Katharina Schratt – Geliebte, Nebenbuhlerin oder Freundin des Kaisers Franz Joseph?

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Ein Gastartikel von Petra Herzberg

Katharina Schratt - Vorschau artikel

Freundin des Kaiserpaares und „heimliche“ Kaiserin

Ein wunderschöner Theaterabend im Jahre 1883: im Schloss Kremsier im k & k Österreich zu Ehren des Besuchs von Zar Alexander III überzeugt eine Schauspielerin ganz besonders. Das Publikum, darunter die Gastgeber Kaiser Franz Joseph und seine Frau Sisi, sind von ihren schauspielerischen Künsten fasziniert. Aber besonders einer kann den Blick nicht von Katharina Schratt, der Hauptdarstellerin, lassen: Der Kaiser.

Das bleibt von Sisi nicht unbemerkt. Und ist ihr eigentlich ganz recht, denn sie möchte reisen, weit weg vom Hof, die Welt sehen, an waghalsigen Parforcejagden in England und Irland teilnehmen, antike Sprachen in Griechenland lernen… Ihr ist klar, dass der Kaiser eine Gefährtin für ihre langen Abwesenheiten von Wien braucht… Und da ist sie, ihre Chance: Geschickt fädelt Sisi die Freundschaft zwischen der Hofschauspielerin und ihrem Ehemann ein, eine Freundschaft, die für Sisi Mittel zum Zweck wird, aber für den Kaiser einen zentralen Mittelpunkt in seinem einsamen Leben darstellt ….

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Fesche Kathi mit BlumenhutSammlung Petra Herzberg
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Kathi im schulterfreien BallkleidSammlung Petra Herzberg

Jugend und Ausbildung

Am 11. September 1853 wurde dem Lebensmittelhändler Anton Schratt und seiner Frau Katharina in Baden bei Wien eine Tochter geboren. Von Anfang an wurde das kleine hübsche Mädchen nur liebevoll Kathi gerufen. Kathi hatte zwei Brüder. Der ältere Bruder, Heinrich Schratt (1851–1940) war in der Landwirtschaft tätig und lebte einige Jahre in den USA. 1876 kehrte er jedoch zurück, als der Vater schwer erkrankte. Er betrieb in Baden einen Milchausschank der Pinzgauer Molkerei sowie eine kleine Landwirtschaft. 1890 verließ er Baden und ging nach Kärnten. Er verstarb mit fast 90 Jahren am 5. September 1940.

Der jüngste unter den drei Geschwistern war Rudolf Schratt (1860–1952). Er hatte wie seine Schwester ebenso Interesse am Theater, studierte Maschinenbau und arbeitete anschließend wieder in Österreich. Später widmete er sich wieder dem öffentlichen Leben in Baden und damit auch dem Theater. Von ihm stammen die Entwürfe und Ideen zu dem verschiebbaren Glasdach der Sommerarena in Baden.

Von frühester Jugend an zeigte Kathi großes Talent beim Auswendiglernen und Aufsagen von Gedichten. Bereits mit sieben Jahren konnte sie ohne zu stocken Verse von Schiller und Grillparzer vor Publikum aufsagen. Rechnen, Nähen und Stricken langweilten sie. Bei Literatur und dramatische Dichtung jedoch war sie in ihrem Element. Die Eltern versuchten alles, um ihre Tochter von der Schauspielerei fernzuhalten, die damals noch einen verruchten Beigeschmack hatte. Sie schickten sie nach Köln in ein Internat. Doch Kathi arbeitet hartnäckig an der Realisierung ihres Traumes, Schauspielerin zu werden. Mit fünfzehn Jahren trat sie das erste Mal in Leobersdorf auf. Das Stück, in dem sie spielte, hieß zufällig „Eigensinn“. Schließlich erkannten die Eltern das Talent ihrer Tochter, gaben endlich nach und erlaubten ihr den Besuch der Kierschnersche Schauspielschule in Wien. Ihre Ausbildung erhielt sie bei Alexander Strakosch.

