Die Teehändlerin (Susanne Popp)
Die Teehändlerin (Die Ronnefeldt-Saga Teil 1) – ein historischer Roman von Susanne Popp
Firmengeschichte aus persönlicher Perspektive – in der 3-teilig angelegten Saga wird die Geschichte der Firma Ronnefeldt erzählt. Hauptperson ist dabei nicht der Gründer Tobias Ronnefeldt selbst, sondern seine Ehefrau Frederike. Die beiden führen eine glückliche Ehe und haben am Anfang der Handlung im Frühjahr 1838 vier gemeinsame Kinder. Susanne Popp beschreibt ihr bürgerliches Leben im Frankfurt des 19. Jahrhunderts.
Es ist viel Lokalkolorit dabei, authentische Ereignisse und Personen werden geschickt in die Handlung eingeflochten.
Tobias Ronnefeldt möchte nach China reisen – eigentlich schlägt ein Forscherherz in ihm und natürlich möchte er auch die Eigenheiten der Teepflanzen studieren – vielleicht kann man sie sogar in Europa anbauen, was vieles erleichtern würde…
Frederike steht dem Vorhaben mit gemischten Gefühlen gegenüber. Sie hat Angst, dass ihm während der recht gefährlichen Reise etwas passiert und ihr ist vor seiner längeren Abwesenheit ziemlich bange. Zumal sich wieder Nachwuchs ankündigt.
Im ersten Teil lernt man neben dem älteren Bruder von Tobias, Nicolaus, der ein begnadeter Schreiner ist, auch die Familie von Friederike kennen. Ihre Eltern sind brave Bürgersleute, ihre beiden Schwestern Käthchen und Mina noch unverheiratet. Doch während eines Besuchs einer Freundin in Bonn lernt die ältere, Käthchen, Ambrosius kennen, Sohn eines Gutsbesitzers, der eigentlich lieber Dichter geworden wäre…Allerdings stehen einer ernsthaften Verbindung fast unüberbrückbare Hindernisse im Wege.
Bei Friederike selbst kommen während der Abwesenheit von Tobias gleichfalls Gefühle für einen anderen Mann auf, der ihr mehrfach hilfreich zur Seite steht und nicht nur gut aussieht, sondern auch einen aufrichtigen Charakter hat…So aufrichtig, dass beide ihren Gefühlen widerstehen können?
In mehreren Handlungssträngen, die aber übersichtlich gestaltet sind, verfolgen wir die unterschiedlichen Schicksale, ob Tobias bei seiner Reise in China, von der er übrigens noch im ersten Band zurückkehrt, Frederikes Kampf mit dem Teegeschäft, bei dem sie trotz fehlender Kenntnisse geschickt agiert und welches ihr eigentlich Spass macht, sowie der Schwester Kätchen und Tobias Bruder Nicolaus, die beide unter ungeklärten Liebesverhältnissen leiden und deshalb in Schwierigkeiten kommen.
Als böses Element macht der Familie der korrupte Taugenichts Julius Mertens das Leben schwer, der aufgrund eines Notfalls von Tobias als Prokurist angestellt wird, aber auf eigene Rechnung arbeitet. Ob ihm sein Handwerk gelegt werden kann, welche Probleme nach Tobias Rückkehr auftauchen und wie es mit Frederikes Schwester Käthchen weitergeht, erzählt Susanne Popp spannend und anschaulich im ersten Band…
Textauszug (S. 84-92):
…
»Aumüller, Oberrad – kommt da nicht dein Dienstmädchen her? Wie heißt sie noch gleich?«, fragte ihre Mutter.
»Sophie.«
»Sophie, natürlich. Aus irgendeinem Grund kann ich mir den Namen nicht merken. Ein Glashaus haben die, soso, ganz schön exklusiv.«
»Es ist eben ein großer Hof.«
»Ich frage mich ja immer, wie du mit nur einem Mädchen hinkommst. Soll Papa deswegen mal mit Tobias reden?«
Jetzt fing ihre Mutter auch noch davon an, dachte Friederike. Warum musste sich ihre Familie bloß immer in alles einmischen? Von Käthchen ließ sie sich das ja noch eher gefallen, doch bei ihrer Mutter hörte es sich einfach zu sehr nach Standpauke an. »Nein, um Gottes willen«, widersprach sie. »Solche Dinge regele ich lieber selbst. Ich muss dich wirklich bitten, nichts deswegen zu sagen, weder zu Papa noch zu meinem Mann. Versprichst du mir das?«
»Schon gut, schon gut. Aber warum wehrst du dich denn so dagegen?«
Da hatte ihre Mutter allerdings recht, denn eigentlich wusste Friederike das selbst nicht so genau. Seitdem Tobias bei Herrn von Senftleben in der Bank gewesen war, schienen auch die Geldprobleme endlich gelöst zu sein. Senftleben hatte großzügig in Tobias’ Reise investiert. Sie hatte ihrem Mann seine Erleichterung deutlich angemerkt.
