Mary Vetsera – Kronprinz Rudolfs Gefährtin für den Tod

 In Gastbeitrag, Sisi, Unkategorisiert

Ein Gastartikel von Petra Herzberg

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Prolog

„Bratfisch hat so schön gejodelt“ – etwas seltsam mutet uns dieser Satz an im Abschiedsbrief der blutjungen Mary Vetsera an ihre Schwester Johanna (Hanna). Mary schrieb ihn in der Nacht des 29. Januar auf den 30. Januar 1889 in Mayerling, dem Jagdschloss von Kronprinz Rudolf, dem einzigen Sohn von Kaiser Franz Joseph und Kaiserin Sisi. Mary war erst 17 Jahre alt. Draußen war es dunkel, kalt und es lag Schnee. Sie war mit Kronprinz Rudolf von Österreich, ihrer großen Liebe, hierhin geflohen. Rudolfs Leibkutscher Josef Bratfisch sang Wiener Lieder, Rudolfs Kammerdiener Johann Loschek bewirtet sie mit Speis und Trank und die beiden Verliebten saßen beim Wein und vergaßen die Zeit.

Aussichtslos war Marys Liebe zum österreichischen Thronfolger, doch sie kannte nur ein Ziel, wenn sie nicht im Leben mit ihm vereint sein dufte, dann wenigstens im Tode….. In dieser Nacht feierten sie Abschied. Abschied vom Leben….

Mary schreibt und schreibt. Es sind drei Abschiedsbriefe erhalten: an ihre Mutter Helene Vetsera, ihre Schwester Hanna (Johanna) und ihren jüngeren Bruder Feri (Franz Albin). Erst 2015 wurden sie durch Zufall im Safe der Wiener Schoellerbank aufgefunden. Bislang ist man davon ausgegangen, dass die Briefe nach dem Tod von Marys Mutter vernichtet worden waren. An ihre Mutter Helene schrieb Mary: „Ich konnte der Liebe nicht wiederstehen. In Übereinstimmung mit Ihm will ich neben Ihm im Friedhof von Alland begraben sein. – Ich bin glücklicher im Tod als im Leben.“

Schreibt sie, um die Angst vor dem letzten Schritt niederzukämpfen, schreibt sie, weil sie nicht schlafen kann oder schreibt sie, weil auch Kronprinz Rudolf Abschiedsbriefe schreibt? Wir wissen es nicht. Wir wissen nur, dass beide am folgenden frühen Morgen erschossen aufgefunden wurden und damit die ganze österreichisch/ungarische Monarchie in eine unfassbar tiefe Trauer und Ohnmacht fiel. Bis heute ist das Drama von Mayerling noch nicht vollständig aufgeklärt und viele Mythen und Legenden ranken sich noch immer darum.

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Mary Vetsera mit dem berühmten Diamant-Halbmond im aufgesteckten HaarSammlung Petra Herzberg

Kindheit und Jugend

Maria Alexandrine Baronin von Vetsera, genannt Mary, wurde am 19. März 1871 in Wien geboren. Sie war das dritte von insgesamt vier Kindern des Diplomaten Albin Johannes Ritter Vetsera (1825 – 1887) und seiner Gattin Helene geb. Baltazzi (1847–1925), die aus einer der reichsten griechischen Familie stammte.

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Mary im Kostüm eines Wäschermädels, so ging sie gern zum Tanzen in die Vorstädte Sammlung Petra Herzberg

Mit dem Geld von Helene konnten die Vetseras 1880 mit ihren Kindern ein herrschaftliches Palais in der Salesianergasse 11 im 3.Wiener Gemeindebezirk beziehen. Helene führte das große Haus und gab in der Faschingssaison rauschende Bälle. Obwohl die Vetseras nur zur „zweiten Gesellschaft“ Wiens zählten, waren sie stolz, dass Mitglieder der Hofgesellschaft ihre opulenten Bälle besuchten, obwohl die neureiche Familie nie als gleichwertig anerkannt wurde.

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Ein privates Foto: mit offenem HaarSammlung Petra Herzberg

Wie viele junge Mädchen damals schwärmte Mary, neben schönen Kleidern, für den Kronprinzen, den sie 1888 bei einem Pferderennen in der Wiener Freudenau zum ersten Mal persönlich in der Kaiserloge gesehen hatte. Ab diesem Zeitpunkt las sie täglich die Berichte der Klatschpresse, sammelte Fotos und zog Erkundigungen über ihren Schwarm ein.

Als ihre Mutter die Schwärmerei bemerkte, unternahm sie zur Ablenkung mit ihrer Tochter einige Auslandsreisen. Doch kaum in Wien zurück, schreibt Mary Rudolf einen Brief und schlägt ein persönliches Treffen vor. Rudolf antwortet und stimmt zu. Für das erste Treffen setzt Rudolf seine Cousine, Gräfin Marie Louise Wallersee-Larisch, als Kupplerin ein. Marie Larisch war die einzige Tochter von Sisis ältestem Bruder Ludwig und der Schauspielerin Henriette Mendel. Für sie hatte Ludwig seine Rechte in der Erbfolge des Herzogshaus Bayern aufgegeben.

