Was geschah vor 110 Jahren im Februar 1908?

 In 1908, Was geschah vor 110 Jahren, Zeitgeschehen

Königsmord in Portugal

Monat Februar begann dramatisch – ein (gelungenes) Attentat auf den portugiesischen König Carlos I. von Portugal (45) und seinen Sohn, Luiz Filippe von Portugal (21), beherrschte die Schlagzeilen. Was war passiert? Hier der Schauplatz des Verbrechens und der Originaltext aus der Sonntagszeitung:

„Als die königliche Familie über den Platz fuhr, wurde der König und der Kronzprinz hinter der Baumallee im Wagen erschossen. Der auf unserem Bilde eingezeichnete Pfeil bezeichnet die Richtung, in der die Unglücksstelle liegt. Die Leiche des Königs und der tödlich verwundete Kronprinz wurden nach dem links von der Landungstreppe gelegenen Marinearsenal gebracht, wo auch der Kronprinz bald darauf verstarb. Das Ministerium und die Wohnung des inzwischen zurückgetretenen Ministerpräsidenten Franco, dessen waghalsige Politik zu der Katastrophe führte, befinden sich hinter der Baumreihe in der Mitte unseres Bildes.“

Carlos, der I. der übrigens aus dem portugiesischem Zweig des Hauses Sachsen-Coburg stammte, regierte das Land seit 1889, jedoch wuchs der Widerstand gegen sein Regiment: Die wirtschaftliche Lage des Landes war angespannt, 1891 hatte es schon einen Staatbankrott gegeben. Sicherlich keine guten Voraussetzungen, um sich das eigene Einkommen von 2 Millionen auf 3 Millionen Mark zu erhöhen, weil man mit den 2 Millionen nicht auskam. Und das bei nur fünf Millionen Einwohnern, welches das Königreich dazumal zählte. Dazu hatte er ohne die Zustimmung der Kammer die Verfassung außer Kraft gesetzt. Die Kammer forderte ihn vergebens auf, die zu viel erhobenen Gelder an die Staatskasse des armen Landes zurückzuzahlen.

In den Wochenblättern wird als Hauptschuldiger des Desasters aber nicht der König selbst, wie wir nach dieser Story zunächst vermuten würden, sondern der von ihm eingesetzte  Ministerpräsident Franco genannt.

Nachdem Francos zunächst moderate Politik gegenüber den republikanischen und sozialistischen Strömungen nicht den gewünschten Erfolg brachte, schaltete er auf eine harte Gangart um und verfolgte die Republikaner durch Pressezensur und sogar Deportation in die Kolonien. Mit dem Resultat, daß der Zustrom für die Republikaner und der Hass auf die Monarchie nur noch grösser wurde. Der Konflikt gipfelte in dem Attentat. Über die Attentäter und deren Hintermänner ist wenig bekannt, klar ist aber, dass sie aus dem republikanischem Lager kamen. Wen die Geschichte des Attentats noch näher interessiert, hier ist sie ausführlich nachzulesen.

Die Sonntagszeitung charakterisiert die königliche Familie so:

 Der König, der deutschfeindliche Gesinnungen huldigte, hat zwar schwere politische Fehler begangen, doch war er im Grunde seines Herzens ein gutmütiger Lebemann, der an geistiger Regsamkeit seiner edlen hochintelligenten Gattin zwar nicht gleichkam, der aber nichts Tyrannisches an sich hatte.

Bemerkenswert ist die Darstellung der Gattin, Königin Amalie von Portugal, als eigentliches „Brain“ der Familie, die übrigens auch beim Attentat als Heldin dastand. Sie war auch in der Kutsche und

„…erhielt einen Streifschuß, als sie in hingebungsvoller Mutterliebe ihren tödlich verwundeten ältesten Sohn mit ihrem Körper deckte“. (O-Text Sonntagszeitung)

Amalie, eine geborene Prinzessin von Frankreich, „gilt als eine sehr begabte Frau. Sie hat ein regelrechtes medizinisches Studium hinter sich und besitzt den Doktorgrad“. So hieß im Artikel der Sonntagszeitung, weitere Belege dafür konnte ich aber nicht finden, als ich diese Aussage nach dem Hinweis von Historiker Christian Sepp (danke!) noch einmal nachgeprüfte.

Laut Sonntagszeitung hatte sie ihr beherztes Handeln hatte sie schon vorher unter Beweis gestellt: Die Königin erhielt seinerzeit die Rettungsmedaille, als sie mit eigner Lebensgefahr einen Knaben vom Tode des Ertrinkens gerettet hatte.“ steht weiter unter ihrem Bild.