»Ich komme eben mit meiner Sophie gut zurecht – und die Kinder lieben sie. Bis jetzt hatte ich nie das Gefühl, dass es mir zu viel wäre«, antwortete sie.
»Ich empfehle dir ja auch nicht, sie zu entlassen – obwohl, wenn du mich fragst, nimmt sie sich oftmals ein bisschen zu viel heraus.
Wie auch immer, ich empfehle dir jedenfalls unbedingt, dir noch eine Magd anzuschaffen. Schon allein diese Wasserschlepperei bei euch«, sagte ihre Mutter kopfschüttelnd.
Friederike bezweifelte mittlerweile, dass ihre Mutter vorhin wirklich Sophies Namen vergessen hatte, denn Wilhelmine Kluge war nun bei einem ihrer Lieblingsthemen angelangt – Litaneien über Dienstboten. Wenn sie nicht ihre eigenen ins Visier nahm, dann eben die der anderen. Friederike mochte ihr Dienstmädchen und musste sich jetzt beinahe auf die Zunge beißen, um ihrer Mutter nicht allzu unhöflich zu widersprechen. Sophie war fünfzehn Jahre alt und stammte aus eben jener kinderreichen Bauernfamilie in Oberrad, wo sie auch die Erdbeeren herhatten. Sie war jetzt seit einem halben Jahr bei ihnen, und wie Friederike es sah, hatten sie großes Glück mit ihr gehabt. Sie war sehr geschickt mit allen Dingen, die den Haushalt betrafen, immer gut gelaunt und konnte sogar lesen, schreiben und rechnen. Friederike wusste, dass manche es gar nicht gerne sahen, wenn die Dienstboten zu klug waren. Aber sie empfand es als angenehm.
»Wo steckt eigentlich Papa?«, fragte sie, um endlich das Thema zu wechseln. Außerdem hoffte sie wirklich, dass er käme, um sie zu erlösen.
»Er hat sich hingelegt, aber er ist sicher gleich da, denn wir trinken um drei Uhr unseren Kaffee, wie du weißt. Du bleibst doch so lange? Kind, jetzt steh doch nicht so ungemütlich mitten im Raum herum.«
»Ja, ich bleibe gerne«, sagte Friederike betont freundlich, die nicht mitten im Raum, aber doch ans Fensterbrett gelehnt dastand. Sie zog ihr Umschlagtuch von den Schultern, legte es über eine Stuhllehne und ließ sich neben ihrer Mutter auf dem Sofa nieder.
»Seit wann schläft denn Papa mitten am Tag?«
»Dein Vater ist fünfundsiebzig. Was denkst du denn?«, antwortete ihre Mutter spitz, die selbst siebzehn Jahre jünger als ihr Mann war.
Es war nie wirklich einfach mit Mama, aber heute konnte Friederike ihr offenbar überhaupt nichts recht machen. Sie schloss kurz die Augen und atmete einmal tief durch.
»Trotzdem ist es etwas Neues, das musst du doch zugeben. Muss ich mir Sorgen um ihn machen?«
»Um wen willst du dir Sorgen machen? Doch nicht etwa um mich?«, ertönte da in ihrem Rücken die tiefe Stimme ihres Vaters. Erleichtert und erfreut drehte Friederike sich zu ihm um.
»Papa, ich habe dich gar nicht kommen hören.« Sie stand auf, um ihm einen Kuss auf die faltige Wange zu geben. Schon fünfund- siebzig, dachte sie, als sie ihn betrachtete. Ihr Vater war ein richtiger Methusalem. Doch weil er alles in allem noch sehr rüstig war, fiel es ihr normalerweise leicht, das zu ignorieren.
