Kaiserin Friedrich – privates Glück, enttäuschte Hoffnungen

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Ein Gastartikel von Karin Feuerstein-Praßer

Kaiserin „Vicky“ – alles kam anders…

Kaiser Wilhelm II., ihr ältester Sohn schrieb über die Tragik im Leben seiner Mutter, „dass ihr großer und reicher und so unendlich vielseitiger Geist vor der Unmöglichkeit stand zu säen, wie sie sich´ s einst dachte und zu ernten, was sie erhoffte…An Geist und edlem Wollen über den meisten Frauen ihrer Zeit, war sie die ärmste und unglücklichste Frau die jemals eine Krone trug.“

Tatsächlich verfügte „Vicky“, wie die älteste Tochter von Queen Victoria im Familienkreis genannt wurde, über die besten Voraussetzungen, die Aufgaben einer Königin und Kaiserin bestens zu bewältigen. Seit ihrer Hochzeit mit dem preußischen Kronprinzen Friedrich Wilhelm hatte sie den Ehrgeiz, aus Preußen einen liberalen Staat und aus den Untertanen mündige Bürger zu machen. Doch alles kam anders. Als ihr kaiserlicher Gemahl 1888 als Friedrich III. den Thron bestieg, war er bereits todkrank und starb nach nur 99 Tagen.

Große Pläne für die kleine Vicky

Als Vicky am 20. November 1840 das Licht der Welt erblickte, war die Freude groß, auch wenn Queen Victoria das Gefühl vermittelte, mit der Geburt eher eine lästige Pflicht erfüllt zu haben. Zum Glück aber erwies sich Albert von Sachsen-Coburg und Gotha als begeisterter Vater, der seiner kleinen Tochter soviel Zeit wir möglich widmete. Die Prinzessin gab Anlass zu den schönsten Hoffnungen, war lernwillig und überaus intelligent.

Im Jahr 1848 traf unerwarteter Besuch am englischen Königshof ein: Preußens Kronprinz Wilhelm, der Berlin in Folge der Revolution fluchtartig hatte verlassen müssen. In London wurde er freundlich aufgenommen. Hier entstand der Plan, beide Länder enger miteinander zu verbinden und Preußen zum „Motor“ eines künftig geeinten liberalen Deutschlands zu machen. Da war es natürlich naheliegend, die ins Auge gefasste Allianz mit einem Heiratsprojekt zu untermauern: Auch wenn Vicky noch ein Kind war, so sollte sie in einigen Jahren den Sohn des preußischen Kronprinzen heiraten, den 1831 geborenen Friedrich Wilhelm, genannt Fritz.

Verlobung mit dem preußischen Kronprinzen

Der ambitionierte Plan ließ sich überraschend leicht realisieren. Als die preußische Königsfamilie anlässlich der Weltausstellung 1851 nach London kam, sahen sich Vicky und Fritz zum ersten Mal – und verstanden sich auf Anhieb, trotz der Tatsache, dass sich hier ein Mädchen und ein junger Mann gegenüberstanden. Beide hielten auch weiterhin Kontakt, schrieben sich zahllose Briefe und als Fritz die englische Königsfamilie im Oktober 1855 auf Schloss Balmoral besuchte, machte er der erst 14-jährigen Vicky einen Heiratsantrag. Noch wurde die Verlobung der beiden geheim gehalten und erst nach der Konfirmation der Prinzessin im Mai 1856 offiziell bekanntgegeben.

In Berlin zeigten sich nicht alle begeistert. Der konservative Hardliner Otto von Bismarck, damals noch im diplomatischen Dienst tätig, formulierte es so: „Sie fragen mich, was ich zu der englischen Heirat sage. Ich muss beide Worte trennen, um meine Meinung zu sagen; das Englische daran gefällt mir nicht, die Heirat aber mag gut sein, denn die Prinzessin hat das Lob einer Dame von Geist und Herz…Gelingt es ihr, die Engländerin zu Hause zu lassen und Preußin zu werden, so wird sie ein Segen für unser Land sein…Bleibt unsere künftige Königin auch nur einigermaßen Engländerin, so sehe ich unseren Hof von britischen Einflussbestrebungen umgeben.“

Ankunft in Berlin

Bismarck hatte das Problem auf den Punkt gebracht. Es fing schon damit an, dass die Hochzeitsfeierlichkeiten nicht in Berlin stattfinden sollten, das wies Queen Victoria empört von sich: „Es kommt nicht alle Tage vor, dass man die älteste Tochter der Königin von England heiratet. Um damit Schluss!“

