Königin Victoria – Trauerfeierlichkeiten und Nachfolger der britischen Monarchin
Victoria – eine Königin, nach der eine Epoche benannt wurde. 1819 geboren, sollte sie mit achtzehn Jahren den Thron besteigen und ihn bis zu ihrem Tod im Januar 1901 als Königin von England und Irland (und Kaiserin von Indien) innehaben.
Nur wenige Monarchen regierten länger, darunter ihre Ururenkelin Elisabeth II., am 8. September 2022 mit 96 Jahren verstorben, die 70 Jahre als Königin amtierte.
Die beiden hatten neben der langen Amtsdauer einige Gemeinsamkeiten – sie waren in aller Welt hoch geschätzt, beim Volk beliebt, glücklich verheiratet (wenn auch Elisabeth um einige Jahre länger, da Victorias Mann Prinzgemahl Albert recht früh starb) und ließen ihre ältesten Söhne als Thronfolger lange warten: Victorias ältester Sohn („Bertie“) folgte ihr mit 59 Jahren als König Edward VII., Prinz Charles war bei seiner Ernennung 73 Jahre alt.
Wie verlief Victorias Beisetzung und wo wurde sie begraben?
Hauptquelle dazu ist ein Artikel aus der „Sonntagszeitung“ von 1901, die darüber berichtete. Eingehend heißt es:
„Mit außergewöhnlichem Trauerpomp, wie er der langen Regierungszeit der heimgegangenen Fürstin angemessen war, ist Königin Viktoria von England unter lebhafter Beteiligung ihres Volkes und auswärtiger Fürstlichkeiten zur ewigen Ruhe geleitet worden.“
Victoria starb auf ihrem Landsitz Osborne House, gelegen auf der Insel Wight (Isle of Wight). An ihrem Sterbebett hatten sich ihre Kinder (nur ihre älteste Tochter, die selbst schwer erkrankte deutsche Kaiserin Viktoria konnte nicht kommen) und auch ihr ältester Enkel Kaiser Wilhelm II. versammelt. Seine Großmutter stand ihm nahe und er verband mit ihr schöne Kindheitserinnerungen.
Zunächst wurde ihre Leiche im Schloss Osborne aufgebahrt, wo die dortige Bevölkerung von ihr Abschied nahm. Auf einer Geschützlafette, gezogen von acht braunen Pferden, wurde ihr Sarg, bedeckt mit einer großen seidenen Union Jack Flagge zunächst durch den Park zur Ortschaft Cowes zum Hafen transportiert. Hinter dem Sarg marschierten u.a. der zukünftige König Edward, der Herzog von Connaught (Sohn Arthur), Enkel Kaiser Wilhelm II. und weitere Verwandtschaft – auch aus dem deutschen Reich, z.B. der Prinz Ludwig von Battenberg (der spätere Großvater von Elisabeths Mann Prinz Philip und Urgroßvater des heutigen König Charles). Auch eine Reihe adeliger Damen der Familie begleiteten den Sarg, wie z.B. Königin Alexandra von Dänemark, die Ehefrau des nachfolgenden englischen Königs.
Mit der Yacht „Alberta“ wurde die Königin übergesetzt und von verschiedenen Yachten, u.a. der Yacht des deutschen Kaisers, bis zum Hafen von Portsmouth begleitet. Von dort wurde der Sarg per Eisenbahn nach London transportiert.
Von „Victoria Station“ wurde der Sarg wiederum auf einer Lafette durch die Stadt gezogen – ihm voraus marschierten englische Truppen mit Trauerflor, im Artikel ist von „vielen Tausende(n) Soldaten“ die Rede. Diese wurden während des Trauermarsches immer mehr, da in den Straßen platzierte Abteilungen aller Waffengattungen bei Eintreffen des Trauerzuges zu ihnen aufschlossen. Weiteres Militär folgte, was ich nicht im einzelnen aufzähle.