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Ganzporträt Marys im Wäscherinnenkostüm Sammlung Petra Herzberg

Eine Affäre nimmt Ihren Lauf/ Verbündete & Freundin Marie Larisch

Als Cousine des Kronprinzen hatte Marie Zugang zur Hofburg. Sie war eine Zeitlang Gesellschafterin von Kaiserin Sisi. Sisi liebte wilde Parforcejagden und Marie ritt ebenso tollkühn die schwersten Jagden unbeschadet mit. Sisi suchte den Ehemann für Marie aus und obwohl Marie den Grafen Georg Larisch gar nicht mochte, gab sie Sisi zuliebe nach und heiratete ihn. Zu dem Zeitpunkt war Sisi die Gesellschaft von Marie bereits lästig geworden und mit der Heirat konnte sie sich anderen Hofdamen und Gesellschafterinnen zuwenden.

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Mary mit Marie Larisch (links)wikipedia

Marie gab den Betteleien von Mary nach und nahm sie Anfang November 1888 erstmals zu einem Besuch beim Kronprinzen mit in die Wiener Hofburg. Da die bildhübsche und reife Mary mit dem dunklen langen Haar und den großen blauen Augen dem Kronprinzen gefiel, folgten bis zum 28. Januar 1889 acht belegbare Treffen. Dabei holte Kammerdiener Loschek Marie und die verliebte Mary von einem Nebeneingang der Hofburg ab und brachte sie über Geheimgänge zu Rudolf. Loschek hat auch die Briefe Rudolfs an Mary zum Palais Vetsera gebracht und Marys Zofe Agnes Jahoda überreicht. Nach dem ersten intimen Kontakt kaufte Mary in dem Wiener Edelgeschäft Rodeck eine silberne Zigarettendose und ließ darauf für Rudolf gravieren „13. Jänner – Dank dem Schicksal“.

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ein bildhübsches Mädchen...Sammlung Petra Herzberg

Die kaiserliche Familie fand Briefe zwischen Rudolf und Marie auf und damit war bewiesen, dass Marie in die Liebesgeschichte involviert war. Sofort nach dem Drama von Mayerling verbannte Sisi Marie Larisch komplett vom Hof und gab ihr nie wieder eine Chance mit ihr zu sprechen. Marie versuchte sich besonders in ihren Büchern „Meine Vergangenheit“ und „Kaiserin Elisabeth und ich“ zu rechtfertigen, doch Sisi wollte nie wieder mit ihr etwas zu tun haben. Aus Rache, verletztem Stolz sowie finanzieller Not schrieb sie diese beiden und weitere Bücher, die auch heute gelegentlich antiquarisch zu erwerben sind. 1924 ging Marie in die USA und heiratete zum dritten Mal.

Es gab nicht belegbare Gerüchte, dass auch Marie mit Rudolf eine kurze Affäre gehabt haben soll und auch Marys Mutter Helene dem rassigen Kronprinzen zugeneigt gewesen sein sollte. Hinter vorgehaltener Hand munkelte man in Wien sogar davon, das Mary und Rudolf Halbgeschwister seien, denn auch der Kaiser sei der schönen Helene nicht abgeneigt gewesen….. Spekulationen, aber der Klatsch blühte schon immer in Wien.

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Mary Vetsera zum Zeitpunkt des ersten Kennenlernes mit Kronprinz RudolfSammlung Petra Herzberg

Im Hause Vetsera hätte man es gern gesehen, wenn Mary den Avancen des Herzogs Miguel von Braganza Aufmerksamkeit geschenkt hätte, der ihr offen den Hof machte. Doch Mary wollte von ihm nichts wissen, all ihre Aufmerksamkeit galt Rudolf. Mit Marie Larisch ging sie am 5. November 1888 ins renommierte Wiener Fotostudio „Adele“ um sich für Rudolf fotografgieren zu lassen. Marie dachte sich nichts weiter dabei und ließ sogar ein gemeinsames Foto zu. Zu Weihnachten bekam Marie dieses Foto von Mary geschenkt, unter das sie geschrieben haben sollte „Treu bis in den Tod“. In dem Brief dazu schrieb sie „Das ist das letzte Foto was ich von mir habe machen lassen. Ich will es wie die Kaiserin machen und in jedermanns Erinnerung in meiner Schönheit und Jugend fortleben“.

Zum Ball in der Deutschen Botschaft am 27. Januar 1889 zu Ehren des Geburtstages von Kaiser Wilhelm II, waren die Vetseras ebenfalls eingeladen. Mary wusste, dass sie hier den Kronprinzen wiedersehen würde.

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Helene Vetsera, Marys Mutter im Ballkleid, eine bekannte Wiener Persönlichkeit.Sammlung Petra Herzberg

An diesem Abend gab sie sich mit ihrer Toilette viel Mühe. In ihrem hellblauen Kleid mit gelbem Besatz und dem berühmten Diamanthalbmond im aufgesteckten Haar sah sie überirdisch schön aus. Natürlich war es bei den Gästen bekannt, dass sie Rudolf Avancen machte. Die Damen der hohen Gesellschaft tuschelten und beobachteten Mary mit missbilligenden Blicken. Als Rudolf mit seiner Ehefrau, Kronprinzessin Stephanie am Arm Einzug in den Saal hielt, blickte Mary Stephanie überreizt in die Augen und verweigerte ihr den Hofknicks.