Also London. Am 25. Januar 1858 – wenige Tage nach Vickys 17. Geburtstag fand die Hochzeit in der Kapelle des St. James´ Palasts statt. Nach einer „Flitterwoche“ auf Schloss Windsor musste sich Vicky von ihrer Familie verabschieden, um mit Fritz in ihre neue Heimat aufzubrechen: Berlin. Hier angekommen, saß Vicky praktisch zwischen allen Stühlen. Während die Berliner hofften, sie werde bald eine „richtige“ Preußin werden, mahnte man in England, Herkunft und Heimatland niemals zu vergessen. Das junge Paar bezog eine Wohnung im Berliner Stadtschloss und Vicky machte keinen Hehl daraus, wie unwohl sie sich in den dunklen Räumen fühlte, die – anders als „zu Hause“ ihr keinerlei Komfort boten. Das Verhältnis zu Schwiegermutter Augusta war nicht sonderlich harmonisch, aber mit ihrem Fritz gestaltete sich Vicky ausgesprochen glücklich.

Die Geburt des späteren Kaisers Wilhelm II.

Schon bald wusste Vicky, dass sie ein Kind erwartete. Sollte es ein Junge werden, dann hätte sie ihre wichtigste Aufgabe bereits erfüllt. Tatsächlich wurde es ein Junge, der am 27. Januar 1859 das Licht der Welt erblickte: der nachmalige deutsche Kaiser Wilhelm II. Doch es war eine schwere Geburt, die Mutter und Kind fast das Leben gekostet hätte. Nach wenigen Tagen stellte sich heraus, dass Wilhelms linker Arm gelähmt war. Hatte man zunächst noch gehofft, die Behinderung werde sich von alleine geben, so musste man leider feststellen, dass sie von Dauer war. Vicky, die unbedingt ein „perfektes“ Kind haben wollte, konnte damit nur sehr schwer umgehen. Ihr Verhältnis zu Wilhelm war damit von Anfang an belastet: „Seitdem er auf der Welt ist, hat er mir unablässig Sorgen bereitet“, schrieb sie 1865 ihrer Mutter nach England.

Doch „Willie“ blieb nicht allein: 1860 wurde Charlotte geboren, es folgten Heinrich 1862, Sigmund 1864, Victoria 1866, Waldemar 1868, Sophie 1870 und 1872 schließlich „Nesthäkchen“ Margarete. Zwei Kinder musste die Familie frühzeitig zu Grabe tragen: Der kleine Sigmund starb kaum zweijährig an den Folgen einer Hirnhautentzündung, der zehnjährige Waldemar 1879 an Diphterie.

Schwerer Schicksalsschlag

Neben ihrer Mutterrolle, die Vicky begeistert ausfüllte, vergaß sie allerdings nie den politischen Auftrag, den man ihr auferlegt hatte, die Umwandlung Preußens in eine konstitutionelle Monarchie. Und wirklich, die Chancen standen nicht schlecht. Seit der Thronbesteigung Wilhelms I. im Januar 1860 wehte so etwas wie ein „liberaler Frühling“ durch das Land. Zudem hoffte Vicky, dass es nicht mehr allzu lange dauern würde, bis Fritz den Thron bestieg. Sie hatte allen Grund, durchaus optimistisch in die Zukunft zu blicken und hoffte dazu beizutragen, dass Preußen eines Tages ebenso fortschrittlich werden würde wie ihr englisches Heimatland.

Doch dann erreichte sie eine Schreckensnachricht aus London: Albert, ihr geliebter Vater war am 14. Dezember 1861 gestorben, mutmaßlich an Typhus, tatsächlich aber litt er wohl an Magenkrebs. Vicky war untröstlich. Sie hatte ihren besten Freund und Mentor verloren, ihren Kompass, der sie lenkte und leitete. So sehr sie Fritz auch liebte, ihm fehlte die intellektuelle Brillanz, die ihren Vater ausgezeichnet hatte. Ohne Albert würde es schwer werden, die politischen Pläne zu verwirklichen.

Bismarck betritt die politische Bühne

Doch es kam noch schlimmer, denn 1862 ging der „liberale Frühling“ in Preußen unwiderruflich zu Ende. Hintergrund war die Tatsache, dass Wilhelm I. eine Heeresreform plante, vor allem eine Erweiterung der Regimenter. Das stieß bei den Liberalen auf Widerspruch, und als Wilhelm die Reform trotzdem durchführen wollte, traten die königlichen Minister zurück. Der 65-jährige König sah nur noch einen Ausweg: die Abdankung zugunsten seines Sohnes.

