Was kosteten Drogerie-Artikel? Von Seifen, Wundermitteln und Klosettpapier
4. Teil Serie „Was kostete wieviel?“ – Von Waren und Preisen
Hier geht es zur Einführung und dem 1. Teil „Das liebe Geld“
Einige von Euch können sich vielleicht noch aus ihrer Kindheit an Drogerien erinnern, in denen es einen großen Ladentisch mit einer Verkäuferin dahinter gab, in Regalen waren verschiedene Waren sortiert und einige Mittel auch in hübschen Schubladen versteckt. Andere kennen solche Läden aus alten Filmen. Stellen wir uns vor, wir treten in solch eine Drogerie ein und schauen uns dort um. Schon bald bemerken wir: Bereits damals enthielt die Werbung wertvolle Zusatzinformationen!
So kostete die beste Zahnbürste – nämlich die von Prof. Dr. med. Jul. Witzel entwickelte- 1,25 M. Der Spruch „Von Zahnärzten entwickelt“ bzw. „empfohlen“ zog anscheinend schon immer als Kaufargument. Jul. war übrigens die Abkürzung für Julius – wahrscheinlich war zu wenig Platz für den Aufdruck auf der Zahnbürste.
Zum Putzen verwendete man am besten die „Kalodont Best- Zahn-Creme“ für 60 Pfennig. Kalodont war eine österreichische Marke und als solche die weltweit erste Zahnpasta in Tuben! Davor gab es Zahnpasta nur in Dosen, was den Nachteil hatte, daß sie schnell austrocknete und auch nicht so gut hygienisch abgepackt und portionierbar war.
Wäsche wurde bereits damals nicht sauber, sondern rein gewaschen – „So weiß wie Schnee im Sonnenschein wäscht Sunlichtseif die Wäsche rein“ lautete der Werbespruch von Sunlicht dazu. Die bekannte Doppelstückpackung gab es für 25 Pfennig. Es gab schon Waschpulver, aber Waschseife, die in die Waschlauge gehobelt wurde, scheint sehr gebräuchlich gewesen zu sein. In diesem Artikel erzähle ich mehr vom damaligen Waschen und dem Aufkommen der ersten Waschmaschinen für den Haushalt.
Die deutsche Sunlicht Seifenfabrik AG wurde übrigens 1899 von einem gewissen Herrn Lever, seines Zeichens Brite, in Mannheim gegründet. Der Hauptgrund dafür war, daß Seifen und Reinigungsmitteln mit hohen Zöllen belegt waren, die den Ertrag natürlich wesentlich schmälerten. Das Geschäft mit Waschseifen und Reinigungsmitteln florierte in Deutschland und England, wo sich das Mutterunternehmen „Lever brothers“ befand, sehr gut. Und nein, es ist kein Zufall mit dem Namen: 1929/30 kam es bei Sunlicht zum dazumal grössten Firmenzusammenschluß der Welt – die neue Firma, deren Teil Sunlicht nun war hieß: Unilever. Der Uni-Teil kam übrigens von einem fusionierten Margarine-Imperium (Margarine Unie), deren holländische Inhaber ebenfalls teilweise deshalb ihre Produktion in Deutschland angesiedelt hatten, um den Schutzzöllen des Deutschen Reichs auf Margarine und Butter zu entgehen…
Seife für die Haut war für ca. 50 Pfennig zu haben, jedenfalls Lilienmilch-Seife von Steckenpferd. Deren Werbespruch: „Jeder Mensch hat ein Steckenpferd, mein’s ist Steckenpferd-Lilienmilch-Seife“.
In der Werbung war Steckenpferd mit seiner Seife sehr präsent – die Gestaltung für uns heute oft komisch bis lustig! Wobei, vielleicht wußte man schon zu dieser Zeit, dass solche Werbungen oft am ehesten „im Kopf hängen bleiben“.
Schon immer ein Thema, ob bei Mann oder Frau, waren Haare – genauer gesagt üppiger Haarwuchs durch diverse Wunder- äh Haarwässer. Umso besser, wenn die Anwendung in der eigenen Familie bestens funktionierte – so suggeriert es das Foto der „Töchter des Erfinders“ E. A. Uhlmann. Oder gab es damals schon Bildbearbeitung? Wahrscheinlich hatten die Töchter mit der Literflasche gearbeitet, die für stolze 9 Mark erhältlich war.
Den Finger auf die Wunde bzw. einen männlichen Glatzenansatz legt buchstäblich die „Javol“-Werbung, die gleichfalls Haarerhalt und -pracht verspricht. Die Flasche kostete 2 Mark. Über hundert Jahre später wissen wir, daß ein Mittel gegen Haarausfall bzw. Glatze immer noch seiner Erfindung harrt -und den Erfinder sicherlich sehr reich machen wird…
Ganz normal gewaschen wurde das Haar (wenn vorhanden) natürlich auch schon – gerne mit „Shampoon mit dem schwarzen Kopf“ – und zwar in Nord und Süd, in Ost und West! Ein Paket (mit Veilchengeruch!) kostete 20 Pfennig.