»Wie geht es deinem Mann? Ich habe ihn neulich Abend gesehen, beim Vortrag von diesem eingebildeten Rüppell«, sagte ihr Vater, während er es sich in seinem Lieblingssessel bequem machte.
»Ja, er hat mir davon erzählt«, sagte Friederike schmunzelnd. Zumindest teilten ihr Vater und ihr Mann offenbar ihre Abneigung gegen den großen Frankfurter Forscher, auch wenn sie sich sonst eher selten einig waren.
»Und hat Tobias auch das Angebot erwähnt, das ich ihm gemacht habe?«
»Welches Angebot?« Friederike hob fragend die Schultern und schüttelte den Kopf. Ihr Magen begann zu flattern. Was hatte Tobias ihr denn jetzt schon wieder verschwiegen? Über die Unterhaltung, die sie bei den Senftlebens unbeabsichtigt mit angehört hatte, hatte sie mit ihm auch immer noch nicht sprechen können. Es war offensichtlich, dass er ihr auswich und das Thema um jeden Preis meiden wollte.
»Na, das Angebot, Mühlens’ Platz in der ständigen Bürgerrepräsentation zu übernehmen. Der ist doch letzten Monat ganz plötzlich gestorben. Hattest du dir nicht immer einen solchen Posten für deinen Mann gewünscht?«
»Ja, schon«, gab Friederike zögernd zu.
»Die Gelegenheit ist günstig, die kommt womöglich so schnell nicht wieder. Das habe ich deinem Mann auch gesagt.«
»Nur der Zeitpunkt ist wohl eher ungünstig. Du weißt doch, dass Tobias gerade seine Reise plant.« Friederike sah ihren Vater misstrauisch an. Ihr schwante nichts Gutes. »Hast du Tobias etwa gesagt, dass ich das will?«, fragte sie alarmiert.
»Kann schon sein, dass ich so etwas erwähnt habe. Ich dachte, es sei in deinem Sinne.«
»Nein, das ist es ganz sicher nicht«, stellte Friederike richtig, und ihre Stimme zitterte nun beinahe vor unterdrückter Empörung. »Jedenfalls nicht so. Was soll Tobias denn jetzt von mir denken? Er wird glauben, dass ich ihm seine Reise nicht gönne.«
»Tust du das denn?«, fragte ihr Vater und legte damit den Finger in die Wunde. Sie spürte, dass ihr Magen heftiger flatterte. Wenn ihre Eltern auch noch erfuhren, dass sie glaubte, schwanger zu sein – und Tobias sogar davon wusste – würden sie gewiss einen regelrechten Aufstand machen.
»Selbstverständlich gönne ich es meinem Mann, sich endlich den Traum zu erfüllen, den er seit seiner Jugend träumt. Das hat er sich nämlich redlich und durch harte Arbeit verdient«, sagte sie und merkte, als sie diesen Gedanken aussprach, dass sie es tatsächlich so empfand. Sie wollte wirklich von ganzem Herzen, dass Tobias in dieser Reise seine Erfüllung fand und glücklich wurde. Das Einzige, was sie sich zudem noch gewünscht hätte, war, dass die Erfüllung seines Traums ihr eigenes Leben weniger stark beeinträchtigte.
Friederike blieb nicht zum Kaffee bei ihren Eltern, sondern schob vor, etwas vergessen zu haben, das dringend erledigt werden müsse, und machte sich sofort auf den Heimweg. Der Tag hatte kühl begonnen, doch nun war es erstaunlich warm geworden. Sobald sie vor der Tür stand, fühlte sie sich besser, obwohl sich die Schnurgasse nicht gerade durch frische Luft und Sauberkeit hervortat. Die wenigsten Straßen der Altstadt taten das. Immer wieder kam es vor, dass Abfälle einfach auf die Straße geworfen wurden und dort liegen blieben, ganz zu schweigen vom Pferdemist. Auch Nachttöpfe wurde gerne einfach aus dem Fenster auf die Straße entleert, und man konnte froh sein, wenn nur Urin darin war. Schlechte Gerüche gehörten somit leider zu den unangenehmen Begleiterscheinungen des Stadtlebens, zumindest des Altstadtlebens, und waren ein Grund dafür, warum viele der etwas wohlhabenderen Bürger, so wie auch ihre Eltern, es vorzogen, den Sommer in ihren einfacheren Landhäusern vor den Toren der Stadt zu verbringen. Selbst wenn sie weniger komfortabel waren, glichen die freie Natur und die blühenden Gärten das mehr als aus. Auch Friederike hatte die Sommer ihrer Kindheit und Jugend im Grünen verbracht.
