Otto Desbalmes: vom Hofküchenlehrling zum Hofchefkoch
Ein Gastbeitrag von Ingrid Haslinger
Käsegebäck für Sisi – gekochtes Rindfleisch für Kaiser Franz Joseph
Als Otto Desbalmes 1859 geboren wurde, konnte niemand ahnen, dass er einmal für Kaiserin Elisabeth („Sisi“) und Kaiser Franz Joseph kochen würde. Der frühe Tod seiner Mutter und die beschränkten Mittel seines Vaters Wilhelm Desbalmes, eines k.k. Südbahnbeamten, erlaubten es der Familie nicht, allen Söhnen eine gediegene Ausbildung angedeihen zu lassen. Deswegen wandte sich Wilhelm Desbalmes (1834-1908) an das kaiserliche Obersthofmeisteramt in Wien, um für seinen Sohn Otto eine Stelle als Lehrling in der Hofküche zu erlangen. Otto Desbalmes wurde im Jahr 1874 als unbezahlter Lehrling in die Hofküche aufgenommen. Da seine französischen Chefs sehr zufrieden mit seinen Leistungen waren, wurde er als Küchenpraktikant mit geringer Bezahlung für drei Jahre behalten. Auch in dieser Zeit bewährte sich Otto Desbalmes – unterstützt durch die positiven Zeugnisse seiner französischen Lehrer. Schließlich wurde er als sogenannter Bestallungskoch 1881 fix angestellt.
Karriere in der kaiserlichen Hofküche
Obwohl die Laufbahn am Wiener Hof für Köche nicht in jedem Fall eine glänzende Karriere bedeutete, war die Anstellung bei Hof über Jahrhunderte bis zum Ende der Monarchie sehr begehrt: Die Arbeit bot einen sicheren Broterwerb, sobald man von der provisorischen Anstellung in die Wirklichkeit eingerückt war – ganz abgesehen davon, dass der Dienst bei Hof als Ehre galt.
Otto Desbalmes zählte zu den herausragenden Köchen am Kaiserhof. Fast hundert Jahre nach seinem Tod lassen sich anhand des umfangreichen schriftlichen Materials aus seinem Nachlass das Leben und die Arbeit dieses Hofkochs im Umfeld seiner ehemaligen Kollegen darstellen. Da die Hofköche bei den Menus eng mit dem Personal der Hofzuckerbäckerei zusammenarbeiteten, enthält das Buch auch ein kurzes Kapitel über die Hofzuckerbäckerei.
Nach seiner Zeit als Bestallungskoch begann Otto Desbalmes’ eigentliche Karriere. Im Jahr 1885 stieg er in der Hierarchie der Hofküche zum vierten Hofkoch 2. Klasse auf. Kurz nach seiner Ernennung wurde er bereits besonders bei größeren Reisen und Jagdaufenthalten zum Dienst eingeteilt, weil er sehr effizient arbeitete. Im Jahr 1893 erfolgte die Ernennung zum Hofkoch 1. Klasse. In dieser Funktion hatte Desbalmes häufig Dienst, wenn sich Erzherzogin Marie Valerie, die jüngere Tochter des Kaisers, mit ihrer Familie in Schönbrunn aufhielt. Auch wenn der Monarch verreiste, war Desbalmes immer wieder mit von der Partie. Seine Dienste führten ihn in viele Teile der Habsburgermonarchie, u.a. nach Prag, Budapest, Trient, Triest, Bosnien, Graz, Pola, Lippa, Sasvár, Odwiecz, Totis, Budweis und Landskron. Frau Desbalmes führte Aufzeichnungen über die Anzahl der Tage, an denen ihr Gatte Dienst hatte. Der aktive Arbeitseinsatz betrug zwischen 152 und 224 Tagen pro Jahr, wobei man berücksichtigen muss, dass es bei einem vierwöchigen Dienst keine Freizeit gab. Überdies sind die Bereitschaftsdienste dazuzurechnen. Weiters ist zu bedenken, dass Desbalmes auch jederzeit für einen kranken Kollegen einspringen musste.