Marys Mutter Helene, die neben Mary bereits im Hofknicks versunken war, bemerkte das Verhalten ihrer Tochter, und zwang Mary sich ebenfalls zu verbeugen, indem sie sie am Arm packte und herunterzog. Doch es war zu spät…

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Mary war sich ihrer Reize bewußtSammlung Petra Herzberg

Das Drama von Mayerling – Flucht aus der Hofburg

Die frühreife sinnliche Mary wurde von der Wiener Salonnière Nora Fugger, der sie im Frühjahr 1886 beinah den Bräutigam ausgespannt hätte, als „verführerische kleine Nixe“ bezeichnet. Nora Fugger war mit Hanna, Marys Schwester, befreundet und kannte beide seit ihrer Kindheit. In ihren Memoiren schrieb sie: „Der Kronprinz wurde bei einem Rennen 1888 auf Mary aufmerksam, lernte sie jedoch damals nicht kennen, scheint aber auf ihr Augenspiel gleich eingegangen zu sein, was ihr ganz den Kopf verdrehte. Bald darauf hat sie den Kronprinzen in der Oper gesehen, wobei sie durch ihr Benehmen, en face der Hofloge, ihre Gefühle so deutlich erkennen ließ, dass ihr der Kronprinz dann auch mittels Opernglases seine Aufmerksamkeit zuwendete“. Nora Fugger fährt fort: „Sie war wohl für ihr Alter avanciert; doch es fehlte ihr an Routine und Courage, um sich allein die Möglichkeit zu intimen Zusammenkünften mit dem Kronprinzen zu schaffen“.

Nach einem heftigen Streit am 27. Jänner mit seinem Vater, Kaiser Franz Joseph, traf Rudolf am 28. Jänner 1889 in seinem Jagdschloss zu einer Jagd in Mayerling ein. Aus Rom war die negative Antwort von Papst Leo XIII gekommen auf Rudolfs Bitte, seine Ehe mit Stephanie scheiden zu lassen. Rudolf hatte Stephanie mit Gonorrhoe angesteckt und sie konnte ihm keinen Sohn und somit keinen Thronfolger mehr schenken. Rudolf hatte den Papst um Zustimmung zur Scheidung gebeten und schrieb ihm, dass seine Ehefrau erkrankt und unfruchtbar geworden sei. Der Papst war empört und richtete verärgert seine ablehnende Antwort direkt an den Kaiser.
Franz Joseph war außer sich. Wie konnte sein Sohn und Thronfolger es wagen, ihn, den Kaiser zu übergehen und den Papst mit solch einer unmöglichen Bitte anzuschreiben? Das war ein Affront. Bei diesem Streit befahl er seinem Sohn auch die Liaison mit Mary sofort zu beenden.

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Kronprinz Rudolf mit seiner Frau Stephanie (ca. 1887) - eine unglückliche EheSammlung Petra Herzberg

Am 28. Jänner war Mary mit Marie zu Einkäufen in der Stadt unterwegs, auch um das silberne Zigarettenetui auf Maries Namen umzuschreiben, damit kein Verdacht auf Mary fallen konnte.

Marie rechtfertigt sich in ihrem Buch, dass sie danach Mary nochmals durch Geheimgänge und übers Dach in die Räume des Kronprinzen gebracht hat. Hier bittet Rudolf Marie mit Mary allein sprechen zu wollen. Marie wartet in einem Nebenraum. Währenddessen flüchtet Mary aus der Hofburg über die Geheimgänge zu der wartenden Kutsche von Bratfisch, der sie zum Gasthof „Rother Stadl“ vor den Toren Wiens bringt, wo sie auf Rudolf warten. Von dort geht es zusammen weiter nach Mayerling. Rudolf geht das letzte Stück zu Fuß zum Jagdschloss, damit kein Verdacht aufkommt. Bratfisch bringt Mary zum Schloss und übergibt sie an Loschek, der sie ungesehen ins Zimmer des Kronprinzen bringt. Niemand soll wissen, dass Mary im Schloss ist. Marie, die Mary eigentlich nach den Einkäufen nach Hause zurückbringen sollte, stand schließlich zerknirscht und von Rudolf getäuscht vor Helene – ohne Mary. Rudolf hatte ihr geraten, sie solle Helene sagen, Mary sei ihr weggelaufen.

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Mary - Große Augen, heller Teint, zerbrechliches Wesen, das Schönheitsideal ihrer Zeit Sammlung Petra Herzberg

Vergebene Warnung von Mizzi Kasper

Die Nacht vor der Flucht nach Mayerling hatte der Kronprinz bei seiner langjährigen Geliebten Mizzi Kaspar verbracht. Der Polizeiagent Florian Meissner, der zuständig für Rudolfs Überwachung war, gab zu Protokoll: „Montag, den 28/1.1889 war er bei Mizzi bis 3 Uhr morgens, trank sehr viel Champagner, gab dem Hausmeister zehn Gulden Sperrgeld. Als er sich von Mizzi empfahl, machte er ihr ganz entgegen seiner Gewohnheit an der Stirne das Kreuzzeichen. Von Mizzi fuhr er nach Mayerling.“

Mizzi fühlte, dass hier etwas nicht stimmte, ging zur Polizei und brachte ihre Bedenken und Befürchtungen hervor, doch einer Prostituierten wollte man nicht glauben, was am Ende fatal war. Denn Rudolf hatte Mizzi schon im Sommer 1888 gebeten, mit ihr in den Tod zu gehen, doch die lebensfrohe Frau hatte abgelehnt. In Mary jedoch fand Rudolf eine Begleiterin, die ihm liebestoll und bereitwillig folgte – bis in den Tod.

