, oder sie wenigstens immer zu hören, so dass ich keine Zeit habe meinen Gedanken nachzuhängen. Der Kleine ist jetzt eine ganz große Freude, da er so nett und verständig wird und die Großen sind vernünftige Leute. (…) Wirst Du diesen Winter nach München gehen? – Wie Du wohl weißt, bleibt meine Mutter ganz in Possi mit den beiden Geschwistern. (…) Ich bin aber am liebsten in Regensburg; schon wegen der Gruft, wo ich jeden Morgen die Messe höre und eine Stunde bei ihm knie, denn es ist dort so hell und heimlich, dann um neun Uhr früh, beginnt eigentlich der Tag erst.“

Als Vormündin geschickte Geschäftsfrau

Vier Jahre nach Erbprinz Maximilian Anton segnete am 10. November 1871 auch der 69-jährige Fürst von Thurn und Taxis das Zeitliche. Nun wurde sein Enkel, Helenes ältester Sohn Maximilian Maria, der neue Fürst von Thurn und Taxis. Gemäß ihres Ehevertrages übernahm die Erbprinzessinwitwe die Vormundschaft für den erst Neunjährigen. An die zwölf Jahre erfüllte Helene ihre Pflichten als Vormünderin ernsthaft und erfolgreich. Unterstützt vom Chef der fürstlichen Verwaltung Freiherr von Gruben, vermehrte sich der fürstliche Grundbesitz durch umfangreiche Ankäufe vor allem in Kroatien und Slowenien bedeutend. Die letzten Postrechte waren zwar an Preußen abgetreten, aber mit der Entschädigungssumme von drei Millionen Talern konnten diese Landerwerbungen finanziert werden.

Ein junger Fürst und seine ehrgeizigen Pläne

Rasch verflogen die mit Geschäften und Reisen ausgefüllten Jahre. Am 24. Juni 1883 wurde Fürst Maximilian Maria volljährig. Umfangreiche Festlichkeiten begleiteten diesen wichtigen 21. Geburtstag, an welchem er aus der Hand seiner Mutter die Regierung des fürstlichen Hauses übernahm. Auf Schloss Obermarchthal wurde die Großjährigkeit des Fürsten mit einem „Festdiner“ am 25. Juni begangen. Man reichte:

„Caviar und Sardellenbrödchen
Suppe
Ochsenfleisch mit Saucen und Beilage Bohnen und Braunschweiger Wurst Rheinsalm mit holländischer Sauce Rehbraten

Poulardbraten Torte Dessert.“

Dazu wurde kredenzt:

„1874 Niersteiner & Schorlachberger, weiß 1878 Forster Traminer, weiß
1874 Adelsberger Ungar, roth
1878 Affenthaler, roth

Bordeaux, câtupremière
Hoh(en)heimer und Würzburger Schaumweine.“

Der junge Fürst war gut ausgebildet und auf seine Aufgaben vorbereitet. Er hatte sechs Semester an den Universitäten von Bonn, Straßburg und Göttingen Philosophie, Jura und Nationalökonomie studiert und entwickelte sich nun zu einem eifrigen Förderer der Kunst und der Wissenschaften. Bald nach seinem Regierungsantritt ordnete Maximilian die Erforschung der Geschichte seines Hauses an. Er unterstützte wissenschaftliche Vereine, wie den Historischen Verein für Oberpfalz und Regensburg, war selbst Mitglied im Historischen Verein zu Neuburg an der Donau, kaufte mehrere numismatische Sammlungen an und war auch Mitglied in der Bayerischen Numismatischen Gesellschaft, hatte das Protektorat des Regensburger Kunstvereins inne und förderte finanziell das Theater der Stadt.

Der junge Fürst liebte zudem die Baukunst. Er ließ die alten Ökonomie- und Brauereigebäude des ehemaligen Klosters St. Emmeram, die schon recht baufällig waren, abreißen und einen neuen südlichen Schlossflügel errichten.