Das Jahr 1901 war für Desbalmes besonders schwierig: Er wurde dem Thronfolger Erzherzog Franz Ferdinand (1863-1914), der keinen eigenen Haushalt hatte, und dessen Frau, Herzogin Sophie von Hohenberg, als Koch zugeteilt. Der temperamentvolle Koch und der zu Cholerik neigende Erzherzog verstanden einander überhaupt nicht. Überdies hatte Franz Ferdinand vor Desbalmes bereits drei Hofköche „verbraucht“. Man verlangte von Desbalmes hervorragende Menus, kritisierte allerdings die Höhe seiner Küchenauslagen. Versuchte er wider besseres Wissen zu sparen, bemängelte die Herzogin die Qualität der Speisen. Also kochte Desbalmes in gewohnter Weise weiter. Dies trug ihm am Anfang des Jahres 1902 ein Disziplinarverfahren ein, das natürlich zu seinen Ungunsten ausfiel. Resultat des Verfahrens war, dass Desbalmes die Streichung von Sonderzahlungen hinnehmen musste, was den Vater von fünf Kindern und Gatten einer erblindenden Frau schwer traf; überdies musste er daheim eine Dienerin beschäftigen. Erst im Jahr 1904 erreichte Desbalmes die Aufhebung der Strafe. Seine Karriere litt allerdings nicht unter diesem Intermezzo, denn 1907 wurde er zum k.k. Hofchefkoch ernannt.
Endlich k.u.k. Chefkoch!
Die Ernennung zum Chefkoch erfolgte im Mai 1907 mit einem Salär von 3.200 Kronen pro Jahr sowie einer Aktivitätszulage von 2.400 Kronen und dem Quartiergeld von 1.200 Kronen. Trotz dieser Beförderung wurde Otto Desbalmes (sowie sein Co-Chefkoch Karl Tlaschek) nicht zum alleinigen Entscheidungsträger in der k.u.k. Hofküche: „Ungeachtet Ihrer Ernennung zum Chefkoch wird jedoch künftighin, in gleicher Weise wie bisher, auch anderen befähigten Hofköchen die Gelegenheit geboten werden, sich als selbständige Köche und Leiter größerer Dienste zu betätigen“ – so hieß es klar und deutlich in der Ernennungsurkunde.
Auf seine Ernennung zum Chefkoch war Otto Desbalmes offenbar besonders stolz. In seinem Nachlass befindet sich die Menukarte für das Dîner vom 4. Juni 1907; darauf vermerkte er: Mein erstes Dîner als Chefkoch.
Folgende Gerichte wurden serviert:
Potage Hortense | Hühnercrèmesuppe mit Spargelspitzen |
Croustades d’écrevisses à la Prince | Krebspasteten mit Trüffeln |
Filet de saumon à la Lamberti | Lachsfilet mit feinen Gemüsen |
Pièce de boeuf et cuissot d’agneau | Tafelstück und Lammkeule |
Rein de chevreuil à la Vanderbilt | Rehrücken mit Trüffeln, Tafelpilzen und feiner Wildsauce |
Sorbet | |
Poulardes de France, salade, compôte | gebratene französische Poularden, Salat, Kompott |
Asperges en branches | Stangenspargel |
Bombe Francillon | „Fränzchenbombe“ |
Crème de fromage | Käsecrème |
Glaces aux groseilles et au chocolat | Stachelbeer- und Schokoladengefrorenes |
Dessert | Nachspeise |
Der k.u.k Hofkontrollor, dem die gesamte Hofwirtschaft – und somit auch Chefkoch Otto Desbalmes – unterstand, bemühte sich ab 1914 immer wieder, beim Obersthofmeisteramt für Otto Desbalmes den Posten eines Hofkücheninspektors zu erlangen. Dieses Begehren wurde wiederholt abgelehnt. Erst im März 1918 wurde Otto Desbalmes gemeinsam mit Karl Tlaschek von Kaiser Karl I. der höchste Titel in der Hierarchie der Hofküchen verliehen. Die neuen Pflichten eines Hofkücheninspektors mussten die beiden allerdings nicht mehr lange erfüllen. Denn bereits im August desselben Jahres wurden sie in den Ruhestand versetzt. Erst am 1. April 1919 schied Otto Desbalmes endgültig aus dem Hofdienst aus. Die Pensionszulage von jährlich 3.000 Kronen, die Desbalmes noch 1919 zugestanden wurde, war ein Tropfen auf dem heißen Stein. Die Kronenwährung verlor ständig an Wert; konsolidierte Geldverhältnisse erlebte Otto Desbalmes nicht mehr, weil er im Herbst 1925 verstarb.
