Was geschah im Oktober 1909?

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Für alle Neulinge, welche die Rubrik noch nicht kennen, gibt es hier eine Einführung dazu.

In Sachsen wird gewählt – nach neuem Wahlrecht!

Denn gegen das alte Wahlrecht, auch „Dreiklassenwahlrecht“ genannt, hatte es schon jahrelang starke Proteste gegeben. Eingeführt 1896, verrät schon der Name: bei diesem Wahlrecht wurden Wählerstimmen unterschiedlich gewichtet, d.h. die Stimmen von Wählern mit geringem Einkommen zählten weniger als der Wähler mit hohem Einkommen –vereinfacht erklärt. Und so kam es, dass die aufstrebende sozialdemokratische Partei in Sachsen, die 1895 noch 14 Sitze in der „Zweiten Kammer“ (so hieß in Sachsen das Unterhaus) bekamen, bis 1901 alle ihre Stimmen an die konservativen Parteien verloren. Ab 1905 hatten sie dann immerhin wieder 1 Sitz.

Dass dies aber nicht dem Wählerwillen entsprach, zeigte die Reichstagswahl von 1903 – dort gewannen die Sozialdemokraten in Sachsen von 23 Wahlbezirken 22! Auf einmal wurde Sachsen zum „Roten Königreich“! In diesem Reich gingen dann 1905 die Arbeitnehmer in vielen Städten auf die Straße und protestierten gegen das ungerechte Wahlrecht. Der Druck auf die Regierung stieg und man beschloss eine Reform, die allerdings erst bis 1909 umgesetzt wurde. Tja, die Umsetzung ist das Entscheidende und die kann dauern – manchmal gewollt. Kommt uns bekannt vor, oder?

1909 wurde dann aber schließlich ein neues Wahlrecht beschlossen, welches Pluralwahlsystem genannt wurde. Wirklich unkomplizierter war es nicht, die Wähler (ja Wähler, denn Frauen durften auch in Sachsen bis 1909 noch nicht wählen) hatten zwei bis vier Stimmen, vier hatten die mit dem höchsten Einkommen oder Grundbesitz, dazu gab es eine Stimme für über 50-jährige und auch einjährige Freiwillige hatten eine Stimme mehr.

Also eine Reform mit vielen Kompromissen, Sonderregelungen etc. – auch das kommt uns bekannt vor, oder?

Wie wirkte sich nun das neue Wahlrecht auf die Zusammensetzung der zweiten Kammer aus? Das erzählt die Sonntagszeitung in ihrem Bericht:

Die Wahlen zum sächsischen Abgeordnetenhause haben der konservativen Partei schwere Verluste gebracht. Während die konservativen Abgeordneten im letzten Landtage über 47 Sitze verfügten, sind sie im neuen Landtage nur mit 30 Stimmen vertreten. Die Nationalliberalen haben 28 Sitze (früher 31), die Freisinnigen 8 (früher 3) und die Sozialdemokraten jetzt 25 (früher nur 1 Sitz)…

Der neue Präsident, Dr. Vogel, gehört der nationalliberalen Partei an, während der Vizepräsident der konservativen Partei angehört.

Die Sozialdemokraten waren also die Wahlgewinner – nicht völlig überraschend!

Wer jetzt alles noch detaillierter wissen will, ein Artikel über das Wahlrecht in Sachsen erscheint in Kürze. Unterstützt hat mich dabei der kanadische Professor James Retallack aus Toronto, der ein ausgewiesener Experte auf diesem Gebiet ist.

Internationales Ballonwettfliegen in Zürich: Gordon-Bennett-Cup

Ein imposantes Bild, oder? Ballonfliegen – die Welt aus der Vogelperspektive, das hat etwas von Schweben, Leichtigkeit und Ruhe.

