Der Schlafwagendiener (Suzette Mayr)
Der Schlafwagendiener
Inhalt:
Kanada Ende der 20er Jahre. Baxter, ein junger Mann, Ende 20, schwarz und arm, hat einen Traum: Er möchte Zahnarzt werden! Dafür nimmt er viel in Kauf – denn das Geld für das Studium muss er sich mühsam zusammensparen. Sein Job: Schlafwagendiener. Er begleitet die mehr oder weniger betuchten weißen Passagiere bei den tagelangen Reisen, z.B. von Toronto nach Winnipeg (2 Tage und Nächte) oder von Montreal nach Vancouver (3 Tage, 4 Nächte geplant).
Wir sind direkt bei seiner Arbeit dabei, ob beim Schuheputzen oder Getränke servieren. Dabei erlebt man als Leser die oft arroganten und anspruchsvollen Gäste, die immer freundlich behandelt werden wollen – und von Baxter und den anderen allesamt schwarzen Dienern auch behandelt werden, denn das Trinkgeld ist ein wichtiger Bestandteil ihres Lohns, auf den sie nicht verzichten können. Zumal sie für Fehler oder Beschwerden seitens der Fahrgäste, ob sie nun daran Schuld haben oder nicht, Strafpunkte kassieren, die bei einer gewissen Höhe zur Kündigung führen. Vom anstrengenden Alltag der Schaffner wird ungeschönt erzählt, und zwischendurch auch von Baxters Homosexualität, die er bei schnellen Begegnungen mit fremden Männern auslebt.
Wir erleben den damals normalen Rassismus des Alltags unmittelbar mit und durch Baxters Brille auch die verschiedenen Gäste und ihre Schicksale, die nur skizziert werden: ob der berühmte Schrifsteller, der inkognito reist, die gutsituierte Mutter mit ihrer Tochter, die auf der Fahrt erfährt, dass sie ihr Verlobter, zu dem sie auf dem Weg ist, sie verlassen hat oder die Oma und ihre Enkelin, die unterwegs zu deren Vater sind, weil die Mutter des Kindes kürzlich verstorben ist.
Bei der zweiten, langen Zugfahrt, die detailliert beschrieben wird, kommt es zu einem außergewöhnlichen Ereignis, was die Spannung erhöht und Baxter an seine Grenzen bringt. Am Ende kommt der Zug in Vancouver an, die Zuggäste verabschieden sich und geben Trinkgeld oder auch nicht… Wie ihr und Baxters Leben weitergehen wird, bleibt offen. Mit einer schönen Szene endet der Roman – oft sind es die einfachen Dinge, die im Leben zählen.
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Gretes Fazit
(für alle, die…mögen) :
+ realistisch ungeschönte Erzählweise und Beschreibung
+ Schilderungen verschiedener persönlicher Schicksale aus vergangenen Zeiten
+ Einblick in den Alltag schwarzer Beschäftigter in den 20er Jahren
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Über die Autorin
Suzette Mayr, geboren 1967, hat für ihre sechs bisher erschienenen Romane bereits mehrere Preise erhalten. 2022 wurde sie für »Der Schlafwagendiener« mit dem renommiertesten kanadischen Literaturpreis, dem Giller Prize, ausgezeichnet. Mayr unterrichtet Kreatives Schreiben an der Universität von Calgary.
Der Roman ist im Wagenbach Verlag erschienen.
Bisher vorgestellten historischen Romane findet Ihr hier – die Handlungen sind in unterschiedlichen vergangenen Zeiten angesiedelt, beginnend vom Anfang des 19. Jahrhundert.