Sowohl ein abgeschlossenes Medizinstudium als auch die Lebensrettung wären auch heute willkommene Schlagzeilen für alle bunten Klatschblätter, die über den Hochadel berichten!

Bleibt noch zu ergänzen, daß der verbliebene jüngste Sohn Manuel II. dann mit 18 Jahre zum Thronfolger wurde. Die Sonntagszeitung beschreibt ihn so:

Der jetzige 18 Jahre alte König Manuel II., gilt als junger Mann von ernster Gemütsart, ohne aber die Intelligenz seines toten Bruders, des ermorderten Kronprinzen, zu besitzen.

Ob es nun allein an der Intelligenz lag, auch er konnte die Probleme des Landes nicht lösen und blieb nur zwei Jahre, bis zum Oktober 1910 im Amt. Dann wurde die Republik ausgerufen und mit seiner Herrschaft endete die 771-jährige Monarchie in Portugal.

Auch Frauen rodeln (nicht nur der Kronprinz…)!

Hier lassen wir einfach den O-Text mit Bild für sich sprechen:

Eine deutsche „Damen-Mannschaft“ beim Rodeln, dem jetzt so allgemein beliebten Wintersport

„Vor einigen Jahren noch galt das Rodeln (oder engl. Bobsleighfahren) für ein besonderes Vorrecht der Herren, und besonders der Engländer. Das ist jetzt anders geworden. Auf den bekanntesten Rodelbahnen in der Schweiz, im Harz und in Thüringen sieht man jetzt auch Damen diesem gesunden Sport, zu dessen leidenschaftlichen Freundinnen die deutsche Kronprinzessin gehört, huldigen.“

Eine neue Einrichtung: ein lautsprechendes Telefon im Reichstag

Hier die originale Bildunterschrift aus der Sonntagszeitung:

 

„Eine interessante Einrichtung im deutschen Reichstag ist ein lautsprechendes Telefon (rechts oben auf dem Bilde), das in den Nebenräumen des Reichstags angebracht ist. Es gibt die im Reichstag gehaltenen Reden laut und deutlich wieder. – Mit Hilfe dieses lautsprechenden Telefons ist es jetzt den nicht im Sitzungssaal befindlichen Reichstagsabgeordneten, die sich in den Beratungszimmern ihrer Partei usw. aufhalten, möglich, den Gang der Debatten genau zu verfolgen und zu der Abstimmung schnell im Saale zu erscheinen. Von besonderem Nutzen ist diese Einrichtung auch für die Zeitungsberichterstatter der Reichstagsverhandlungen. Die Journalisten können jetzt auch in ihrem Arbeitszimmer oder auch in dem Erfrischungsraum des Reichstags den Verlauf der Sitzung verfolgen und bei besonders wichtigen Reden sofort in den Sitzungssaal eilen. Der Aufnahmeapparat ist in unauffälliger Weise dicht in der Nähe des Rednerpultes im Reichstagssaale angebracht.“

Der erste weibliche Berufstaucher

kam aus Liverpool und war die Tochter eines Tauchers. Ihr Name: Catherine Dare. Ihre erste Mission: die Bergung eines versunkenen Schiffes.

Dazu steht:

Miß Catherine Dare aus Liverpool, die Tochter eines Tauchers, hat so viel Gefallen an dem Beruf ihres Vaters gefunden, dass sie sich als Taucherin ausbilden ließ. Sie nahm kürzlich zum ersten Mal an der Bergung eines gesunkenen Schiffes teil. Die Liverpooler Bergungsgesellschaft war mit Ihren Erfolgen so zufrieden, dass sie ihr zu Ehren ein Fest veranstaltete. Als ein neuer Frauenberuf ist diese Tauchertätigkeit allerdings nicht anzusehen und auch nicht zu empfehlen, denn diese Arbeit ist eine sehr schwere, die außerordentliche Anforderungen an Körper und Nerven stellt. Der vorliegende Fall ist eine Ausnahme, und der Mut der Miß Dare, sich diesem gefahrvollen Beruf zu widmen, ist deshalb nur umso höher einzuschätzen.

Karneval

fand auch schon 1908 statt: Rosenmontag 1908 war zwar erst Anfang März, aber der Karneval begann im Februar!

Wer mehr über damalige Kostüme und Bräuche wissen möchte, schaut sich diesen Artikel an.

Wenn Ihr Fragen habt, schreibt mir gerne! Ich freue mich über jeden Kommentar (besonders ?)

Herzlichst

Eure Grete

Hier geht es zur Februar-Ausgabe der Rubrik für 1909 und 1911

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