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Katharina Schratt in ihrer Rolle als "Lorle" im Stück "Dorf und Stadt"Sammlung Petra Herzberg

Karriere

Ihr Debüt gab die Siebzehnjährige als Gast der Wiener Theater-Akademie in ihrer Heimatstadt Baden. Ihr erstes Engagement führte sie 1872 an das Berliner Hoftheater. Dort debütierte sie als Gustel von Blasewitz und feierte bereits nach kurzer Zeit weitere nennenswerte Erfolge. Aber sie hatte Heimweh und kehrte nach wenigen Monaten ans Wiener Stadttheater zurück. Am 24. März 1873 trat sie in der Hauptrolle des Stückes als „Käthchen von Heilbronn“ auf, wurde vom Fleck weg von Heinrich Laube engagiert und blieb auf dieser Bühne bis zu dessen Ausscheiden im Jahre 1880.

Weitere Engagements in Sankt Petersburg und New York folgten. In Wien wurde sie ab 1883 immer bekannter und feierte einen Erfolg nach dem anderen. Nach und nach wurde sie zu einer der beliebtesten Schauspielerinnen ihrer Zeit im damaligen k & k Österreich. 1887 erfolgte ihre Ernennung zur Hofschauspielerin. 1893 folgte ihre Ernennung zum lebenslänglichen Mitglied des Burgtheaters, das sie erst im Jahre 1900 verließ.

Die Schauspielerin in ihren Rollen…

In Ihrer Entwicklung von der jugendlich-Naiven über die sentimentale Liebhaberin zur Salondame, die sie mit Witz und Humor, Liebenswürdigkeit und Anmut auszustatten wusste, spielte sie aber auch Rollen mit Dialekt. Besonders hervorzuheben sind die Hauptrollen der Clarisse in „Rosenkranz und Güldenstern“, der Katharina in „Der Widerspenstigen Zähmung“, das Lorle in „Dorf und Stadt“ (Premiere in Wien am 10. November 1883), das Nandl in „Versprechen hinterm Herd“ (in dieser Rolle wird sie von Sisi zum ersten Mal auf der Bühne gesehen) und die Elise in „Der Geizige“. Kaiser Franz Joseph lässt ihr nach einem begeistert gefeierten Auftritt in „Gyges und sein Ring“ umgehend einen großen Blumenstrauß und ein mit Rubinen besetztes Armband mit seinen Initialen überreichen. Noch viele weitere großzügige Geschenke sollten folgen ….

Für den größten Theaterskandal in der Monarchie sorgte Katharina Schratt, als sie – als Freundin des Kaisers – in dem Lustspiel „Maria Theresia“ im Jahre 1903 am Deutschen Volkstheater in Wien eine Kaiserin spielte. Zu diesem Zeitpunkt war Kaiserin Sisi fünf Jahre tot. Die Zeitschrift „Die Fackel“ prangerte den Umstand, dass Kathi als Kaiserin zu sehen war, als „Gipfel der Geschmacklosigkeit“ und von „Schäbigkeit der Gesinnung, Schwindel und widerlichster Anzüglichkeit, um vor einem nach Klatsch geilen Publikum die leeren Kassen eines Geschäftstheaters füllen zu helfen“. Während der Kaiser und die Schauspielerin bis dahin immer darauf geachtet hatten, ihre Beziehung nicht in die Öffentlichkeit zu tragen, habe die Schauspielerin nun die Grenzen des guten Geschmacks verlassen. Selbst der Kaiser konnte es nicht glauben. Überrascht schrieb er an Kathi: „In der Zeitung habe ich gelesen, dass Sie die Maria Theresia spielen werden. Ist das wahr?“ Katharina Schratt betrat nach dem Skandal nie wieder eine Bühne.

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Katharina Schratt mit Fernglas in der OperSammlung Petra Herzberg

Heirat und Familie

1879 heiratete Kathi den ungarischen Konsularbeamten Nikolaus Baron Kiss von Ittebe. Leider entwickelte er sich als verschwenderischer Lebemann. Die beiden trennten sich ein Jahr später, jedoch ohne sich scheiden zu lassen. Im selben Jahr wurde ihr gemeinsamer Sohn Anton, genannt Toni, geboren (1880–1970). Die Kleinfamilie bewohnte eine schöne Wohnung in der Wiener Gumpendorfer Straße. Kathi ist 23 Jahre alt und muss mit ansehen, wie der Gerichtsvollzieher selbst die Garderobe des Ehepaares pfändet. Später standen sie nur noch sporadisch im Briefkontakt, um sich über Toni auszutauschen. 1909 starb Kathis Ehemann und hinterließ ihr das von ihr seit 1890 bewohnte und von ihm im Jahr 1907 erworbene Palais Königswarter in Wien gegenüber der Wiener Staatsoper.

