Auguste Viktoria – Deutschlands letzte Kaiserin

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Ein Gastartikel von Karin Feuerstein-Praßer

Auguste Viktoria (1858-1921) – Deutschlands letzte Kaiserin

Als die ehemalige Kaiserin am Morgen des 19. April 1921 in Potsdam beigesetzt wurde, versammelten sich rund 200 000 Menschen, um von ihrer früheren „Landesmutter“ Abschied zu nehmen. Auch wenn der Erste Weltkrieg der Hohenzollernmonarchie ein jähes Ende gesetzt hatte, so blieb Auguste Viktorias Popularität in weiten Kreisen der Bevölkerung doch ungebrochen. Noch 1935 sah sich der NS-Politiker Hermann Goering gezwungen, seinen geplanten Hochzeitstermin um einen Tag vorzuziehen. Eine pompöse Trauung am Todestag der früheren Kaiserin hätten ihm viele Menschen womöglich verübelt. Wer also war Auguste Viktoria?

Das „Mädchen vom Lande“

Auguste Viktoria aus dem Hause Schleswig-Holstein-Sonderburg-Augustenburg, die im Familienkreis kurz „Dona“ genannt wurde, war alles andere als eine „geborene Kaiserin“. Als sie am 22. Oktober 1858 fern ihrer eigentlichen Heimat auf dem alten Rittergut Dolzig in der Niederlausitz das Licht der Welt erblickte, lebte ihre Familie gewissermaßen im „Exil“. Donas Großvater hatte im Zuge des deutsch-dänischen Krieges 1848-1850 sein Herzogtum verloren und musste daraufhin zusammen mit seiner seiner Familie das Land verlassen.

Sein ältester Sohn Friedrich und dessen Gemahlin Adelheid zu Hohenlohe-Langenburg fanden ein neues Zuhause in Dolzig, wo auch Dona als ältestes von fünf Kindern geboren wurde.

1869 übersiedelte die Familie ins schlesische Primkenau, das Dona sehr geliebt hat.

Hier wurde die Heranwachsende als „höhere Tochter“ auf ihre späteren Aufgaben als Ehefrau und Mutter vorbereitet. Ihre Ausbildung war nicht besonders anspruchsvoll. Natürlich standen Fremdsprachen wie Englisch und Französisch auf dem Stundenplan, ein wenig Literatur und auch geschliffene Umgangsformen, um später auf dem gesellschaftlichen Parkett eine gute Figur zu machen. Dabei dachte man natürlich nicht an ein Kaiserhaus, denn Donas Familie war arm und vergleichsweise unbedeutend. Und doch ist es letztlich so gekommen.

Hochzeit mit Wilhelm

Als junger Mann war Donas Vater zum Studium nach Bonn gegangen und hatte dort den preußischen Kronprinzen Friedrich Wilhelm und dessen Ehefrau Vicky kennengelernt, älteste Tochter von Queen Victoria. Aus der ersten Begegnung wurde eine enge Freundschaft, die auch nach Friedrichs Rückkehr nach Dolzig weiterbestand. Die Familien besuchten sich gegenseitig, Friedrich Wilhelms Mutter Augusta und seine Frau Vicky (Victoria) wurden Taufpatinnen des ersten Kindes des Paares, das so den Namen Auguste Victoria erhielt. Später, als die „Holsteins“ auf Primkenau lebten, brachte das Kronprinzenpaar bei Besuchen auch den ältesten Sohn mit, den 1859 geborenen Wilhelm.

Dona und Willy mochten einander gut leiden, doch es wäre nicht richtig von einer „Liebe auf den ersten Blick“ zu sprechen. Doch mit der Zeit änderten sich die Gefühle der jungen Leute und im April 1879 überraschte Wilhelm Dona mit einem Heiratsantrag, den sie überglücklich annahm.

Vermutlich hatten aber auch die Eltern ihre Finger im Spiel. Das – seit der Reichsgründung 1871 – nunmehr deutsche Kronprinzenpaar teilte mit den „Holsteins“ die vergleichsweise liberale politische Einstellung. Und so glaubten Vicky und Friedrich Wilhelm, den Sohn durch eine Ehe mit Dona auf den „richtigen Weg“ zu führen und ihn vom Einfluss des scheinbar allmächtigen Reichskanzlers Otto von Bismarck zu befreien. Doch diese Rechnung ging, wie wir noch sehen werden, leider nicht auf.