Damit schien die Krone für Fritz zum Greifen nah. Der 31-Jährige stand plötzlich vor der wichtigsten Entscheidung seines Lebens. Vicky ermutigte ihn: „Wenn du nicht annimmst, glaube ich, dass du es einst bereuen wirst, jedenfalls möchte ich nicht die Verantwortung auf mich nehmen, abgeraten zu haben.“ Doch Fritz hatte Angst vor der eigenen Courage. Über seinen Vater hinweg wolle er den Thron nicht besteigen, ließ er verlauten. Die Frage war nur, ob er die Macht überhaupt wollte, denn der Kronprinz war alles andere als eine Kämpfernatur. Er lehnte ab. Damit war der 19. September 1862 nicht nur ein schwarzer Tag für Fritz persönlich, sondern auch für den deutschen Liberalismus. Wilhelm I. sah keine andere Möglichkeit, als einen politischen Hardliner zum Ministerpräsidenten zu ernennen: Otto von Bismarck. Damit begann die politische und gesellschaftliche Isolierung des Kronprinzenpaars, die die nächsten 25 Jahre bestimmen sollte.

Problematische Beziehung zu Wilhelm

Auch ihre drei ältesten Kinder enttäuschten Vickys hohe Erwartungen. Sie klagte über Charlottes „schlimme Eigenschaften“ und Heinrichs angeblich hässliches Aussehen. Am angespanntesten aber war die Beziehung zu ihrem Ältesten. Wilhelm, aus dem sie einen „liberalen Friedrich den Großen“ hatte machen wollen, versagte in ihren Augen auf der ganzen Linie. Es ist anzunehmen, dass er durch die schwere Geburt und den damit verbundenen Sauerstoffmangel an einer Störung litt, die wir heute als ADHS bezeichnen, deren Merkmale u.a. Unaufmerksamkeit, Hyperaktivität und Impulsivität sind.

Auch wenn die Störung damals noch nicht bekannt war, so wusste Vicky doch genau, wie schwer es ihrem Sohn fiel, sich zu konzentrieren. Hatte Vicky schon in seinen jungen Jahren wenig Einfühlungsvermögen gezeigt, so versagte sie beim Heranwachsenden erst recht. Von seinem inneren Zustand, der Krise, die Wilhelm durchmachte und seiner permanenten Überforderung, machte sich Vicky offenbar gar keine Vorstellung. So hörte sie nicht auf, ihn ständig zu kritisieren. Die Folge war, dass Wilhelm sich immer mehr in sich selbst zurückzog und sich von seinen Eltern, besonders von der Mutter, abkehrte. Er liebte sie, aber da seine Gefühle scheinbar nicht erwidert wurden, blieb ihm nichts als die Flucht in die Einsamkeit hinter einem Panzer von scheinbarer Gefühllosigkeit. „Ich kam nie zur Freude über seinen Besitz“, schrieb Vicky 1871 an Queen Victoria.

Eigenwillige Kronprinzessin

Doch nicht nur das Verhältnis zu Wilhelm war belastet, auch mit Augusta, ihrer Schwiegermutter, hat sich Vicky überhaupt nicht verstanden, selbst wenn beide Frauen die gleiche liberale Einstellung teilten. Die pflichtbewusste Augusta missbilligte, dass sich Vicky wann immer möglich vom Berliner Hofleben fernhielt und stattdessen im Neuen Palais in Potsdam, wo die Familie inzwischen lebte, ihren eigenen Interessen nachging. Mit der Zeit verschlechterte sich die Beziehung immer mehr. Von Anfang an hatte sich Vicky nichts von ihrer Schwiegermutter sagen lassen, während die den unbedingten Wunsch hegte, Vicky nach ihren Vorstellungen zu „formen“. Die Kunst der Diplomatie beherrschte leider keine der beiden Damen. Dass sich Augusta und ihr Enkel Wilhelm sehr gut verstanden, machte die Sache nicht besser.