Sie ließ sich Zeit mit dem Nachhauseweg, schlenderte langsam die Gasse entlang, grüßte nach links und nach rechts und dachte nochmals über die Worte ihrer Mutter nach. Wenn sie den Ärger darüber, dass sie sich in ihren Haushalt einmischte, einmal außen vor ließ, musste sie zugeben, dass sie nicht ganz falschlag mit ihrer Kritik – und Käthchen hatte ihr das ja auch schon gesagt. Ihr Haus war groß und schon allein dadurch gar nicht so einfach in Ordnung zu halten.
Sie musste daran denken, wie sie es zum ersten Mal gesehen hatte. Tobias gehörte es schon, bevor sie geheiratet hatten, und er hatte es ihr voller Stolz vorgeführt. Für sie war es keine Liebe auf den ersten Blick gewesen – und eigentlich wäre sie auch ganz gerne aus der Altstadt weggezogen. Dabei war die Lage des Hauses aus gezeichnet, direkt an der Verbindung vom Römerberg zum Liebfrauenberg und somit sehr zentral. Auch war es für sein Alter von über einhundert Jahren in einem guten Zustand. Doch es war eben, wie die meisten Altstadthäuser, relativ dunkel. Abgesehen von Wohn- und Esszimmer, die durch eine Tür miteinander verbunden waren und zusammen fünf große Fenster zur Straße hin hatten, zeigten die Fenster der übrigen Räume – Küche mit Vorratskammer, Hauswirtschaftsraum und Herrenzimmer, in dem Tobias seine naturkundlichen Sammlungen aufbewahrte – alle in Richtung Hof. Eine Etage höher lagen die Schlafzimmer und nun auch die Kinderzimmer. Auch eine kleine, durch einen Flur abgetrennte Zweizimmerwohnung gab es dort, die jedoch leer stand, und die sie nur gelegentlich, etwa zu Messezeiten, untervermieteten. Im Dachgeschoss befanden sich, neben einem geräumigen Boden, Räume für Dienstboten – von denen Sophie einen bewohnte.
Was es nicht gab, war ein Treppenhaus. Die Eingangstür auf der Neuen Kräme führte nur in den Laden und von dort ins Kontor und ins Lager. Um in die Wohnung zu gelangen, musste man die Treppe im Innenhof benutzen. Im Sommer war das angenehm. Die überdachte Treppe war breit und führte auf eine hübsche Balustrade, die vor der Wohnung entlanglief und an heißen Tagen einen angenehm schattigen Sitzplatz bot. Im Winter jedoch war es eine Qual. Man musste höllisch aufpassen, weil die Stufen leicht vereisten.
Friederike war nun in die Neue Kräme eingebogen und bemerkte zufrieden, dass es hier sauberer war als in der Schnurgasse. Zu dieser Uhrzeit lag die Straße sogar vollständig in der Sonne, und das war alles andere als selbstverständlich. In der Nähe des Doms standen die Häuser so dicht beieinander, dass man mancherorts den Himmel überhaupt nicht zu sehen bekam.
Als sie noch etwa hundertfünfzig Fuß von zu Hause entfernt war, sah sie Tobias aus dem Laden kommen – und hinter ihm trat gleich darauf ein zweiter Herr aus der Tür. Ein Mann in dunkelblauem Gehrock, mit weißer Halsbinde und einem Flanierstock mit blitzendem Silbergriff unter dem Arm. Sie kannte diesen Mann, der jetzt dabei war, seinen Hut zurechtzurücken. Unwillkürlich blieb sie stehen und hielt nach dem nächsten Hauseingang Ausschau, um darin zu verschwinden. Einen Atemzug lang hatte sie die Hoffnung, der Begegnung entgehen zu können. Aber es war zu spät, Tobias hatte sie schon entdeckt.
»Friederike, Liebling, zu dir wollten wir gerade«, rief er ihr gut gelaunt entgegen. »Sieh nur, mein alter Schulfreund ist zu Besuch gekommen. Fünfzehn Jahren ist es her, dass wir uns zuletzt gesehen haben!« Bei diesen Worten legte er dem anderen die Hand auf die Schulter.