Die Bauarbeiten begannen im September 1883. Der 165 Meter lange neue Schlosstrakt im Neorenaissancestil besaß prächtige Zimmerfluchten, zwei Marmortreppenhäuser und eine großartige Innenausstattung. Schon Maximilians Mutter Helene hatte im alten Ostflügel der Anlage einige Räume umgestalten lassen. So wurde dort 1873 im Rokokostil nach dem Vorbild der Amalienburg im Nymphenburger Schlosspark zu München der sogenannte Silbersalon eingebaut. 1873 begann auch die Verlagerung der luxuriösen Inneneinrichtung des Frankfurter Palais ins Schloss St. Emmeram nach Regensburg. Helene, die nach dem Tod ihres Schwiegervaters, des alten Fürsten, vom Erbprinzenpalais ins Schloss übersiedelt war, wünschte aus den ehemaligen Klostergebäuden ein veritables Märchenschloss zu machen.

Diese Anfänge seiner Mutter wollte nun der Sohn als junger Fürst vollenden. Auch ein neues Jagdschloss sollte im fürstlichen Thiergarten entstehen, als Ersatz für das Sommerschloss in Donaustauf, welches 1880 mitsamt dem halben Ort niedergebrannt war.

Pötzlicher Tod und erneute Vormundschaft

Leider erlebte Helenes Sohn die Fertigstellung der Baumaßnahmen zu einem „bedeutenden Denkmal des Historismus“ nicht mehr. Als Maximilian Maria von einer Auerhahnjagd aus Österreich zurückkehrte, war er bereits schwer krank. Nur wenige Wochen später verschied der erst 23- Jährige an einer Herzlähmung. Ein Herzfehler, den er durch das Scharlachfieber in seiner Kindheit zurückbehalten hatte, war nicht rechtzeitig entdeckt und behandelt worden.

„Der Fürst ist todt! Der gute Fürst ist todt! So tönte am Abend des 2. Juni 1885 die Schreckensnachricht durch die Stadt Regensburg von Mund zu Munde“, heißt es in einem Nachruf auf den jung Verstorbenen. Er wurde in der fürstlichen Gruftkapelle in St. Emmeram aufgebahrt und dort zur letzten Ruhe gebettet. Kaiserin Elisabeth legte einen Maiglöckchenstrauß nieder. Zu spät war sie in Regensburg eingetroffen, um noch persönlich von ihrem Lieblingsneffen Abschied nehmen zu können. Nun dichtete sie für ihren „Bubi“:

„Während wir erblassen müssen Auf dem kalten Sarkophag
Steigt der Kranz aus Freudengrüßen Auf zum lichtumflossnen Tag.

Und der jüngste Engel oben Nimmt ihn lächelnd in Empfang Glaube, Hoffnung, fest verwoben, Sendet er zurück als Dank.“

Nach dem Tod ihres so hoffnungsvollen Sohnes zeigten sich bei Helene stark melancholische Züge, ja sogar vorübergehend geistige Störungen, wie Erzherzogin Valerie, Sisis jüngstes Kind, überlieferte: Tante Helene war „in ihrer furchtbaren Leidenschaftlichkeit oft wie wahnsinnig.“

Sie konnte sich jedoch nicht allzu lange ihrer immensen Trauer hingegeben, denn dem verstorbenen Fürsten folgte sein jüngerer, 19 Jahre alter Bruder Albert in der Leitung des fürstlichen Hauses nach. Und Helene musste wiederum die Vormundschaft übernehmen. Noch einmal sah sie sich also in die Pflicht genommen, das Haus Thurn und Taxis bis zur Volljährigkeit Alberts, 1888, zu führen.

Helene, die „Erbfürstin“, wie sie oftmals betituliert wurde, holte sich Kraft für die Überwindung ihrer Trauer vor allem aus ihrem tief verwurzelten katholischen Glauben. Sie hatte sich im Ostflügel des Schlosses St. Emmeram, gleich anschließend an ihr Schlafgemach, eine Kapelle einrichten lassen, so dass sie immer gewärtig des himmlischen Trostes besonders in den Nachtstunden war.