Hergang der Tat – Tatsachen und Vermutungen

Zu Ursachen und Hergang der Tat gibt es unterschiedliche Theorien. Am 29. Jänner treffen die Jagdgäste Graf Hoyos und Prinz Coburg ein. Doch Rudolf sagt seine Teilnahme an der Jagd wegen Erkältung ab und lässt das Galadinner am Abend in der Hofburg telegrafisch absagen. Prinz Coburg reist nach Wien ab und Graf Hoyos zieht sich ins Gästehaus in Mayerling zurück. Kammerdiener Loschek berichtete von einem der Tat vorangegangenen langen Gespräch: „Ich hörte die ganze Nacht über Rudolf und Mary in sehr ernstem Tone sprechen. Verstehen konnte ich es nicht. 5 Minuten vor 1/4 Sieben Uhr früh kam Rudolf vollständig angezogen zu mir in das Zimmer heraus und befahl mir, einspannen zu lassen. Ich war noch nicht im Hof draußen, als ich Detonationen hörte, ich lief sofort zurück, der Pulvergeruch kam mir entgegen, ich stürmte zum Schlafzimmer, doch es war entgegen der Gewohnheit abgesperrt.“

Erst nach dem Aufbrechen der Tür wird bekannt, dass der Kronprinz nicht allein war. Mary und Rudolf liegen tot auf dem Bett.

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Ein Foto aus der Serie, die Mary im Studio Adele für Kronprinz Rudolf anfertigen ließ Sammlung Petra Herzberg

Sofort wurde ein kaiserliches Ärztekollegium nach Mayerling entsandt, das bei Mary zunächst Selbstmord durch einen Kopfschuss aus nächster Nähe konstatierte. Die Tatsache, dass der Kronprinz sie vor seinem Selbstmord erschossen und damit eine Todsünde begangen haben sollte, musste zur Ehrenrettung der Dynastie verschleiert werden. Der noch nie dagewesene Skandal der zu erwarten war, der die kuk Monarchie in ihren Grundfesten erschüttern würde – diesen galt es mit allen Mitteln abzuwehren.

Rudolfs Selbstmord war schon ein besonderer Skandal, aber dass er mit dem Mord an Mary zum Mörder wurde, überstieg alles. Die erste Version die durch Graf Hoyos dem Kaiser gemeldet wurde, war, dass Mary den Kronprinz mit Zyankali vergiftet habe. Mary habe dann Selbstmord begangen. Der Tod des Kronprinzen durch Herzschlag war die erste Vermutung der Wiener Presse, die am ersten Tag keinerlei Information aus der Hofburg erhielt. Unter großer Geheimhaltung wird noch am Abend die Leiche des Kronprinzen mit einem Extrazug nach Wien gebracht.

Lange Zeit umstritten war die Schussrichtung: Laut der Denkschrift des Grafen Hoyos, der als einziger Übernachtungsgast aufgrund der geplanten Jagd mit dem Kronprinzen in Mayerling anwesend war und am nächsten Morgen die beiden Leichen aus nächster Nähe sah, habe die Kommission festgestellt, dass die tödliche Kugel im rechten oberen Schädelbereich eingedrungen und hinter dem linken Ohr wieder ausgetreten sei. Die von Ministerpräsident und Innenminister Graf Taaffe eingesetzte Kommission jedoch hat bei Mary die tödliche Schussverletzung am Kopf mit Einschuss links und Ausschuss rechts festgestellt. Vom kaiserlichen Leibarzt Dr. Auchenthaler wurde eine Totenbeschau an Mary durchgeführt und diese Schussverletzung im Bericht der Kommission festgehalten und unterzeichnet. Der Bericht existiert noch heute.

Auch die Denkschrift von Marys Mutter besagt, dass die tödliche Kugel links eintrat, was ausschliesst, dass Mary als Rechtshänderin selbst die Waffe abgefeuert hat. Hoyos begab sich noch am Vormittag per Eilzug nach Wien und informierte persönlich Kaiserin Sisi, diese umgehend den Kaiser. Mittlerweile verdichten sich Gerüchte, dass der Selbstmord des Kronprinzen durch eine bei ihm konstatierte Geisteskrankheit geschah, um ihn in allen Ehren kirchlich bestatten zu können. Die Kirche war mit dieser Begründung einverstanden und somit stand einer Beerdigung in der Kaisergruft nichts mehr im Wege. Mary befand sich noch immer in Mayerling, versteckt von Loschek in einer Kammer.

Marys Mutter Helene, zu dem Zeitpunkt noch ahnungslos, suchte verzweifelt ihre vermisste Tochter und in ihrer großen Angst um ihr Kind sprach sie schließlich bei der Kaiserin vor. Sisi ließ sie lange warten und empfing sie dann kühl. Sie antwortete ihr auf die Frage wo Mary sei „Mary ist tot und nun merken Sie sich, dass mein Sohn vergiftet worden ist“. Helene fiel vor ihren Füssen in Ohnmacht, in dem Glauben, Mary habe den Kronprinzen und sich selbst umgebracht.