Ja, die eine oder andere der damaligen Marken kennen wir noch heute, gleichfalls beim Thema Schönheit. Neben Schwarzkopf z.B. Aok (zur Geschichte der Firma gibt es diesen Artikel), Kaloderma oder Nivea.
Stellen heutige Werbeversprechen eher die positiven Effekte in den Vordergrund („glatte faltenlose Haut“), so sprach man damals die Mißstände direkt an, ob bei der Firma Dr. Dralle „spröde u. aufgesprungene Haut“, denen eine Glycerin Honig Gelee für 0,60 oder 1 Mark beikommen sollte oder Nivea mit ihrer Creme ein Gegenmittel für „welk und trocken erscheinende Haut“ versprach. Zu kaufen war sie in Dosen schon ab 10 Pfennig (bis 1 Mark), Tuben fingen bei 40 Pfennig an. Oft warb man in der Werbung gleich für weitere Produkte mit – bei Nivea z.B. für verschiedene Puder-Sorten (Teint; Streu- und Schweiß-) mit dem Zusatz „käuflich in Apotheken, Drogerien und Parfümerien“.
Kaloderma gab es sogar in Drogen-Geschäften – Spass, so wurden wohl Drogerien auch manchmal genannt.
Die heute (leider!) nicht mehr erhältliche „Crême Benzoe“ half gegen alles: „leicht gelbe Haut, Runzeln, Sommersprossen und Hautunreinigkeiten“. Wahrscheinlich auch deshalb kostete die Dose stolze 2 Mark. Wobei es gab noch kostenlos den wissenschaftlichen Ratgeber „Die Schönheitspflege“ dazu. „Erfolg garant.(iert)“ von Otto Reichel in Berlin – zu einer Werbung ohne Abk.(ürzungen) reichte das Budget aber noch nicht…
Gut duften wollten die Damen und Herren natürlich auch, wobei ich leider keine Werbung für Rasierwasser oder Herrenparfüms finden konnte! Ein Klassiker schon damals das „ächte Eau de Cologne No. 4711“, von dem uns in der Werbung kein Preis verraten wird. Zum Glück aber von „Dralle’s Maiglöckchen-Illusion“. In einer Werbung „Illusion im Leuchtturm“ (wie poetisch!) werden Preise genannt. Veilchen-Parfüm kostet 4 Mark, die übrigen „Gerüche“ (Veilchen, Rose etc.) 3 Mark.
Für den Herren gehörte zum gepflegten Aussehen natürlich die Rasur – es sei denn, man trug Bart – sehr oft übrigens einen Schnurrbart bzw. „Kaiser Wilhelm Zwirbelbart“. Ja, Wilhelm II. war sicher eine Inspiration. Die Bartmode entwickelte dann eine Eigendynamik – wie das mit Bartformen bis heute so ist.
Für alle, die rasierten, gab es den „weltberühmten Sicherheits-Rasier-Apparat „Mulcuto“ für 2,50 Mark von Paul Müller aus Solingen, der Messerstadt. „Rasier Dich im Dunkeln…ohne Vorkommnisse und ohne die zarteste Haut im geringsten verletzen zu können“ war dabei das besondere Werbeversprechen.
Putzmittel wurden gleichfalls in der Drogerie gekauft, z.B. Saponia von den Saponia-Werken aus Offenbach. Leider erfahren wir in der Anzeige nicht, wieviel es genau kostete, aber es wird -wie die schon erwähnte Sunlicht-Seife, die auch zum Putzen verwendet wurde, eher im Pfennigbereich gelegen haben. Nicht nur in Drogerien gab es Saponia, sondern auch in „Colonialwaren-Handlungen“ und „eventuell“ (?) direkt durch die Fabrik. Vielleicht war das zum Erscheinen der Werbung noch nicht ganz geklärt mit dem Fabrikverkauf…
Sanitärprodukte für Damen konnte man sich entweder diskret zuschicken lassen oder auch in der Drogerie erstehen – 6 Stück (das halbe Dutzend) von der Firma Hartmann kosteten 0,75 -1 Mark. Hier habe ich anhand der Geschichte dieser Firma erzählt, wann Monatsbinden aufkamen und wie sie zu Verkaufsschlagern entwickelten. Den Traggürtel zur Befestigung gab es oft für kleines Geld dazu.
Zum Schluss noch „Eine delikate Sache für Jedermann“. Wilh.(elm?) Gotthold aus der Pfalz inserierte sein „gesetzl. geschütztes und ärztlich empfohlenes Klosettpapier“. Das war recht teuer! Sowohl 10 Rollen der Marken „AB“ als auch „Privat“ kosteten immerhin 3,30 Mark! Also 33 Pfennig die Rolle, mehr als eine Doppelpackung Waschseife! Noch teurer war sein „präparirtes Glycerinpapier „Wohltat“ – 5 Pakete kosteten 5 Mark. Immerhin war der Versand aber portofrei!
Als nächster 5. Teil der Serie erscheint „Kleidung“. Was Frauen und Männer drunter und drüber trugen und wieviel es kostete…
Erschienen sind schon:
1. Einführung (Zahlungsmittel & Preise);
2. Lebensmittel
3. Genußmittel