Im Text der Sonntagszeitung heißt es dazu:

Der Kampf um den Gordon-Bennett-Preis führte die Elite der Luftschiffer aller Länder zusammen. Von den achtzehn Ballons, die sich an dem Weitfluge beteiligten, erhielt der Ballon „Hessen“ des Frankfurter Vereins mit einer Fahrt von 455 Kilometern den ersten Preis.“

Seit 1906 gibt es das Rennen. Und das bis heute! Denn es wird bis heute jährlich ausgetragen – Unterbrechungen gab es nur während der Kriege und eine längere nach dem 2. Weltkrieg –danach wurde das Rennen erst 1983 wieder aufgenommen.

Initiiert wurde es von dem amerikanischen Zeitungsverleger James Gordon Bennett junior. Er war zwar kein Ballonflieger, aber ein Sport-Enthusiast, der davor schon Preise für Segel- und Autorennen gestiftet hatte. Bei dem Rennen geht es darum, wer mit seinem Ballon die längste Strecke zurücklegt. Jedes Land darf dabei mit drei Teams an den Start gehen. Ausrichter ist das Land des jeweiligen Gewinners des vorletzten Jahres, welches dann auch den Austragungsort bestimmt. 1908 war es übrigens Berlin gewesen, einige Bilder sind von diesem Rennen (da darüber mehr berichtet wurde).

In Verlauf der vielen Jahre, in denen das Rennen stattfand, passierte so einiges:

So flogen z.B. 1910, als das Rennen in St. Louis (USA) stattfand, die Sieger-Piloten des US-Teams eine Strecke von 1887 km und landeten in den kanadischen Wäldern nördlich von Quebec. Vier Tage waren die beiden Piloten zu Fuß unterwegs, um wieder bewohnte Gebiete zu erreichen! Die Drittplatzierten Deutschen Hugo von Abercron und August Blankerz waren gar zehn Tage in den kanadischen Wäldern verschollen – ihr Ballon wurde erst drei Monate später von Inuit gefunden. Der längste Flug überhaupt betrug 3400 km, geflogen von den Belgiern Siméons und Berben beim Cup 2005, die längste Zeit im Ballon wurde mit 92 Stunden von den zwei Deutschen Eimers und Landsmann geflogen –fast vier Tage waren sie mit dem Ballon nonstop unterwegs! Wer sich den Fahrtbericht dazu anschauen möchte, kann das hier tun.

Wilhelm Eimers knackte übrigens noch einen weiteren Rekord – den mit den meisten Teilnahmen – er war schlappe 26 Mal beim Gordon-Bennett-Rennen dabei!

Auch Tragisches geschah während der Wettfahrten – ein Ballon mit zwei Amerikanern wurde 1995 von Weißrussland abgeschossen, da er unerlaubt die Grenze passiert hatte. Wahrscheinlich schliefen die Fahrer oder waren nach dem dreitägigen Aufenthalt im Ballon sehr erschöpft bzw. bewusstlos, so dass sie nicht auf die Signale reagierten.

Ein weiterer Ballon mit US-Fahrern geriet beim Rennen 2010 in eine Gewitterfront und stürzte ab.

Übrigens sagen „die Records“ des Ballonrennens etwas anderes zum Jahr 1909 als unsere Zeitungsmeldung. Als Sieger werden das amerikanische Ballonteam Mix und Russel genannt, mit einer Flugdistanz von immerhin 1121 km. Sie landeten in Polen. Ob bei der Meldung der Wunsch Vater des Gedankens war, dass Deutsche gewinnen sollten? Das deutsche Team Bröckelmann/Kempken landete mit 753 km immerhin auf Platz 6.

Maler Hans Thoma wird 70

Der berühmte Maler Professor Hans Thoma vollendete sein siebzigstes Lebensjahr“ steht unter dem Porträtbild, was in der Sonntagszeitung erschien und weiter:

Thoma ist ein Kind des Schwarzwaldes, und den Stoff zu vielen seiner Bilder hat er aus seiner Heimat geschöpft. Aber nicht nur Landschaftsmaler ist er, seine Kunst umfaßt auch alle anderen Gebiete der Malerei. Eine tiefe Innerlichkeit und poetische Auffassung zeichnen seine Werke aus.