Den darauffolgende Hauptteil des Trauerzugs führte der Herzog von Norfolk (15.) an, gefolgt von Hofwürdenträgern und den Adjutanten der Königin, die zu Fuss an der Seite der Lafette schritten. Davor liefen, gleichfalls zu Fuss, der Lordkammerherr und Lordsteward mit ihren Amtsstäben in der Hand. Die Lafette wurde von acht Pferden gezogen:
„Auf den Pferden saßen königliche Postillone in goldgestickten Livren, königliche Stallknechte schritten neben den Perden einher. Der Sarg war mit einem schweren seidenen weißen Bahrtuch bedeckt, an dessen Ecken königliche Wappen in gold und silber gestickt waren.“
Danach folgten „die hohen Leidtragenden“ – wie es im Artikel hieß, der weiter erzählt:
„…an der Spitze König Eduard (Edward), ihm zur Rechten Kaiser Wilhelm (nein zur Linken), zu seiner Linken der Herzog von Connaught. Der Kaiser, welcher ein weißes Pferd ritt, trug die scharlachrote Uniform eines englischen Feldmarschalls. In Gruppen, meistens zu dreien, folgten die anderen Fürstlichkeiten zu Pferde, an ihrer Spitze die Könige von Portugal und Griechenland…“
Und viele weitere Adelige, natürlich auch aus dem deutschen Reich, so u.a. der Erbgroßherzog von Baden (Friedrich II. von Baden, der letzte Großherzog), Prinz Arnulf von Bayern und Herzog Albrecht von Württemberg. Der österreichische Kaiser hatte Erzherzog Franz Ferdinand geschickt und überhaupt waren vor allem potentielle Nachfolger der Königshäuser präsent.
Warum einige Länder und Staaten bei so einem bedeutenden Ereignis nur die 2. Garde schickten? Vielleicht hatte sich England mit dem Burenkrieg gerade unbeliebt gemacht oder es war einfach so üblich?
Zurück zum Trauerzug, nach einer Abordnung der Offiziere des 1. preußischen Dragoner-Regiments, dessen Chef die verstorbene Königin war, sowie des preußischen Husarenregiments Fürst Blücher von Wahlstatt folgten schließlich die königlichen Wagen (Kutschen), die nach Bedeutung gestaffelt waren. Im ersten saß Königin Alexandra mit ihren Töchtern, danach der belgische König mit drei Töchtern der Königin und viele weitere folgten – alle geschlossen. Am Schluß liefen noch einmal Regimenter und Leibgardisten.
Danach war das Ende des Zuges erreicht – geschafft!
Natürlich nahm das Volk gleichfalls grossen Anteil, wie im Artikel weiter erzählt wird:
„In den Straßen, welche der Zug passierte, trugen die Häuser Trauerschmuck; alle Laternen waren mit Lorbeerkränzen oder Blumen geschmückt. einen tiefen Eindruck machte die außerordentliche Stille der zahllosen beim Passieren des Zuges, welcher schließlich am Paddington-Bahnhof eintraf.“
Das Ziel war zunächst Schloss Windsor, auf dessen Gelände sich das Royal Mausoleum befindet, in dem Victoria bestattet wurde:
„Von hier aus ging der Eisenbahnzug mit der Leiche nach Windsor ab, und dort wurde sie zur ewigen Ruhe bestattet. Im Mausoleum, das einst die Königin ihrem toten Gatten errichtet hatte, hat nun der Platz neben dem Sarkophage des Prinz-Gemahls seine Bestimmung gefunden. Die herrliche Grabstätte wird ein Wallfahrtsort für alle Engländer sein.“
Und so endet die Erzählung des Begräbnisses der Königin. Als Fazit lässt sich festhalten: viel Militär, viele adelige Gäste, darunter erstaunlich wenige wirkliche „Hochkaräter“ und auch das Volk war dabei – als Zuschauer.
Der älteste Sohn der Königin („Bertie“), Nachfolger Edward VII. (1841-1910) mit seiner Frau Königin Alexandra von Dänemark sollte das Land bis zu seinem Tod 1910 regieren. Er war der erste Herrscher aus dem Hause Sachsen-Coburg und Gotha (seit 1917 in Windsor umbenannt).
Danach übernahm sein Sohn George als König George V. das Zepter, bis zu seinem Tod 1936 – hier findet Ihr einen Bericht zur Krönungszeremonie 1911.
Seine Frau war die von väterlicher Seite deutschstämmige Maria von Teck, als Königin „Queen Mary“ genannt.
Nach einem kurzen Intermezzo von einem König, der nie gekrönt wurde und aufgrund seiner bürgerlichen Heirat abdankte, bestieg Elisabeths Vater als Georg VI. (1895-1952) den Thron, dessen Frau und Mutter der kürzlich verstorbenen Queen Elisabeth Bowes-Lyon (eine schottische Adelige), den meisten von uns als Queen Mum noch gut in Erinnerung ist.
Danke für die immer tollen und interessanten Informationen
Vielen Dank für die Arbeit, die Sie in den Artikel gesteckt haben. Kurzweilig, informativ und macht Lust auf mehr lesen.
Danke für das nette Feedback – freut mich!
Sehr gut berichtet
Großartiger Geschichtsunterricht
Vielen Dank!