Das große Schweigen nach Marys Tod

Marys Tod wurde in Wien verschwiegen. Sie wurde am 31. Jänner eilig aus Mayerling nach Heiligenkreuz gebracht. Damit es aussah als ob eine lebendige Mary das Jadgschloss verließ, wurde sie vollständig angezogen und zwischen ihrem herbeigeilten Onkel Baron Alexander Baltazzi und Graf Stockau aufrecht in einer Kutsche sitzend platziert, wobei der Kopf ständig gegen die Schulter ihres Onkels schlug. Um der Presse aus dem Weg zu gehen, wählte man sogar einen Umweg.

Am späten Abend des 31. Jänner 1889 kam der seltsame Tross in Heiligenkreuz an: Man brachte Mary zunächst in die Totenkammer des Ortsfriedhofes, bis in dem zugefrorenen Boden endlich mühsam ein Grab ausgeschaufelt war. Marys Leichnam wurde in einen eiligst gezimmerten einfachen Holzsarg gelegt und in den Morgenstunden des 1. Februar 1889 unweit der Totenkammer an der Südmauer, dem sog. Selbstmördereck des Friedhofes in dem eilig ausgehobenen Erdgrab bestattet. Noch im selben Jahr ließ Marys Mutter eine standesgemäße Gruft errichten, in der Mary in einem prunkvollen Sarg umgebettet wurde. Auf ihrem Grabstein steht der Spruch „Wie eine Blume sprosst der Mensch auf und wird gebrochen“. Im April 1945 wurde die Gruft von sowjetischen Soldaten geplündert. Nach dem Abzug der Soldaten wurden die Schäden nur oberflächlich behoben, zu einer Wiederbestattung kam es erst am 1959. Dabei wurden die sterblichen Überreste in einen neuen Zinnsarg umgebettet, der auf Eisenträgern über dem alten Prunksarg platziert wurde.

Während der Leichnam von Kronprinz Rudolf am 5. Februar 1889 mit allem Prunk zur Bestattung in die Kapuzinergruft zu Wien gebracht wurde, durfte zu diesem Zeitpunkt niemand wissen, dass ihn seine Geliebte in den Tod begleitet hatte. Selbst Kaiser Franz Joseph wurde zunächst in dem Glauben gelassen, der Kronprinz sei von Mary mit Zyankali vergiftet worden. Als kuk Hofarzt Dr. Widerhofer, auf seine Frage, ob der Kronprinz gelitten habe, antwortet, das die Kugel absolut tödlich war, ruft der Kaiser „Was reden Sie da von einer Kugel?“ „Die Kugel, mit der er sich umgebracht hat“ ist der Satz des Arztes, der den Kaiser zusammenbrechen lässt….

Franz Joseph legte Helene nahe, Wien zu verlassen. Sie gehorchte und zog sich mit ihrer Tochter Hanna und ihrem Sohn Feri nach Venedig zurück.

Helene ließ eine Gedächtniskapelle für ihre beiden früh verstorbenen Kinder Ladislaus (†1881 beim Brand des Wiener Ringtheaters) und Mary auf dem Heiligenkreuzer Ortsfriedhof errichten. Auf Glasgemälden sind Mary und Ladislaus (Lacy) als knieende Engel abgebildet und heute noch erhalten.

Franz Joseph kaufte das Jagdschloss Mayerling und ließ es in ein Sühnekloster umwandeln. Dort, wo das Bett gestanden hatte, ist heute ein Altar aufgestellt. Noch heute beten die Karmeliterinnen für Rudolfs Seele. In Ausstellungsräumen kann man den alten Sarg, Fotos und viele Dokumente zum Drama besichtigen.

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zeitgenössisches Bild vom Jagdschloss MayerlingSammlung Petra Herzberg

Grabraub und erneute letzte Bestattung

Für großes Aufsehen sorgte Mary im Dezember 1992. Nach Zeitungsberichten über eine angebliche Grabschändung in Heiligenkreuz, wo man die vermoosten Fugen der Grabstätte offenliegend vorgefunden hatte, wurde die Gruft auf amtliche Anordnung geöffnet. Tatsächlich – nur der alte leere Prunksarg war da und der Zinnsarg mit den sterblichen Überresten von Mary war verschwunden!

Die Gebeine waren von dem am Mayerling-Mythos hochinteressierten Linzer Möbelhändler Helmut Flatzelsteiner aus Puchenau unter Mithilfe von zwei Helfern entwendet worden. Er wollte sie untersuchen lassen und die daraus gewonnenen Forschungserkenntnisse als Aufdecker der Jahrhundert-Kriminalgeschichte publizieren. Doch der Fall wurde durch einen Journalisten aufgedeckt und kam zur Anzeige. Die Zustimmung zu einer Exhumierung von Marys Grab erfolgte schon einige Jahre vor dem Grabraub. Die Zustimmung wurde aber zurückgezogen, die Untersuchung sollte aber geheim und ohne Öffentlichkeit vonstatten gehen. Das war der Grund warum Flatzelsteiner sich entschloss das Grab selbst zu öffnen und Mary selbst unter einem Vorwand von Experten untersuchen zu lassen, was dann im Juli 1991 auch passierte.