Da Desbalmes nur eine geringe Pension erhielt, musste er sich – wie viele andere Hofköche und Hofzuckerbäcker – um eine Arbeit umsehen. In einem großen Delikatessengeschäft im Stadtzentrum von Wien, dem English House, fand er einen Arbeitsplatz. Wie lange er dort beschäftigt war, ist nicht bekannt.
Essgewohnheiten des Kaiserpaars
Das Buch über Otto Desbalmes bietet Einblick in die Essgewohnheiten von Kaiserin Elisabeth und Kaiser Franz Joseph. Desbalmes war zwar nicht Sisis Leibkoch, musste aber doch immer wieder für das Kaiserpaar kochen. Wie alle seine Kollegen aus Hofküche und Hofzuckerbäckerei führte auch Otto Desbalmes handgeschriebene Rezeptbücher/Zettel. Dabei war er natürlich den kulinarischen Vorlieben der Mitglieder der kaiserlichen Familie verpflichtet. Obwohl Desbalmes’ Kochbuch die bei Hof gekochten Suppen, Fleischspeisen etc. berücksichtigte, ist seine Rezeptsammlung – wie generell viele der handgeschriebenen Kochbücher – mehlspeislastig. Der Grund dafür liegt darin, dass man bei den meisten Gerichten (Suppen, gekochtes Rindfleisch, Braten, gebackener / pochierter / gebratener Fisch etc.) nicht so sehr auf die exakte Menge der Zutaten achten musste. Bei Mehlspeisen allerdings hängt Erfolg oder Misserfolg von der Einhaltung der genauen Mengenangaben ab.
Otto Desbalmes hinterließ fünf Koch- bzw. Arbeitsbücher mit zahlreichen Rezepten und Notizen zu Arbeitsabläufen. Viele der Rezepte sind mit dem Nachsatz I.M. versehen, was Ihre Majestät bedeutet. Es handelt sich dabei um Rezepte, die Kaiserin Elisabeth besonders schätzte und die sich die Köche natürlich vormerkten. Auch die Orte, wo Rezepte für die Kaiserin gesammelt wurden oder von denen die Kaiserin sie selbst mitgebracht hatte, sind in der Rezeptsammlung vermerkt: Meran, England, Baden, Karlsbad, Chester, Schweizer Rezepte (Territet, Genf etc.). Das wichtigste Buch ist jedoch jener Lederband, auf dessen Deckel Desbalmes die Buchstaben „O.D.“ in Gold anbringen ließ. Es ist am stärksten abgenutzt und enthält neben Informationen zur Hofküche auch Kochrezepte. So findet sich darin beispielsweise das Repertoire von der Teufl für Ihre Majestät – Therese Teufl war Kaiserin Elisabeths Lieblingsköchin. Darin enthalten sind folgende Speisen (hier in Originalschreibweise angeführt): Savarin, Fasching Krapfen mit Schinken, Topfen Flan für Käse Kuchen, Brioche, Gasteiner Kipfeln, Ulmer Kuchen, Ketskemeter Kipfel, Schennars (Genoise) Schnitten, Portugieser Stangel, Zimtkuchen, Linzer Torte mit Weichsel ohne Mandeln und Germteig Brätzen [sic] aus dem Schmalz gebacken.Auch eine Nusstorte, Eclairs und Gasteiner Bretzeln werden erwähnt. Wie man sieht, war die Monarchin bei den Mehlspeisen sehr wählerisch. Es lohnte sich daher für Desbalmes, einen Blick in die Aufzeichnungen seiner Kollegin zu werfen.