Die offizielle Verlobung musste allerdings verschoben werden, weil Donas Vater im Januar 1880 völlig überraschend an den Folgen eines Herzinfarkts verstarb. Sie wurde jedoch nur einen Monat später nachgeholt und im Jahr darauf sollte die Hochzeit sein.

Nicht alle waren darüber so glücklich wie das Kronprinzenpaar. Der alte Kaiser Wilhelm I. zögerte zunächst, seinem Enkel die Zustimmung für die Ehe zu erteilen, weil er Auguste Viktoria für nicht standesgemäß hielt. Auch die Berliner Hofgesellschaft hielt es für völlig unangemessen, dass der spätere Kaiser ein „Mädchen vom Lande“ heiraten wollte. Doch Wilhelm war fest entschlossen. Am 27. Februar 1881 trat er mit Auguste Viktoria vor den Traualtar.

Leben im Potsdamer Marmorpalais

Nach einem Intermezzo im Potsdamer Stadtschloss bezogen Dona und Wilhelm im Juni 1881 das frisch renovierte Marmorpalais, idyllisch gelegen am Heiligen See.

Die Ehe gestaltete sich offenbar überaus harmonisch: „Ich bin glücklich hier in meinem eigenen Heim und mit der süßesten jungen Frau, die man sich Wünschen kann“, schrieb Wilhelm. Dona sei „so lieb, nett und freundlich, dass jeder, der sie sieht, ganz verrückt nach ihr wird. Besonders mein lieber alter Großpapa ist ganz begeistert von ihr.“

Im Mai 1882 wurde der erste Sohn geboren, ebenfalls Wilhelm genannt. Ihm folgten noch fünf weitere: Eitel Friedrich 1883, Adalbert 1884, August Wilhelm 1887, Oskar 1888 und Joachim schließlich 1890.  Komplett wurde die Familie durch die Geburt der einzigen Tochter Viktoria Luise 1892, die als Nesthäkchen ganz besonders geliebt wurde.

Die Kinder waren Donas ganzer Lebensinhalt. Sie kümmerte sich selbst um ihre Erziehung, spielte mit ihnen im Garten des Marmorpalais und organisierte die Geburtstagsfeiern. Ihr Ältester schrieb später voller Dankbarkeit: „Der Mittelpunkt für uns Kinder war, seit ich denken kann, unsere geliebte Mutter. Von ihr ist Liebe und Wärme ausgegangen und zu uns gekommen. Was auch jemals unsere jungen Herzen an Freude oder Leid bewegen mochte, sie hat Verstehen und Mitschwingen und ein Mitempfinden dafür gehabt. Alles Beste unserer Kindheit, nein mehr, alles Beste an dem, was Elternhaus und Familie nur geben können, danken wir ihr. Denn was sie uns in unserer frühen Jugend gewesen ist, das ist sie für uns geblieben, auch als wir zu Jünglingen und Männern reiften.“

Dona war immer für die Kinder da, liebte sie, wie sie waren, mit all ihren Stärken und Schwächen. Von ihr erhielten sie genau die Nestwärme, die so viele andere Prinzen und Prinzessinnen damals entbehrten.

Nicht nur in den Augen der Deutschen verkörperte Dona das Idealbild der Mutter. Auch Wilhelm rechnete es seiner Frau hoch an, dass sie sich nicht von der zeitgenössischen Emanzipationsbewegung „anstecken“ ließ, sondern sich auf die berühmten drei K´s beschränkte – Kinder, Küche, Kirche. Nur Vicky, ihre Schwiegermutter, zeigte sich zutiefst enttäuscht, dass Dona dem gesellschaftlichen Fortschritt gegenüber so wenig aufgeschlossen war. Das hätte sie sich anders gewünscht…

Von der „einsamen Insel“ ins pralle Leben

Sieben glückliche Jahre waren Dona im Potsdamer Marmorpalais vergönnt. Doch das Jahr 1888, das später das „Drei-Kaiser-Jahr“ genannt wurde, sollte ihr Leben grundlegend ändern. Nachdem der greise Wilhelm I. im März verstorben war, erlag auch sein Sohn und Nachfolger Friedrich III. im Juni dem Kehlkopfkrebs. Nun hieß der neue deutsche Kaiser Wilhelm II. und die 28-jährige Dona war plötzlich deutsche Kaiserin!

So sehr der junge Wilhelm diesen Moment herbeigesehnt hatte, um sich und der Welt zu beweisen, welche Qualitäten in ihm steckten – Dona hätte sich gewünscht, noch viele Jahre ohne die Bürde der Krone still im Kreis der Familie leben zu können: „Wenn ich doch mit meinem Mann und den Kindern auf eine einsame Insel entfliehen könnte“ – war ihre erste Reaktion auf die Kaiserwürde.