In einer Nacht- und Nebelaktion brach Flatzelsteiner und zwei Männer, die er nach eigenen Berichten in einem Tanzlokal kennengelernt und angeheuert hatte, am 25. Juli 1991 die Gruft auf und entwendeten den Zinnsarg, den er im Lagerraum im Keller seines Linzer Möbelhauses versteckte. Flatzelsteiner gab Mary als seine Urgroßtante„Theresia Vindonna“ aus und ließ das Skelett von mehreren Experten untersuchen. Nachdem Flatzelsteiner mit dem Redakteur der Wiener Kronen Zeitung Kontakt aufgenommen hatte und ihn informiert hatte, dass er im Besitz der sterblichen Überreste von Mary Vetsera sei, nahm die Geschichte ihren Lauf. Mary’s Skelett wurde mehreren offiziellen gerichtsmedizinischen Untersuchungen unterzogen, die ergaben, dass sie durch eine Schussverletzung am Kopf ums Leben kam. Damit war es endgültig vorbei mit den unzähligen Versionen über ihre Todesursache.

Am 28. Oktober 1993 wurden die Gebeine unter Ausschluss der Öffentlichkeit in einem neuen Sarg wieder in der Gruft beigesetzt und mit Erde gefüllt, um einer neuerlichen Grabschändung vorzubeugen. Vom zuständigen Gericht wurde jedoch aus Kostengründen auf eine nochmalige Untersuchung der Gebeine verzichtet und es wurde auch keine DNA-Proben entnommen. Daher ist nur gesichert, dass sich in diesem Grab die Überreste einer etwa 18-jährigen Frau befinden, deren Liegezeit etwa 115 Jahre beträgt und deren Schädel zwei Durchschusslöcher (Kugeleintritt und Kugelaustritt) aufweist. Die Kleidung der Toten entspricht der damaligen Zeit. Sie stammt von Wiener Modegeschäften, bei denen auch die Familie Vetsera einkaufte. Es handelte sich um eine Langarm-Jacke aus schwarzem Plüsch und einem vermutlich beigen Rock aus Wolle mit querlaufenen Borten im unteren Bereich, Strümpfen, einer Fellboa aus Skunkfell und Lederschuhe, die doch recht gut erkennbar und erhalten waren.

Flatzelsteiner, der seine Tat als „Entführung“ bezeichnete, entging einer Anklage, weil das Delikt Störung der Totenruhe bereits verjährt war und für das Delikt Diebstahl kein Bereicherungsvorsatz nachzuweisen war. Er musste dem Stift aber 27.500 Schilling (1.999 Euro) Schadensersatz zahlen. Er wollte gemeinsam mit dem Redakteur der „Kronen Zeitung“ die wahre Todesursache von Mary aufdecken um sie der Öffentlichkeit zu präsentieren. Er hatte niemals vor, ihre sterblichen Überreste noch die vorhandenen Kleidungsstücke zu behalten oder zu veräußern. Er hat uns ein lesenswertes, spannendes Buch hinterlassen „Meine Mary Vetsera“, das es noch antiquarisch zu kaufen gibt.

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Eine antiquarische Postkarte mit dem Grab von MarySammlung Petra Herzberg
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Ein späteres Bild des GrabesSammlung Petra Herzberg

Ein Buch mit neuen Fakten – Treffen mit dem Autor

Oberst Helmut Reinmüller, Leiter der Zielfahndungseinheit im Bundeskriminalamt, präsentierte am 26. März 2019 in Mayerling in seinem ersten Buch „Mary Vetsera – Der Grabraub 1992“ bisher unveröffentlichte Fakten mit über 100 Fotos. „Es ist mir auch gelungen, mit Hilfe der Universität für angewandte Kunst, Kunst und Modesammlung, die Kleidung zu rekonstruieren, die von Mary Vetsera im Sarg getragen wurde“ sagt er.

Weiterhin schildert er sehr detailreich den Kriminalfall, von der Anzeigeerstattung hin bis zur Einstellung des Strafverfahrens. Er dokumentiert Planung, Tatausführung, Motiv und die Folgen. Er berichtet über die Interessen des „Grabräubers“ Flatzelsteiner und des Journalisten Georg Markus und geht auf die Besonderheiten dieses außergewöhnlichen Falls ein, der von großem Medieninteresse begleitet wurde. 2021 folgte ein zweites Buch „Cold Case Mayerling – Der Tod von Kronprinz Rudolf und Mary Vetsera“. Beide Bücher sind im Kral-Verlag erschienen. Angeregt durch sein erstes Buch arbeitete er den Fall als Cold Case mit seiner kriminalistischen Sichtweise – nochmals auf und konnte bislang unbekannte Details vorlegen. Vor allem geht er auf die Situation von Marys Mutter ein, die, da sie in allerhöchste Ungnade fiel sogar als das Dritte Opfer des Dramas von Mayerling anzusehen ist.