Abgesehen von den Dîners, bei denen der Monarch mit seinen Gästen aß, lebte Kaiser Franz Joseph ziemlich sparsam, schätzte gekochtes Rindfleisch und nahm abends manchmal nur Schwarzbrot und saure Milch oder abgeschmalzene Nudeln zu sich. Sisi liebte es trotz ihrer Schlankheitsbemühungen v.a. bei Jagdausflügen üppiger. Interessanterweise aß die Kaiserin dann oft mehr als ihr Gemahl. Auch hielt sie sich nicht an die kirchlichen Fasttage. Betrachtet man die Speiszettel der Jahre 1878 bis 1886 während der Jagdausflüge des Kaiserpaars, so zeigt sich, dass für die Kaiserin immer ein vollständiges Menu gekocht wurde, während sich Franz Joseph meist mit Suppe und Canapés begnügte. Als Beispiel sei hier angeführt, was die beiden Monarchen im Rahmen der sogenannten „Waggonservierung“ an einem Fasttag speisten:
Menu Seiner Majestät | Menu Ihrer Majestät |
Crème d’orge maigre (Fastengerstenschleimsuppe) | Potage purée de gibier aux croûtons (Wildpüreesuppe mit Weißbrotwürfeln) |
Saumon, sauce hollandaise et pommes de terre (Lachs, Sauce hollandaise und Erdäpfel) | Côte de boeuf braisé au Madère, garniture de légumes, sauce demiglace
(in Madeira geschmorte Beiried mit Knochen, Gemüse, Sauce demiglace) |
Sardines au beurre et radis
(Sardinen mit Butter und Rettich) |
Poulardes de France rôties, salades, pointes d’asperges à part
(gebratene Poularden aus Frankreich, Salat, Spargelspitzen extra) |
Sarcelles à la broche
(Krickenten vom Spieß) |
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Indianerkrapfen | |
Mohn- und Nußbeugel |
Aus den neunziger Jahren des 19. Jahrhunderts existieren zwar Berichte, dass der Kaiserin vor Fleisch ekelte; doch bei ihren Aufenthalten an der Côte d’Azur war davon nichts zu bemerken.
Aus dem Nachlass des Hofkochs Otto Desbalmes
In dem von Otto Desbalmes handschriftlich verfassten Kochbuch finden sich zahlreiche Rezepte, die mit I.M.gekennzeichnet wurden. Ihre Bestimmung war damit klar – es handelte sich um Rezepte für Kaiserin Elisabeth. Neben zahlreichen Rezepten für Mehlspeisen sind in dieser Sammlung auch Rezepte für kleines Backwerk und Konfekt enthalten. Manchen Mitgliedern des Kaiserhauses wurden Rezepte gewidmet: Man findet u.a. Gisela Brätzen [sic], Stroh Bretzen Erzherzogin Gisela, Zucker Teig Erzherzog Franz Karl etc. Auch von Hofzuckerbäcker Seitz übernahm Desbalmes Rezepte, war Seitz doch der Lieblingszuckerbäcker von Kaiserin Elisabeth. Soufflée Territet, Meraner und andere Speisen weisen auf die Reisen der Kaiserin hin, von denen sie Rezepte mitbrachte. Darüber hinaus finden sich Rezepte für Englische Cakes von Ida Ferenczy, die natürlich auch Rezepte für ihre Herrin sammelte. Gertrud Festetics, eine Nachfahrin von Sisis Hofdame Marie Festetics, stellte der Autorin drei Originalrezepte zur Verfügung: Sisi-Taler, Energiekekse und Dinkelweckerln.