 Das ist in der Kürze recht gut getroffen. Ein wesentlich ausführlicherer Artikel erschien in der Zeitschrift „Daheim“ zum gegebenen Anlass. Dort wird besonders das regionale Element seiner Bilder betont „…er ist über seinen deutschen Schwarzwald nie hinweggekommen“ heißt es im Text. Tatsächlich stammte Thoma (1839 – 1924) aus dem Schwarzwaldort Bernau und wuchs dort in einfachen Verhältnissen auf. Sein Talent erkannte man an der „frischgegründeten Bernauer Zeichenschule“ – sein Besuch an der Großherzoglichen Kunstschule in Karlsruhe wurde von dortigen „Gönnern“ wie es im Text heißt, unterstützt bzw. ermöglicht.

Verkannt wurde und wird oft, dass Thoma seinen Stil auf verschiedenen Stationen entwickelte: So lebte er eine Zeitlang in Basel und Düsseldorf sowie in Paris, wo ihn die Bilder von Gustave Courbet beeindruckten. Auch in der damaligen „Kunsthauptstadt“ München lebte er von 1870-1876 und reiste von dort mehrfach nach Italien.

Er war mit dem Maler Arno Böcklin befreundet und stand verschiedenen Künstlerkreisen wie dem „Leibl-Kreis“ und später der Kronberger Malerkolonnie nahe. Denn bevor er 1899 Professor an der Kunstschule in Karlsruhe wurde, hatte er noch einige Jahre in Frankfurt und danach im nahen Kronberg gelebt. Bis 1920 blieb er Professor in Karlsruhe – den Höhepunkt seiner Beliebtheit erreichte er jedoch vor dem 1. Weltkrieg.

Heute werden vor allem seine Landschaftsbilder und seine Porträts geschätzt und auch weiterhin ausgestellt, z. B. 2013 im Frankfurter Städel in einer großen Retrospektive „Hans Thoma – Lieblingsmaler des deutschen Volkes“ – der Titel bezog sich auf die Beschreibung Thomas in Meyers großem Konversationslexikon von 1909.

In seinem Heimatort Bernau gibt es das Hans-Thoma-Kunstmuseum, in dessen Dauerausstellung mehr als 50 Werke von ihm zu sehen sind. Die zwei gezeigten Bilder sind aus der Sammlung.

Die Frau des österreichischen Thronfolgers: Eine Fürstin wird Herzogin

Der Thronfolger des „greisen“ Kaiser Franz Joseph war sein Neffe Erzherzog Franz Ferdinand. Denn der gemeinsame leibliche Sohn mit Kaiserin Elisabeth „Sisi“, hatte 1889 Selbstmord begangen und der nächste Thronfolger, der zweitälteste Bruder des Kaisers, Karl Ludwig von Österreich, Vater von Franz Ferdinand, war 1896 verstorben.

Schon einige Jahre mischte er in der Politik mit, wenn auch nicht offiziell, und war z.B. auch mit Kaiser Wilhelm II. gut befreundet.

Für den regierenden Kaiser hatte er nur einen großen Fehler, dem dieser ihm nie verzieh: Er war unstandesgemäss verheiratet. Und zwar seit 1900 mit der Gräfin Sophie Chotek. Schon bei der Hochzeit waren als Zeichen der Missachtung dieser Ehe die Brüder von Franz Ferdinand nicht anwesend und auch weitere adelige Familienmitglieder aus den Reihen des Bräutigams fehlten – der europäische Hochadel sowieso. Immerhin ernannte Kaiser Franz Joseph Sophie zur „Herzogin von Hohenberg“. Sophie musste für sich und ihre künftigen gemeinsamen Kinder mit dem Erzherzog auf die Thronfolge verzichten. Am Hofe in Wien wurde sie als Frau zweiter Klasse behandelt, durfte z.B. nicht in der Hofloge im Theater sitzen oder bei der Parade in der Kutsche des Erzherzogs mitfahren. Ironischerweise wurde dann später eine gemeinsame Autofahrt mit ihrem Mann, dem Erzherzog zu ihrem Todesurteil. Zunächst wurde sie jedoch im Oktober 1909 nochmals mit einem Titel erhöht, wie die Sonntagszeitung erzählt:

Die Gemahlin des österreichischen Thronfolgers ist eine geborene Gräfin Chotek. Bei ihrer Vermählung im Jahre 1900 wurde sie zur Fürstin Hohenberg ernannt und hat jetzt den Titel einer Herzogin von Hohenberg erhalten. Sie steht im 42. Lebensjahre.

Viele gratulierten, u.a. auch Kaiser Wilhelm II.

Eine traurige Berühmtheit sollte das Paar einige Jahre später erlangen. Bei einem Besuch in Sarajewo wurde das Thronfolger-Ehepaar am 28. Juni 1914 Opfer eines Attentats – beide wurden auf der Fahrt durch Sarajewo in einer Wagenkolonne im Auto sitzend erschossen. Das Attentat gilt als Auslöser für den 1. Weltkrieg.

Aus dem Frauenleben:

Stella II: Das Präsidium des Luftschifferklubs Stella

Wir kommen noch einmal auf die Luftsportarten zurück und schauen zu den Aktivitäten der Damen! Der eine oder andere wird sich an die Juli-Ausgabe erinnern, in der wir die französischen Luftschifferinnen schon einmal vorstellten. Sie bleiben am Ball, äh Ballon – hier ein weiteres Foto, dieses Mal vom Präsidium. Das ist dann aber leider auch schon der ganze Text zum Bild. Die Säckchen vor bzw. zwischen den Damen sind übrigens keine Proviantbeutel für den Ballonflug, sondern Gewichte, die den Ballon, vor dem sie posieren, beschweren, dass er nicht davon fliegt.

Eine weibliche Forschungsreisende: Mrs. French Sheldon – die Erste in der Königlich Geographischen Gesellschaft zu London

Wie (fast) immer gibt es wieder eine „Erste“ zu feiern, dieses Mal ist es die Afrika-Forscherin Mary French Sheldon (1847-1936). Die Sonntagszeitung erzählt in ihrem Artikel zum Bild:

Die Engländerin Mrs. French Sheldon machte bereits als Mädchen von 16 Jahren eine Reise um die Welt. Die Eindrücke, die sie hier gewann, wirkten so mächtig auf sie, daß sie ihr ferneres Leben der Erforschung unbekannter Länder zu widmen beschloß. Seitdem ist sie fast unausgesetzt auf großen Forschungsreisen gewesen. Eine ihrer Reisen führte sie in das Kongogebiet und nach Liberia, und das Buch, das sie über diese bis dahin noch wenig bekannten Länder Afrikas veröffentlichte, erregte solches Aufsehen in wissenschaftlichen Kreisen, daß die Königlich Geographische Gesellschaft zu London sie zum Mitgliede ernannte.

Ein paar Ungenauigkeiten sind im Bericht dabei, eine davon: Sie war nicht Engländerin, sondern Amerikanerin, lebte allerdings schon seit 1876 in London, wohin sie mit ihrem Ehemann, einem Banker, gezogen war. Er starb schon 1892. Ob sie die allererste Frau in der Society war, ist fraglich, aber in jedem Fall einer der ersten fünfzehn.