Er hat damals als Kriminalbeamter im Sicherheitsbüro Wien gearbeitet und wurde mit den Ermittlungen in diesem Kriminalfall betraut. „Mir war bewusst, dass dieser Fall von historischer Bedeutung ist und die Unterlagen gehören gesichert“, sagt er. 26 Jahre später, im Frühjahr 2018, hielt er die alten Unterlagen zum „Grabraub der Mary Vetsera“ wieder in seinen Händen. Er machte sich auf die Suche nach Polizei- und Gerichtsakten, Polizeifotos, Dokumenten und weiteren Unterlagen. Er führte viele Gespräche, u.a. mit dem „Grabräuber“ Helmut Flatzlsteiner, mit Staatsanwälten, Gutachtern, Kriminalbeamten und anderen Zeugen, die in den Fall involviert waren.

Ich hatte das Glück, diesen hochinteressanten Autor und Mensch über meine Leidenschaft für alte Fotos des Kaiserhauses kennenlernen zu können. Er hatte einige Fotos in einer Auktion im Verkauf, die ich gewann. So kamen wir in Kontakt. Schließlich hatte ich die Ehre, ihn auf einer meiner Wien-Reisen persönlich treffen zu können. Die ersteigerten Fotos überließ er mir auch gleich bei der Gelegenheit, die ich mit meinen Artikeln einem interessierten Publikum hier zeigen kann. Danke, Helmut!

Sensation im Jahre 2015

Im Jahr 2015 wurde im Rahmen einer Archivrevision in der Schoellerbank in Wien ein Verwahrstück aus dem Jahre 1926 entdeckt. Eine unbekannte Person hatte einige Dokumente, Briefe und Fotografien der Familie Vetsera in einem Ledereinband mit der Initiale HV (evlt. Helene oder Hanna Vetsera?) deponiert. Die wichtigsten Stücke aus dieser Sammlung sind die drei Abschiedsbriefe von Mary Vetsera, die als vernichtet galten und deren Existenz nur aus der Denkschrift von Helene Vetsera bekannt waren.

Während die Abschiedsbriefe an Mutter und Bruder kurz sind, ist der Abschiedsbrief an ihre Schwester Hanna ausführlich. Es scheint, als habe Mary den Brief an ihre Schwester nachträglich verändert. Während der erste Teil noch mit „Mary“ unterzeichnet wurde, ist der zweite Teil, der mit dem „PS“ eingeleitet wird mit ihrem Vor- und Nachnamen signiert, was bei einem Brief an die eigene Schwester sonderbar anmutet. Die drei Abschiedsbriefe sind alle auf Briefpapier mit dem Schriftzug „Schloss Mayerling“ geschrieben. Auffällig ist, dass bei diesem Konvolut noch ein weiteres Mayerling-Briefpapier verwendet wurde. Dieses recht einfache Papier, das lediglich eine „Mayerling“ Prägung aufweist, wurde für ein weiteres Schreiben Marys an ihre Schwester Hanna verwendet.

Mary schrieb darauf: „Baronin Hanna Vetsera Salesianergasse am 29ten Abends von Bratfisch vorgesungen“. Darin lag der von Josef Bratfisch verfasste Text des Wienerliedes „Der schöne Wienerwald“, das ebenfalls in dem aufgefundenen Konvolut enthalten ist. Eine weitere Quelle ist der Brief von Hermine Tobis, der Klavierlehrerin Marys an Hanna Vetsera. Sie erzählt darin u.a. von den Zeitfenstern in denen sich die beiden gesehen haben und gibt Wortlaute von Briefen Rudolfs an Mary wieder, die ihr Mary übermittelt hatte und heute als verschollen gelten. Der Brief enthält auch folgenden Textausschnitt: „Liebste Hermine, ich muss ihnen heute ein Geständnis machen, über das sie sehr böse sein werden. Ich war gestern von 7 – 9 Uhr bei ihm. Wir haben beide den Kopf verloren, und ich – bin vom Mädchen zur Frau geworden! – jetzt gehören wir uns mit Leib und Seele an!“

Weitere interessante Objekte sind Marys Totenschein mit einer detaillierten Auflistung, wann sie verstorben, überführt und begraben wurde sowie das Dokument zur Umbettung in die neu errichtete Familiengruft. Das nicht alle Originaldokumente aus dem Besitze Helenes die Zeit überdauert haben, zeigt die erhaltene Bestätigung, dass die Schwiegertochter Baronin Margit Vetsera, die aus dem Nachlass ihrer verstorbenen Schwiegermutter Helene Baronin Vetsera stammende Denkschrift verbrannt hat, damit sie nicht in die falschen Hände gelangt.

Ebenfalls befanden sich in der Sammlung ein paar alte Fotografien, eine Haarlocke und weitere Dokumente zu Marys Grab. Diese historisch bedeutsamen Dokumente zur Tragödie wurden 2015 als Dauerleihgabe der Österreichischen Nationalbibliothek übergeben.

Eine weitere Quelle zur Tragödie in Mayerling ist ganz besonders Rudolfs Abschiedsbrief an seine Ehefrau Stephanie. Dieser kam durch einen glücklichen Umstand über einen Privatsammler in die Sammlung von Handschriften und alten Drucken der Österreichischen Nationalbibliothek. In den Memorieren der Kronprinzessin Stephanie „Ich sollte Kaiserin werden“ ist dieser Brief im Facimilie abgedruckt.