Das Buch über Otto Desbalmes bietet auch Einblick in Arbeitsabläufe, Beschreibungen der Hofküchen und der Hofzuckerbäckerei, Speiszettel, Menukarten, Diensteide, Provisionsbegehren (d.h. Zettel zur Anforderung von Lebensmitteln), Dienstinstruktionen und Dokumente zu Desbalmes’ Disziplinarverfahren.
Wo arbeitete ein Hofkoch?
Gewöhnlich ging ein Hofkoch seinem Beruf in der jeweiligen Hofküche (Wiener Hofburg, Budapester und Prager Burg, Schloss Gödöllö, Hermesvilla, Mürzsteg, Kaiservilla in Ischl etc.) nach. Diese Küchen wurden immer wieder renoviert und verbessert. Am kaiserlichen Hof war man ständig bemüht, Neuerungen in der Kochkunst zu übernehmen, und wollte den Hofköchen möglichst zweckmäßige Einrichtungen und Ausstattungen zur Verfügung stellen.
Doch der Tafeldienst am kaiserlichen Hof erforderte große Flexibilität der Köche. Nicht immer konnten sie in den für damalige Zeiten modernen Hofküchen arbeiten. Bei Manövern oder im Hofzug während einer Reise des Monarchen waren die Hofköche mit schwierigen Arbeitsbedingungen konfrontiert. „Der Küchenwagen enthält eine complet eingerichtete Küche mit einem großen Sparherde, ferner ein Separatcoupé mit Toilette für den Hofkoch. Der Küchen-Beiwagen enthält verschiedene Kästen und Fächer, Abtheilungen für lebendes Geflügel und aufklappbare Betten für das Küchenpersonale.“ Der Raum im Küchenwaggon war eng, weil an beiden Längsseiten die Kücheneinrichtung angebracht war; das Kochen während der Fahrt wurde durch das ständige Rucken des Zuges erschwert. Überdies kann man sich die Geruchsbelästigung durch das lebende Geflügel im Küchenbeiwagen für das dort schlafende Personal vorstellen. Bei Manövern war die Arbeit von den Hofköchen meist in provisorisch aufgestellten Baracken oder Küchenzelten zu verrichten. Auf improvisierten Herden mussten die Köche oft tausende Mahlzeiten kochen.
Besondere Aufgaben der Hofköche
Die Köche bei Hof trugen sehr große Verantwortung: Sie sorgten durch gut zubereitete Mahlzeiten nicht nur für das leibliche Wohl des Monarchen, seiner Familie und seiner Angehörigen; sie mussten auch dafür Sorge tragen, dass Mitglieder der kaiserlichen Familie nicht durch Verdorbenes zu Schaden kamen. Überdies wäre es einem Hofkoch ein Leichtes gewesen, den Monarchen zu vergiften. Aus allen diesen Gründen musste jeder Koch einen Diensteid ablegen. Inhaltlich änderte sich an den Diensteiden und Instruktionen bis zum Ende der Monarchie wenig. Man trug v.a. dem technischen Fortschritt Rechnung. So waren beispielsweise die Bediensteten der Lichtkammer ab den 1890er Jahren neben den Kerzen und Petroleumlampen auch für Glühbirnen zuständig. In der Hofküche gab es einen elektrischen Mörser und andere Erleichterungen für das Personal, die bloß „intelligente Handhabungen, nicht aber auch einen Aufwand an physischer Kraft erfordern“.