Doch sie gewöhnte sich rasch an die Vorteile, die die neue Position mit sich brachte: elegante Kleidung, Pelze, teure Parfüms, ein luxuriöses Leben überhaupt.

Allerdings hatte die junge Kaiserin trotzdem schon bald ihre Aufgabe gefunden, und das war die Linderung der sozialen Not, unter der viele Menschen gerade in den Großstädten zu leiden hatten. Nach dem Tod von Kaiserin Augusta 1890 übernahm die das Protektorat über das Deutsche Rote Kreuz und den Vaterländischen Frauenverein. Beide Einrichtungen hatten zunächst den Zweck gehabt, die Not in Kriegszeiten, besonders die der kämpfenden Truppen, zu mindern. Nun aber verfolgte Dona zielbewusst einen anderen Weg, nämlich den Einsatz für zivile Notsituationen: Fürsorge für Erwerbslose, Kranke, Witwen und Waisen oder verwahrloste Kinder. Sie förderte die Errichtung von Säuglingsheimen, Kindergärten, Ferienheimen, Volksküchen und anderem mehr. Donas Anregung entsprang auch die Etablierung von zahlreichen Krankenpflegestationen in Berlin, die eine unentgeltliche Hauspflege für mittellose Kranke übernahmen.

Ganz besonderes Interesse aber brachte Dona der Säuglingspflege entgegen und förderte die wissenschaftliche Bekämpfung der Säuglingssterblichkeit.

Was aber ganz entscheidend dazu beitrug, die Kaiserin zur beliebten „Landesmutter“ zu machen, war ihre ehrliche persönliche Anteilnahme, ihr Verständnis für das „einfache“ Volk, für die Nöte von Müttern und Kindern. Oft hat sie in aller Stille armen und kranken Menschen beigestanden, hat bedürftige Familien besucht und versucht, deren Not mit Mitteln aus der eigenen Schatulle zumindest vorübergehend zu lindern. Gerade diese Hilfe im Verborgenen, ihr Engagement fern vom Rampenlicht, spricht für Deutschlands letzte Kaiserin.

An Wilhelms Seite

Ihrem Wilhelm gegenüber blieb Dona stets loyal und verlor zumindest öffentlich kein Wort darüber, dass er sie mit anderen Frauen betrog. Auch wenn der Kaiser versprochen hatte, Deutschland „herrlichen Zeiten“ entgegen zu führen, so zogen sich um 1900 doch erste Gewitterwolken zusammen. Gerade jetzt fühlte sich Dona verpflichtet, dem Kaiser fest zur Seite zu stehen. Nach diversen Skandalen befand sich Wilhelms Popularitätskurve im Sturzflug.

Im Oktober 1908 hatte er die berühmte Daily-Telegraph-Affäre losgetreten, indem er die Engländer mit unbedachten und indiskreten Äußerungen verletzt hatte. (in diesem Artikel könnt Ihr mehr zu dieser Affäre lesen).
Eigentlich wollte er seine von vielen bezweifelte Englandfreundlichkeit unter Beweis stellen, noch was er erreichte, war das genaue Gegenteil. Nicht nur in England, auch in Deutschland schlugen die Wogen der Empörung hoch – und unter diesem Druck brach Wilhelm völlig zusammen. Jetzt war Donas Stunde gekommen. Endlich konnte sie unter Beweis stellen, dass der Kaiser in ihr eine allzeit zuverlässige Stütze hatte. Mochte sich die ganze Welt auch gegen Wilhelm stellen – Dona stand wie der Fels in der Brandung fest an seiner Seite. Zum ersten Mal trat sie aus dem Schatten der Politik heraus, in dem sie all die Jahre gestanden hatte: „Ich mische mich nicht gern in Politik“ lautete ihr Credo, „nur wenn es im Interesse des Landes und des Kaisers unbedingt nötig ist.“ Ob sie mit ihrer Haltung Deutschland nicht eher schadete, sei dahingestellt…

Der unter Beschuss geratene Wilhelm dachte an Abdankung, doch Dona konnte ihn davon überzeugen, weiter auszuharren. Sie schob die Schuld an der Affäre kurzerhand Reichskanzler Bernhard von Bülow in die Schuhe, der das Manuskript für den Daily Telegraph schließlich zur Veröffentlichung freigegeben hatte. Auch die Söhne rieten dem Vater von einem Rücktritt ab. Endlich konnte Dona aufatmen. Nach wenigen Wochen war Wilhelm wieder – fast – der Alte. Doch unter dem Deckmantel seines alten Selbstbewusstseins, das er nach außen zur Schau zu tragen pflegte, verbarg sich mehr denn je eine tiefe Unsicherheit. Dankbar stellte er fest, dass ihm zumindest eine unverbrüchliche Stütze geblieben war: Dona.