Die Denkschrift von Marys Mutter Helene zählt als wichtige Quelle für die Deutung der Geschehnisse rund um die Tragödie. Das Hauptziel von Helene’s „Denkschrift“ war es, den guten Ruf ihrer Familie, besonders den ihrer Kinder wieder herzustellen. Nur wenige der etwa 200 gedruckten Exemplare sind erhalten. Der überwiegende Teil wurde sofort nach dem Druck von der Polizei beschlagnahmt und vernichtet. Glücklicherweise ist ein Exemplar in der Sammlung von Handschriften und alten Drucken erhalten und eine weitere handschriftliche Abschrift der Denkschrift aus unbekannter Hand. Dies ist nicht ungewöhnlich, da durch das Verbot des Druckwerks viele Abschriften händisch angefertigt und rege unter der Hand weitergegeben wurden. Der Nationalbibliothek wurde 1928 ein weiteres Exemplar der Denkschrift angeboten, jedoch war der Preis so hoch, das Abstand genommen wurde.

Eine weitere wichtige Quelle zur Tragödie in Mayerling ist die Denkschrift von Dr. Heinrich Slatin. Als Hofsekretär im Obersthofmarschallamt, der Gerichtsbehörde des kaiserlichen Hofes, fertigte er das Protokoll an bei der ersten Hofkommission vom 30.1.1889, die zur Feststellung des Tatbestandes und zur Testamentsaufnahme nach Mayerling entsandt worden war. Nach den Bestimmungen des Familienstatuts für das Kaiserhaus hatte sich umgehend nach dem Ableben eines Kaiserhaus-Mitglieds eine Kommission an den Sterbeort zu begeben, um nach Anordnungen des Verstorbenen zu forschen und zur Vorlage an den Kaiser mit sich zu nehmen. Hier war die Testamentsaufnahme eine reine Formalität, da bekannt war, dass der Kronprinz sein Testament im Obersthofmarschallamt hinterlegt hatte. Slatin hielt seine Erlebnisse während der Ausübung seiner Tätigkeit als Kommissionsmitglied nach den Ereignissen fest, die er später zu einer Denkschrift ausarbeitete. Nach seinem Tod erschienen sie in fünf Fortsetzungen in der Sonntags-Beilage des Neuen Wiener Tagblatt vom 15.8.1931 bis 13.9.1931. Die Berichte zeichnen sich durch große Verlässlichkeit aus.

Eine überzeugende Schilderung der Ereignisse bietet der Bericht von Alois Zwerger, der als Verwalter in Mayerling angestellt war. Der bisher in der Forschung nicht beachtete, eigenhändig von Zwerger angefertigte Bericht enthält interessante Details zum „Mord und Selbstmord“. So schreibt er: „Sr. Kais. Hoheit hat sich wunderbar gut getroffen mit einem ganz gewöhnlichen Armeerevolver. Die Vecera lag im Bette, auch sie hatte einen Schuß im Kopf. Patronen waren viele im Nachtschrank. Die beiden sind gern gestorben“.

Mary aus Liebe und Rudolf aus Überdruss seines unglücklichen Lebens.

Über die Autorin:

Petra Herzbergs erste Passion ist die berühmte und beliebte Kaiserin Elisabeth und ihre Familie. Dazu hat sie die meisten der in deutschsprachigen Raum erschienenen Bücher zu diesem Thema gelesen und ist persönlich mit namhaften Autoren und Experten in Kontakt. Daneben sammelt sie Bilder und Fotos rund um Sisi und ihre Familie.

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In ihrer Sammlung von Fotos hat sie im Laufe der Jahre sehr seltene Stücke zusammengetragen, darunter eine Reihe Originalaufnahmen, die in den bereits erschienenen Beiträgen wie auch in diesem zu sehen sind. Ihre profunde Kenntnis hat sie bereits in einer Reihe von Artikeln zu verschiedenen Themen rund um Kaiserin Sisi bewiesen und gibt so gerne ihr Wissen an die Leser von Bürgerleben weiter. Inzwischen gehört sie zu den beliebtesten Autorinnen dieser Seite! Beruflich ist sie seit vielen Jahren erfolgreich in der Bankenbranche tätig.

Literatur:

Weitere Artikel zu Sisi und ihrer Familie

Zu Kaiserin Sisi sind bereits folgende Artikel von Petra Herzberg erschienen: „Sieben Geheimnisse von Kaiserin Sisi, die Du wahrscheinlich noch nicht kennst“ ; „Sisis Reisen – Flucht oder Abenteuer?“ , „Sisi und der Reitsport vor 150 Jahren“ , „Sisi – die dunklen Seiten einer Kaiserin“ sowie über ihre jüngste Tochter: „Erzherzogin Marie Valerie – die Lieblingstochter von Kaiserin Sisi

Von Christian Sepp wurden diese beiden Artikel zu Sisis Schwestern „Sophie Charlotte – das dramatische Schicksal…“ und „Marie Königin beider Sizilien – Sisis mutige Schwester“ sowie zu Sisis Mutter Ludovika und ihrer Familie veröffentlicht.

Von Stefan Haderer ist der Artikel  „Sisis jugendliche Schwärmer – die Kaiserin und ihre griechischen Vorleser“ hier erschienen.

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