Dass Vicky eine überaus intelligente Frau war, konnten selbst ihre Gegner nicht leugnen. Auch Bismarck musste zugeben: „Was ihren Verstand betrifft, so ist sie eine gescheite Person.“ Wobei er allerdings hinzufügte: „So gescheit, wie Frauen das sind.“

Eheglück

Vicky war sehr belesen, kannte die wichtigsten Werke ihrer Zeit. Entspannung aber fand sie vor allem beim Malen. Entsprechenden Unterricht hatte sie bereits als Kind in London erhalten. Inzwischen fertigte sie durchaus beachtliche Aquarelle und Ölbilder an: Landschaften, Stillleben und Porträts, darunter auch die ihrer Kinder. Gemeinsam mit Fritz engagierte sie sich für den Ausbau der Berliner Museen, besonders am Herzen lagen ihr die sozialen Aufgaben der Zeit, die Arbeiter-, aber auch die Frauenfrage. So setzte sie sich vor allem für die Förderung junger Mädchen ein, die auf jeden Fall eine bessere Bildung erhalten sollten.

Trotz aller enttäuschter Hoffnungen und Schicksalsschläge war ihre Ehe auch nach zwanzig Jahren noch ungewöhnlich glücklich, wobei der Kronprinz seine Frau regelrecht anbetete. Der Schriftsteller Gustav Freytag, ein Freund der Familie, schrieb damals: „Er begann von seiner Gemahlin zu sprechen, voll zärtlicher Hingabe. Er rühmte ihr reiches Wissen und ihren Geist, zu dem er immer aufsehen müsse und klagte, dass eine solche Frau nicht überall in ihrem Wert Anerkennung finde. Seine Hingabe und Unterordnung unter die geliebte Frau war eine völlige. Diese Liebe war das Höchste und Heiligste in seinem Leben, das ihn ganz erfüllte.

Sie war die Herrin seiner Jugend, die Vertraute all seiner Gedanken, seine Ratgeberin überall, wo Rat zu geben sie geneigt war.“ Vielleicht hat Freytag ein wenig übertrieben, doch den Kern der Sache hat er zweifellos getroffen. Fritz war im Grunde genommen ein schwacher Mensch, der sich an seine starke Frau klammerte und ohne sie nicht leben konnte.

Enttäuschte Hoffnungen

Mit hohen Erwartungen und großen Hoffnungen war Vicky 1858 nach Berlin gekommen. Doch 25 Jahre später fiel die Bilanz ernüchternd aus. Inzwischen war Deutschland tatsächlich als Kaiserreich vereint, doch nicht auf friedlichem Wege, wie es Vicky gewünscht hatte, sondern durch blutige Kriege, zuletzt den deutsch-französischen Krieg 1870/71. Doch alle Hoffnungen auf ein liberales Deutschland hatten sich in Luft aufgelöst und  Wilhelm, der künftige Kaiser, entwickelte sich politisch genau in die entgegengesetzte Richtung, gab sich großspurig und arrogant. Sein großes Vorbild war Otto von Bismarck. Und Fritz, mit dem sie alle großen Pläne hatte verwirklichen wollen, war mehr denn je kraft- und mutlos und litt spätestens seit dem Tod Waldemars unter starken Depressionen. Doch es sollte noch schlimmer kommen.

Die Krebserkrankung des Kronprinzen

Seit Herbst 1886 klagte Fritz über andauernde Heiserkeit, die er einer verschleppten Erkältung zuschrieb. Doch die tatsächliche Diagnose seines Arztes war erschütternd: Der Kronprinz litt an Kehlkopfkrebs! Vicky wollte das einfach nicht glauben und unbedingt eine zweite Meinung einholen. So kam der englische Arzt Sir Morell Mackenzie nach Berlin, der Fritz untersuchte, eine Gewebeprobe entnahm und anschließend zur allgemeinen Erleichterung verkündete: Kein Krebs! Vicky war überglücklich; es war ihr eine Genugtuung, dass ein Engländer die „richtige“ Diagnose gestellt hatte. Sie lobte die Fähigkeiten ihres Landsmanns über den grünen Klee und verärgerte damit die Berliner Bevölkerung. Und so hörte die Frage „Krebs oder nicht“ schon bald auf, eine medizinische zu sein, sie wurde zur nationalen. Wer hatte Recht – der englische oder der deutsche Arzt?

Tatsächlich ging es dem Kronprinzen längere Zeit gut, doch im Herbst 1887 verschlechterte sich sein Zustand. Nach einer weiteren Untersuchung musste auch Mackenzie zugeben: Es war tatsächlich Krebs. Im Februar 1888 wurde ein Luftröhrenschnitt vorgenommen, Fritz konnte nicht mehr sprechen. Für Vicky brach eine Welt zusammen.