Viele Familienmitglieder hatte Helene bereits verloren: die jugendliche Tochter Elisabeth, den geliebten Ehemann, den ältesten Sohn, aber auch 1871 den fürstlichen Schwiegervater und am 20. Januar 1886 dessen zweite Gemahlin. Fürstin Mathilde hatte 1861 große Summen Geldes für die Einrichtung eines Kinderkrankenhauses in Regensburg gespendet. Hier im Mathilden-Spital kurierte man arme kranke Kinder unentgeltlich.

Nun unterstützte die „Erbfürstin“ Helene das Kinderspital ihrer Schwiegermutter. Auch das Kleine Haus bei den Krankenschwestern am Obermünsterplatz, in dem kranke Mädchen und Frauen gepflegt wurden und in welchem Apollonia Diepenbrock selbstlos tätig war, erhielt regelmäßigen Besuch von Helene. Besonders an Weihnachten verteilte sie gerne ihre Geschenke. Helene war von Jugend an sehr religiös und nächstenliebend eingestellt. So veranlasste sie umfangreiche Holzspenden für die winterliche Heizperiode des St. Vinzentius-Vereins und war „Hauptförderin und Wohltäterin“ des Christlichen Müttervereins in Tutzing von 1876. „Erbfürstin“ Helene erwies sich auch als besondere Gönnerin der weithin verehrten Maria Schuhmann in Pfarrkirchen. Dreimal suchte sie mit Gefolge die Stigmatisierte auf – zuletzt vom 20. bis 22. Oktober 1885 – und machte ihr „wiederholt Geschenke“.

In den 1870er-Jahren erfolgten unter Helenes Vormundschaft große Besitzerwerbungen in Slowenien und Kroatien, damals Bestandteil der k.u.k. Monarchie. Die Ländereien wurden zwar überwiegend land- und forstwirtschaftlich genutzt, aber durch den Kauf von Bergbaurechten für Braunkohlegruben besserte man die Einkünfte auf. 1888 konnte Helene die Geschäfte endlich in die jungen Hände ihres Sohnes Albert legen.

Der achte Fürst von Thurn und Taxis war ein hübscher junger Mann. Er vollendete den Bau des südlichen Schlossflügels, den sein Bruder Maximilian Maria begonnen hatte. Auf Einladung des Fürsten Albert kam 1889 die Münchner Verwandtschaft nach Regensburg und besichtigte den Neubau, der viel bewundert wurde. Dabei besuchte man auch Helene.

Die späten Jahre: Rückzug und Melancholie

Die begleitende Hofdame Marie von Redwitz berichtete: „Im entgegengesetzten Flügel des Schlosses lebte die Mutter des Fürsten, Erbprinzessin Helene, mit eigener Hofhaltung. Sie führte dort ein ziemlich einsames, ewig verspätetes Dasein, aß meist allein und kam nie dazu, ihre Sachen zu ordnen. Da niemand diese anrühren durfte, lagen Stöße von Büchern auf den Möbeln und lehnten Bilder gegen die Wand. Das ganze Jahr kaufte sie für Weihnachten ein und schenkte ungemein viel und gerne. Trotz ihrer eigenen Unordnung soll sie während der Minderjährigkeit ihres Sohnes dessen Vermögen mit viel Verständnis und gutem Erfolg administriert haben.“

Helene war inzwischen 55 Jahre alt und zeigte offensichtlich Anzeichen von Misstrauen und Melancholie. Sie besaß kein Zeitgefühl und verspätete sich häufig, so dass Züge ohne sie abfuhren und die Mittags- oder Abendtafel bereits aufgehoben war, ehe sie erschien. Wie ihr Vater und noch mehr ihr Großvater Pius, der in seinen späten Jahren als Einsiedler lebte, führte die alternde Helene ein exzentrisches, nach innen gekehrtes Leben, fern von den Menschen. Früher eher ruhelos, lebte sie nun zurückgezogen. So ruhig, dass ihr Hofkavalier und ihre Hofdame sich langweilten und um dieser Öde zu entgehen, sich nur gegenseitig heiraten konnten, wie eine Hofdame einmal spottete.