Nach 27-jähriger Ehe bekam die Kaiserin endlich das Gefühl, von ihrem Mann auch als Mensch respektiert zu werden und nicht nur als jemand, der die Erbfolge sicherstellte und Repräsentationspflichten erfüllte. Wilhelm jedoch hätte eine Partnerin gebraucht, die ihm zwar zuhörte, ihn aber nicht ständig kritiklos in seiner Meinung bestärkte. Das wurde vor allem nach dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs deutlich.

 

Der Erste Weltkrieg

Hatte Wilhelm II. 1913 noch sein 25-jähriges Regierungsjubiläum gefeiert, ein Vierteljahrhundert des Friedens und der wirtschaftlichen Blüte, so führte er Deutschland nur ein Jahr später in den Ersten Weltkrieg. Er hat ihn vielleicht nicht gewollt, doch nun taumelte der Kontinent der Katastrophe entgegen.

Dona präsentierte sich als leidenschaftliche Patriotin: „Darum rufe ich euch, deutsche Jungfrauen und alle…zur Hilfe auf“, heißt es in einem Appell vom 6. August 1914. „Es trage jeder nach seinen Kräften dazu bei, unseren Gatten, Söhnen und Brüdern den Kampf leichtzumachen. Ich weiß, dass in allen Kreisen unseres Volkes ausnahmsweise der Wille besteht, diese hohe Pflicht zu erfüllen…Auguste Viktoria.“

Allerdings war auch Dona selbst unermüdlich im Einsatz. Ihre Hofdame Gräfin Keller notiert im November 1914 in ihr Tagebuch: „Heute Morgen kommen wir von einer mehrtägigen Reise aus dem Westen zurück. Von früh bis spät waren wir unterwegs, Lazarette usw. zu besuchen. Es ist enorm, was die Kaiserin leistet. Möchte es ihr schließlich nicht doch noch zu viel werden.“

Doch für Deutschland schien Dona nichts zu viel zu sein, sie wurde immer mehr zur glühenden Patriotin und drängte auch den bisweilen zweifelnden Wilhelm zum Durchhalten.

Aber ob das Kaiserpaar es wahrhaben wollte oder nicht – im Laufe des Jahres 1918 wurde deutlich, dass der Hohenzollernthron gefährlich wackelte. Im August des Jahres erlitt Dona einen ersten Schlaganfall, von dem sie sich nur langsam wieder erholte. Auf Anraten des Arztes bedurfte sie dringend äußerster Ruhe und Schonung, doch davon konnte gar keine Rede sein. Ihre Welt war im Begriff zusammenzustürzen. Der Krieg war verloren.

Während andere deutsche Fürsten überraschend schnell abtraten, weigerte sich Wilhelm II. zunächst, den längst überfälligen Schritt zu vollziehen. Seine Entscheidung fiel zwangsläufig am 9. November 1918, als der sozialdemokratische Staatssekretär Philipp Scheidemann vom Reichstagsgebäude die Deutsche Republik ausrief. Anschließend floh der Ex-Kaiser nach Holland, das politischen Flüchtlingen grundsätzlich Asyl gewährte.

Letzte Jahre auf Schloss Doorn

Für Dona stand sofort fest: Sie musste zu ihrem Mann, auch wenn sie „in einer Hütte bei Wasser und Brot leben müsse“. Am Abend des 27. November reiste sie aus Potsdam ab. Die neue Regierung hatte einen Zug bereitgestellt, sodass sie mit „kleinem Gefolge“ in die Niederlande fahren konnte, wo sie einen Tag später in Amerongen endlich wieder mit ihrem Wilhelm vereint war.