Ein weiterer wichtiger Punkt sind jene Gelegenheiten, bei denen die Hofköche und Hofzuckerbäcker besondere Leistungen zu erbringen hatten. Zwei davon seien hier herausgegriffen: Hofball / Ball bei Hof und die Fußwaschung am Gründonnerstag. Während die zwölf armen Männer und zwölf armen Frauen bei der Fußwaschung mit recht einfachen Fastengerichten „abgespeist“ wurden, konnte man sich an den Ballbuffets an folgenden kalten Speisen gütlich tun: Wildschweinköpfe, Wildschweingalantinen, Gansleberpasteten, Wildgâteaux, Fasangalantinen, Rebhuhngalantinen, Schneehühner, Steinhühner, Hummer, Rheinlachs, Fogas, Damwildrücken, Damwildschlögel, Hirschrücken, Hirschschlögel, Rehrücken, Schinken, Zunge, Lungenbraten, Roastbeef, gebratene Poularden, Fasanenbraten, Salate, Kompotte, Mayonnaise, Aspik, Gelée, Sandwiches, Canapés, Jagdwecken und vierteilige Fleischschüsseln (für kaltes Fleisch bzw. Fleischsalat). Neben warmen Mehlspeisen waren nur die Oliosuppe und die Gerstenschleimsuppe Heißgerichte am Buffet. Weiters gab es Crème au chocolat, Faschingskrapfen, Babas, Orangen, runde Schalen mit süßen Saucen, pürierte Marillenmarmelade, kleine Bäckereien, Gugelhupf, Konfekt, Bonbons sowie die dazu passenden Getränke (Tee, Kaffee und Punsch). Diese Mengen an Köstlichkeiten bei den Hofbällen waren auch für die Medien ein interessanter Punkt in ihren Berichten: „Bei einem gewöhnlichen Hofball werden gebraucht: Gegen acht Eimer Oleo-Suppe, 100 bis 120 Teller Sandwiches, vierzig Gugelhupfe, 80 – 100 große Schüsseln Krapfen, über vierzig Schüsseln verschiedene Torten, 150 Schüsseln Compot und 130 Schüsseln Thee- und andere Bäckerei, Centner der bekannten Bonbons, welche sich jeder Gast so gerne zum Andenken davon mitnimmt, daß er Gast des Kaisers gewesen.“
Über die Autorin
Die Autorin Dr. Ingrid Haslinger ist Historikerin. Sie studierte Geschichte und Anglistik an der Universität Wien. Im Zuge ihrer Archivforschungstätigkeit verfasste sie den Sammlungskatalog Band II der ehemaligen Hofsilber- und Tafelkammer, das Buch „Küche und Tafelkultur am kaiserlichen Hofe zu Wien“ sowie Bücher über die Essgewohnheiten von Kaiser Franz Joseph („Tafeln wie ein Kaiser“) und von Kaiserin Elisabeth („Tafeln mit Sisi“). Wesentlich für die Arbeit von Ingrid Haslinger ist ihre intensive Forschungstätigkeit, Basis für ihre Publikationen sind historische Quellen. Die Buchautorin ist seit ihrer Jugend passionierte Köchin und sammelt seit vielen Jahren alte Kochbücher und Tafelgeräte. Auch diesen Interessen hat sich die Autorin in ihren Büchern gewidmet und unter anderem eine Kulturgeschichte der Wiener Küche geschrieben.
Das Buch mit dem Titel „Otto Desbalmes – Aus dem Leben eines k.u.k. Hofkochs“, welches 2022 im Kral Verlag erschienen ist, hebt eine im täglichen Leben Kaiser Franz Josephs und seiner Familie wichtige Persönlichkeit aus der Anonymität. Otto Desbalmes‘ Karriere fiel in jene Zeit, als sowohl die Habsburgermonarchie als auch die Wiener Küche ihre Hochblüte erlebten.Über ihn liegt umfangreiches Material vor, das unter anderem die Tätigkeiten in den Hofküchen im Detail dokumentiert. In der Darstellung werden weiters einige von Desbalmes‘ Kochkollegen berücksichtigt.
Weitere Artikel:
Zu dem Thema der kaiserlichen Küche ist bereits der Artikel: „An des Kaisers Tafel“ von Gastautor Hannes Etzlstorfer auf Bürgerleben erschienen.
Artikel rund um Sisi und die kaiserliche Familie findet Ihr unter dieser Übersicht.