Mary war eine Tochter fortschrittlicher Eltern: ihre Mutter praktizierte als eine der ersten Ärztinnen in den USA, ihr Vater war Ingenieur und Mathematiker. Sie „durfte“ in Italien Medizin studieren, übte diesen Beruf jedoch nie aus, da sie sich viel mehr für Ethnologie und Geographie interessierte. Angeregt von einem Freund der Familie, Henry Morton Stanley, seines Zeichens Afrikaforscher und Buchautor, zog es sie nach Ostafrika. Mary schaffte es, eine mehr als hundertköpfige Expedition zusammenzustellen, welche sie leitete. Die meisten der Expeditionsteilnehmer waren afrikanische Einheimische, die sie dort rekrutiert haben muss. Die Reise führte von Mombasa bis an den Kilimandscharo. Sie sammelte vielfältige Informationen über die verschiedenen dort lebenden Völker und betrieb geologische und geographische Studien. Dabei nutzte sie auch das recht neue Medien Fotografie.

In ihrem Buch „Sultan to Sultan“, dass sie nach ihrer Expedition veröffentlichte und welches zum Bestseller avancierte, sind viele Fotografien zu finden – es ist hier als pdf-Download zu finden. Mary Sheldon sah und behandelte die afrikanischen Ur-Einwohner mit Respekt, wie auch in ihrem Vorwort zum Buch deutlich wird, in dem sie sich von den brutalen Methoden der Kolonialisierung distanziert. 1903 fuhr sie wiederum nach Afrika, dieses Mal nach Belgisch-Kongo. Über ihre späteren Lebensjahre ist wenig bekannt – sie starb 1936 in London.

Ein Harem geht auf Tournee

Frage: Was machen die Damen eines Harems, wenn ihr Sultan abgesetzt wird? Antwort: Sie gehen auf Tournee! So erzählt es jedenfalls die Sonntagszeitung zum obigen Bild:

In Konstantinopel haben sich nach der Auflösung des Harems des abgesetzten Sultans Abdul Hamid einige seiner Favoritinnen zu einer internationalen Tournee zusammengetan, auf der sie in allen größeren Städten die im Serail üblichen Tänze aufführen.

Harem – wegen seiner Abgeschlossenheit ein sagenumwobener Ort, welcher der Phantasie freien Lauf lässt. Und deshalb kann ich mir vorstellen, dass die Tournee ein Erfolg wurde!

Über die Absetzung des Sultans Abdul Hamid hatten wir übrigens in der Mai-Ausgabe dieses Jahres berichtet. In jedem Fall haben die Damen zwei Aufpasser dabei, wie das Bild zeigt – ihre Eunuchen?

Kuriose Kurznachrichten:

Der größte Drachen der Welt will nicht kämpfen

In Zeiten von „Games of Thrones“ denkt man bei Drachen zunächst an die speienden Ungeheuer. Aber wie das Bild schon zeigt, es geht um das Fluggerät Drachen. Aus meiner Kindheit sind mir noch die Bilder im Kopf, insbesondere von den auf und ab rennenden Vätern, die mehr oder weniger geschickt die Drachen zum Steigen brachten (die Kinder gaben meist nach kurzer Zeit auf).

In Philadelphia hatten ein paar Jugendliche den Ehrgeiz, den grössten Drachen der Welt zu bauen. Was ihnen gelang. Aber konnte der Riesendrachen auch fliegen? Sie wurden von einem anderen Drachenerbauer zu einem Wettkampf mit seinem (nicht ganz so großen, aber besser konstruierten) Drachen aufgefordert. An einem „Kampf“ mit anderen Drachen wollten sie jedoch nicht teilnehmen, wie die Gartenlaube zum Foto erzählt. Wahrscheinlich, weil fraglich war, ob das riesige Gerät dann auch wirklich in der Luft segeln konnte.

„Diese Angelegenheit hat nun doch zu einem Ergebnis geführt, und zwar zu einem „Drachenwettfliegenkongreß“, der demnächst in Philadelphia stattfinden wird.“

heißt es im Artikel. Klingt alles nach einem Aprilscherz, steht aber in einer Oktober-Ausgabe von 1909. Ob der Kongress jemals stattfand, ist nicht überliefert, aber ich überliefere Euch noch den Schluss des Artikels:

Ob und wer unter diesen Erfindern die Weltmeisterschaft erringen wird, bleibt abzuwarten. Als feststehend kann jedoch jetzt schon gelten, daß die männliche Jugend von Philadelphia über viel freie Zeit verfügt.