Kaiserin ohne Zukunft

Am 9. März 1888 – Vicky und Fritz befanden sich gerade zur Kur im italienischen San Remo – als sie die Nachricht vom Tod Wilhelms I. erreichte, der kurz vor seinem 91. Geburtstag gestorben war. Nun hieß der neue Kaiser Friedrich III. und Vicky war das, was sie seit vielen Jahren erträumt hatte: Deutschlands Kaiserin, jedoch eine ohne Zukunft.

Zurück in Berlin hörten sie schon bald von dort kursierenden Gerüchten: Angeblich schlossen die Hausgesetze der Hohenzollern einen Herrscher aus, der an einer unheilbaren Krankheit litt. Das entsprach jedoch keineswegs den Tatsachen, und Vicky vermutete, dass ihr Sohn Wilhelm dahintersteckte. An Queen Victoria schrieb sie: „Wilhelm hält sich schon ganz für den Kaiser – und zwar für einen absoluten und autokratischen.“

Am Berliner Hof herrschte eisige Stimmung. Wilhelm warf seiner Mutter vor, durch ihren falschen Glauben an die englischen Ärzte das Leben seines Vaters aufs Spiel gesetzt zu haben. Friedrich III. starb am 15. Juni 1888 und neuer Kaiser wurde Wilhelm II.

Letzte Jahre auf Schloss Friedrichshof

Vicky war untröstlich, ihr Lebensglück lag in Trümmern: „Warum tötet ein solcher Schmerz nicht auf der Stelle?“, schrieb sie noch am gleichen Abend in ihr Tagebuch. Und wenige Tage später: „Ich verschwinde mit ihm. Meine Aufgabe war es, für ihn und sein liebes Volk da zu sein. Sie liegt in demselben Grabe, in das er heute gesenkt werden wird.“ Im Mausoleum der Potsdamer Friedenskirche fand Fritz seine letzte Ruhestätte. Von nun an nannte sich Vicky „Kaiserin Friedrich“.

Das Verhältnis zum neuen Kaiser blieb frostig. Wilhelm II. verfügte, dass Vicky das Neue Palais räumen müsse, wo sie viele Jahre so glücklich gewesen war. Sie machte sich auf die Suche nach einer neuen Bleibe. 1891 fand sie endlich in Kronberg/Taunus ein großes Grundstück mit einer alten Villa. Hier ließ sie sich Schloss Friedrichshof im englischen Landhausstil errichten, das sie 1893 bezog. In den nächsten Jahren heilten so manche Wunden, auch das Verhältnis zu Wilhelm II. entspannte sich allmählich, sicherlich auch durch den räumlichen Abstand.

Doch dann stellten sich Ende der 1890er Jahre gesundheitliche Probleme ein, die Vicky zunächst zu verharmlosen suchte. Tatsächlich aber war sie an Brustkrebs erkrankt und hatte nur noch kurze Zeit zu leben. Wilhelm saß an ihrem Sterbebett, als Vicky am 5. August 1901 ihren letzten Atemzug tat. Sie wurde an der Seite ihres geliebten Fritz beigesetzt, „die ärmste und unglücklichste Frau, die jemals eine Krone trug“.

Über die Autorin:

Karin Feuerstein-Praßer ist unseren Lesern und Leserinnen bereits durch ihre Artikel über Alice von Battenberg, die Schwiegermutter von Queen Elisabeth II.  und der letzten deutschen Kaiserin Auguste Viktoria bekannt.

 

Geboren 1956, studierte sie Geschichte, Philosophie und politische Wissenschaften an der Universität Köln. Inzwischen sind zahlreiche Veröffentlichungen von ihr erschienen – besonders faszinieren sie adlige Frauen und ihre Schicksale (aber nicht nur!).

 

Über die Kaiserin Augusta hat die Autorin eine im Verlag Piper erschienene Biographie mit dem Titel „Augusta – Kaiserin und Preußin“ geschrieben.
Als Historikerin schreibt sie außerdem seit vielen Jahren für die Zeitschrift G/Geschichte.

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Artikel:

Museen:

Victoria war eine talentierte Malerin, die in Kontakt mit Malern der Kronberger Malerkolonie war. Ab und zu gibt es dort auch Sonderausstellungen mit ihren Bildern:

Museum Kronberger Malerkolonie

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