1890 notierte Marie von Redwitz, Hofdame im herzoglichen Palais zu München: „Es waren beunruhigende Nachrichten über das Befinden der Erbprinzessin von Taxis ein- gelaufen, von der es hieß, sie habe ein Exsulat (Exsudat?) im Becken. Die weiteren Berichte lauteten schlecht, und trotzdem die Ärzte es ihr nahelegten, wollte sie nichts vom Sterben wissen.“

Kaiserin Elisabeth eilte ans Sterbebett ihrer Schwester nach Regensburg. Erzherzogin Valerie überlieferte uns das letzte Gespräch ihrer Mutter mit der todkranken Helene: „Tante Néné, die gar nicht ans Sterben glaubte, freute sich, Mama zu sehen und sagte zu ihr ‚Old Sisi‘ – sie und Mama sprachen fast immer englisch zusammen. ,We two have hard puffs in our lives‘, sagte Mama. ‚Yes, but we had hearts‘, antwortete Tante Néné.“ (Sinngemäß wegen des englischen Wortspiels hard – heart: „Wir zwei haben viel Herzeleid in unserem Leben erfahren. – Ja, aber wir hatten wenigstens Herzen.“).

Seit der Verschmähung als Kaiserbraut in Ischl waren 37 Jahre vergangen. Seit über 20 Jahren war Helene nun schon verwitwet. Zwei Kinder – Elisabeth und Maximilian Maria – hatten vor ihr das Zeitliche gesegnet. Jetzt war die „Erbfürstin“ müde und des Lebens überdrüssig. Ihre letzten Worte klangen recht ergeben und melancholisch: „Ach ja, das Leben ist doch ein Jammer und ein Elend.” Sie starb am 16. Mai 1890.

Wenig später traf die Todesnachricht bei der alten Herzogin Ludovika, Helenes Mutter, in München ein. „Fürst Albert von Thurn und Taxis betrauerte seine Mutter außerordentlich, denn beide hatten sehr aneinander gehangen“, bemerkte dazu Freiin von Redwitz.

Über die Autorin:

Marita A. Panzer, Dr. phil., lebt und arbeitet in Regensburg und Irland. Sie ist Sachbuchautorin und veröffentlichte zahlreiche historische Frauen- Biografien. Einige ihrer Arbeiten wurden in mehrere Sprachen übersetzt.

 

 

Dieser Artikel ist ein Auszug aus ihrem Buch „Fürstinnen von Thurn und Taxis“, welches im Verlag Friedrich Pustet erschienen ist.

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Buchtipp:

Zur Dynastie „Thurn und Taxis“ stellen wir hier die Biografie von Therese von Thurn und Taxis vor.

Weitere Artikel zu Sisi und ihrer Familie

Zu Kaiserin Sisi sind bereits folgende Artikel erschienen:

Von Autorin Petra Herzberg: „Sieben Geheimnisse von Kaiserin Sisi, die Du wahrscheinlich noch nicht kennst“ ; „Sisis Reisen – Flucht oder Abenteuer?“ , „Sisi und der Reitsport vor 150 Jahren“ , „Sisi – die dunklen Seiten einer Kaiserin“ sowie über ihre jüngste Tochter: „Erzherzogin Marie Valerie – die Lieblingstochter von Kaiserin Sisi

Von Christian Sepp wurden diese beiden Artikel zu Sisis Schwestern „Sophie Charlotte – das dramatische Schicksal…“ und „Marie Königin beider Sizilien – Sisis mutige Schwester“ sowie zu Sisis Mutter Ludovika und ihrer Familie veröffentlicht.

Von Stefan Haderer ist der Artikel  „Sisis jugendliche Schwärmer – die Kaiserin und ihre griechischen Vorleser“ hier erschienen.

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