Das Verlassen ihrer Heimat und die Trennung von Kindern und Enkeln war wohl das größte Opfer, das Dona ihrem Mann gebracht hatte. Dass sie nun mehr Privatleute waren, schien ihr hingegen nicht allzu viel auszumachen. Doch gesundheitlich ging es Dona zunehmend schlechter. Sie wurde ein wenig zuversichtlicher, als im Mai 1920 der Umzug in ein eigenes Heim bevorstand: Schloss Doorn, das der ehemalige Kaiser im Vorjahr gekauft hatte. In einer „Hütte bei Wasser und Brot“ würde man also nicht leben müssen. Doch ihre Hoffnungen erfüllten sich nicht. Dona war schwerkrank. Ihre Herzanfälle wiederholten sich in immer kürzeren Abständen, sie konnte keine Treppen mehr steigen, musste hinauf- und hinuntergetragen werden und war zunehmend auf den Rollstuhl angewiesen. „Sie leidet namenlos“, heißt es im Tagebuch ihrer Hofdame Gräfin Keller, „und es schneidet einem ins Herz zu sehen, wie sich die Leiden immer tiefer in die geliebten Züge eintragen.“ Nur Wilhelm schien nicht zu merken, wie schlecht es um seine Frau stand. Kurze Zeit später erlitt Dona einen erneuten Schlaganfall, der sie der Sprache und Bewegungsfähigkeit beraubte. Wochenlang musste sie das Bett hüten, und als es ihr wieder ein klein wenig besser ging, erreichte sie die Schreckensnachricht, dass Joachim, ihr jüngster Sohn, „an Schussverletzungen“ gestorben sei.

Aufgrund ihres bedenklichen Gesundheitszustands verschwieg man Dona die Wahrheit: Joachim hatte sich das Leben genommen, weil er nach dem Zusammenbruch der Hohenzollernmonarchie keine Perspektive mehr sah. Erstaunlicherweise nahm Dona die Nachricht vergleichsweise gefasst auf, doch nach Joachims Tod verschlechterte sich ihr Zustand zusehends. Im Oktober 1920 erfolgte ein weiterer Schlaganfall und es schien, als liege die ehemalige Kaiserin bereits im Sterben. Ihre Kinder kamen nach Doorn und wechselten sich am Krankenbett der Mutter ab.

Unterdessen hatte Wilhelm schon mit den Vorbereitungen für die Beerdigung seiner Frau begonnen. Nachdem Dona offenbar den Wunsch geäußert hatte, in heimischer Erde bestattet zu werden, hielt Wilhelm eine Beisetzung im Park von Sanssouci für sinnvoll – auch zur Mobilisierung der monarchischen Bewegung in Deutschland. Bei den Kindern hingegen stieß der Plan auf heftige Kritik. Tochter Viktoria Luise beschwor den Vater eindringlich, auf die zu Propagandazwecken geplante Beisetzung in Deutschland zu verzichten, weil es ihrer Meinung nach unwürdig war, die ehemalige Kaiserin in „geborgte Erde“ zu betten.

Doch noch lebte Dona schließlich, erholte sich sogar ein wenig, bevor Ende März ihre Kraft zu Ende ging. Sie starb am 11. April 1921 im Alter von 62 Jahren und wurde wie geplant im Antiken Tempel im Park von Sanssouci zur letzten Ruhe gebettet. Ihr Weg war zu Ende, ein Weg, wie die Kölnische Zeitung in einem Nachruf schrieb, „der von Illusionen verhängt und verschleiert gewesen war“.

Über die Autorin:

Karin Feuerstein-Praßer ist unseren Lesern und Leserinnen bereits durch ihren Artikel über Alice von Battenberg, die Schwiegermutter der Queen Elisabeth II. bekannt.

Geboren 1956, studierte sie Geschichte, Philosophie und politische Wissenschaften an der Universität Köln. Inzwischen sind zahlreiche Veröffentlichungen von ihr erschienen – besonders faszinieren sie adlige Frauen und ihre Schicksale (aber nicht nur!).

Mir hat ihr Buch mit den Biografien der drei deutschen Kaiserinnen, herausgegeben vom Piper Verlag, gut gefallen!
Als Historikerin schreibt sie außerdem seit vielen Jahren für die Zeitschrift G/Geschichte.

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Weitere Literaturempfehlungen:

Diese Bildbiographie von Autor Jörg Kirschstein stellen wir als in unserer Rubrik „Biographien“ vor.

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Zeige 3 Kommentare
  • Sandra Gerlach
    Antworten

    Vor zwei Wochen bekam meine bibliophile Abteilung „Kaiserzeit“ sehr guten Zuwachs: „Auguste Viktoria Porträt einer Kaiserin“ von Jörg Kirschstein. Das Buch bietet viele interessante Fotos, gepaart mit fundierten Informationen.

  • Schäfer Helga
    Antworten

    Vielen Dank. Das alles wusste ich nicht.

    • Grete Otto
      Antworten

      Danke für Dein Feedback – wir wollen unterhaltsam informieren!

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