Friederike stand immer noch wie erstarrt. »Julius Mertens«, kam es ihr von den Lippen. Sie sagte es, ohne es zu wollen.
»Ihr kennt euch? Julius hat es gar nicht erwähnt.«
»Wie sollte ich auch? Du hast mir ja nicht verraten, welche charmante Dame du geehelicht hast. Die schönste von ganz Frankfurt«, sagte Julius Mertens mit einer Verbeugung.
Friederike erwiderte nichts. Stumm sah sie Mertens an und neigte kaum merklich den Kopf.
»Aber bitte helfen Sie mir. Bei welcher Gelegenheit hatten wir noch gleich das Vergnügen?«, sagte Mertens.
Was sollte das? Wollte er den Ahnungslosen spielen? In Friederike stieg Wut auf. Wie ein harter, kalter Stein drückte sie auf ihren Magen.
»Herr Mertens war mein Hauslehrer«, sagte sie mit beherrschter Stimme zu Tobias gewandt. »In Französisch.«
Julius Mertens legte den Kopf schief, als müsste er mächtig in seinem Gedächtnis kramen. »Richtig. Wie konnte ich das nur ver- gessen? Sie waren wie alt? Siebzehn?«
»Sechzehn«, korrigierte Friederike.
»Ich bin jedenfalls sehr erfreut, Sie wiederzusehen, gnädige Frau.« Julius Mertens verbeugte sich erneut und zog formvollendet den Hut.
Sie sah ihm offen ins Gesicht. Erinnerungen strömten auf sie ein; sie hatte sie lange verdrängt und beinahe vergessen. Sie war überrascht, wie gut er aussah. Sanft, freundlich und ein wenig fragend ruhte sein Blick auf ihr. Seine geschwungenen Nasenflügel bebten sacht. Er war nervös, erkannte sie. Seine Ruhe war nur gespielt.
»Ausgesprochen erfreut«, wiederholte er.
Einen Moment lang glaubte sie, er wolle noch etwas hinzufügen. Doch er beließ es dabei.
»Julius hat die ganzen letzten Jahre in Frankreich verbracht. Stell dir vor. Im Champagnerhandel!«, mischte Tobias sich ein.
Tobias redete immer weiter. Friederike hörte nicht zu. Auch Julius Mertens schien dem Wortschwall seines Freundes kein Gehör zu schenken.
Schließlich merkte auch Tobias, dass etwas nicht stimmte. »Was ist dir, Liebes? Du sagst ja gar nichts. Ist dir nicht wohl? Du musst wissen, ich habe Julius zum Abendessen eingeladen.«
Zum Abendessen? Friederike erbebte innerlich. Doch dann straffte sie die Schultern und atmete tief durch. Ganz ruhig, sagte sie zu sich selbst. Dieser feine Herr macht dir keine Angst. Es ist fünfzehn Jahre her. Ich bin ein anderer Mensch.
»Alles gut, Liebster«, sagte sie zu Tobias gewandt, und ihre Stimme verriet erfreulicherweise nichts. »Selbstverständlich ist Herr Mertens jederzeit willkommen. Ich werde Sophie Bescheid sagen. Sie soll den Linseneintopf für morgen aufheben, und es gibt stattdessen Eier mit Frankfurter Grüner Soße. Das ist es doch, woraufmsich Heimkehrer am meisten freuen, nicht wahr? Oder haben Sie einen anderen Wunsch, Herr Mertens?«
»Grüne Soße …«, sagte Julius Mertens mit einer weiteren Verbeugung, ohne die Augen von ihr zu wenden, »… ist ganz ausge- zeichnet. Hauptsache, es macht nicht zu viele Umstände.«
»Nein, gar nicht. Das ist doch das Geringste, was wir für einen so guten alten Freund tun können. Nicht wahr, Liebling?«
Friederike hängte sich am Arm ihres Mannes ein und lächelte Julius Mertens freundlich an.
…
.
***
Gretes Fazit
(für alle, die…mögen) :
+ gut erzählte Zeitgeschichte im Biedermeier
+ amouröse Abenteuer und Verwicklungen
+ Tee- und Frankfurtliebhaber
+ Sagas mit Fortsetzungen (drei Bände sind geplant)
***
Über die Autorin:
Im Artikel „Ronnefeldt – ein Pionier im Teehandel“ wird die Geschichte des Frankfurter Unternehmens, auf die der Roman basiert, erzählt.
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