Ein Radrennen im Zoo – Grete gewinnt!

 

Wahrscheinlich lag es nicht am Namen, aber tatsächlich gewann das kleine Radrennen im Kopenhagener Zoo meine Namensvetterin – die Schimpansin Grete! Die Gartenlaube erzählt dazu:

Den außergewöhnlichen Dressurfähigkeiten der Schimpansen ist es zuzuschreiben, daß diese für gewisse Betätigungen sehr veranlagten Tiere in Attraktionen der Zirkusse und Schaustellungen ihre Verwendung fanden. In der nunmehr aufgelösten riesigen „Show“ von Barnum und Baley z.B. erregte ein weiblicher Schimpanse namens „Johanna“ ein Interesse, das an Aufsehen grenzte. Diese junge Affendame, in allen häuslichen Arbeiten erfahren, wusch, kehrte, putzte den Raum, in dem sie sich befand, auf das sorgfältigste, um nach getaner Arbeit auch peinlich sauber Toilette zu machen. Dieses Ankleiden erregte die Lachlust der Zuschauer im gleichen Maße wie der Anblick der im Berliner Zoologischen Garten residierenden Kameruner Schimpansin „Missie“, die mit Leidenschaft Kaffee trinkt, den sie sich selbst eingießt und dazu Zigaretten raucht, zu denen sie sich persönlich ein Streichholz entzündet. Schimpansen als Radfahrer haben wir in den letzten Jahren innerhalb der Manege oft bewundern können. Sie in eine Art Wettbewerb mit den Menschen zu bringen, ist den Dänen vorbehalten geblieben, die kürzlich im Kopenhagener Zoologischen Garten ein Radrennen zwischen Kidner und dem Schimpansen „Grete“ inszenierten, bei dem wohl der Affe als Sieger hervorging.

Heute ist das alles eher verpönt, Tiere werden nicht mehr in Kostüme gesteckt und keiner würde Schimpansen Kaffee oder Zigaretten geben – wobei „Missie“ ja anscheinend beides vertrug. „Missie“ war übrigens wirklich eine Berühmtheit und ein Liebling der Besucher des Berliner Zoos, der sogar ein Denkmal gesetzt wurde. Seit 2014 steht es im Treppenhaus der Eingangshalle der alten Nationalgalerie, im 2. Weltkrieg war es zunächst verschollen.

Es ist nicht als Entschuldigung gemeint, aber es war eine andere Zeit. Zirkusse feierten große Erfolge und in Sensations-Shows wurden gleichfalls Tiere und auch Menschen mit Absonderlichkeiten (brrr) ausgestellt. Das Wettrennen mit Grete (die natürlich auch in ein Outfit gesteckt wurde) und den Kindern finde ich allerdings harmlos.

Ich wünsche Euch einen sonnigen Oktober mit vielen bunten Blättern. Lasst einen Drachen steigen (es muss ja nicht gleich der größte der Welt sein), geht mal wieder in den Zoo – auch wenn Ihr dort heute garantiert keinem kaffeetrinkenden Schimpansen mehr begegnet oder unternehmt eine Radtour in die herbstliche Natur.

Und die ganz Mutigen unternehmen eine Ballonfahrt und schauen sich die Welt aus der Vogelperspektive an – das Landungsziel sollte aber vorher eingeplant werden, denkt an den Rückweg!

Herzlichst

Eure Grete

PS: In kurzen Artikeln (ja, so schwer es mir fällt) auf Facebook erzähle ich von fast vergessenen Berufen, Malweibern, wie die Müllabfuhr damals funktionierte oder eine Autofahrt ablief (recht abenteuerlich) – immer mit Bildern. Schaut doch mal vorbei und wenn Euch das gefällt – abonniert meine FB-Seite und verpasst keinen Post 🙂

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