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Katharina Schratt in ihrem HochzeitskleidSammlung Petra Herzberg

Sisi und Kathi

Kaiser Franz Joseph sah Kathi Schratt zum ersten Mal 1883 bei einer Audienz. Zwei Jahre später auf dem Ball der Industriellen im Jahre 1885: als prominentes Mitglied des Hofburgtheaters war die Schauspielerin zu allen großen Festen Wiens geladen, so auch hier. Es ist überliefert, dass sie sehr lange mit dem Kaiser sprach und er oftmals während des Gesprächs laut auflachte. Nach der Theateraufführung im Schloss Kremsier im selben Jahr zu Ehren des russischen Zaren Alexander III wurden die Künstler zum Souper mit den Monarchen gebeten. Dort traf Kathi zum ersten Mal auch Sisi, der schnell klar wurde, wie begeistert der Kaiser von der lebensfrohen Schauspielerin war und wie wohl er sich in ihrer Nähe fühlte. Sofort fädelte sie die Freundschaft ein und ließ den Hofmaler Angeli mit einem Portrait der Schauspielerin als Geschenk für den Kaiser beauftragen.

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Porträt Katharina Schratt mit Blumenkranz und Blumen ca. 1880 (Atelier Adele)Sammlung Petra Herzberg

Wie durch Zufall gelang es ihr, die Schauspielerin und den Kaiser zusammen in das Atelier des Malers zu bestellen, um das Portrait gemeinsam zu besichtigen. Bei dem angeregten Gespräch kündigte Franz Joseph der Schauspielerin an, sie bei ihrem Sommeraufenthalt am Wolfgangsee von Ischl aus zu besuchen, was er auch tat. Die Freundschaft zwischen Katharina Schratt und Kaiser Franz Joseph währte ab diesem Zeitpunkt nur mit einer Unterbrechung 1900/01 (nach Meinungsverschiedenheiten mit dem Kaiser) bis zu seinem Tod im November 1916, obwohl sie sich schon nach dem Tod von Kaiserin Elisabeth im Jahr 1898 ein wenig abgekühlt hatte. Über die Art ihrer Beziehung zum Kaiser ist viel gemutmaßt worden.

Kathi war zufällig in der Hofburg, um sich vom Kaiserpaar vor dessen Abreise nach Budapest zu verabschieden, als am Vormittag des 30. Jänner 1889 Graf Josef Hoyos mit der schrecklichen Nachricht vom Selbstmord Kronprinz Rudolf mit seiner Geliebten Mary Vetsera erschien. Er informierte zunächst die Kaiserin, diese begab sich sogleich zu Frau Schratt. Weinend wiederholte sie immer wieder die Worte: „Wie soll man diesen furchtbaren Schicksalsschlag dem Kaiser mitteilen…“, als dieser eintrat. Seine ersten Worte waren: „Um Gottes Willen… Wie soll man das den Menschen sagen?“

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Bild mit Unterschrift von Katharina SchrattSammlung Petra Herzberg

Kaiserin Elisabeth und Kathi hatten ein gemeinsames Thema und das waren die neuesten Tipps zu den damaligen Abmagerungskuren, wie z.B. die Traubenkur, die Orangenkur, die Milchkur, etc. Sie probierten beide die angesagtesten Heilquellen aus und unterhielten sich über deren Wirkung und die Ergebnisse der einzelnen Kuren. Während Sisi immer dünner wurde, haderte Kathi zeitlebens mit ihrem Gewicht. Sarkastisch dichtete Sisi trotz aller Freundschaft zu Kathi recht bissig über sie:

„Dein dicker Engel kommt ja schon

Im Sommer mit den Rosen.

 

Gedulde dich, mein Oberon!

Und mach nicht solche Chosen!

 

Sie bringt sich mit ihr Butterfaß

Und lässt sich Butter bereiten.

 

Sie macht mit Cognac die Haare naß

Und lernt am End noch reiten.

 

Sie schnürt den Bauch sich ins Korsett,

dass alle Fugen krachen.

 

Hält sich gerade wie ein Brett

Und ‚äfft‘ noch andere Sachen.

 

Im Häuschen der Geranien,

Wo alles so fein und glatt,

 

Dünkt sie sich gleich Titanien,

Die arme dicke Schratt.“

 

(Sisi nannte Franz Joseph in ihren Gedichten „Oberon“ und sich selbst „Titania“ (aus Sisis geliebtem „Sommernachtstraum“ von William Shakespeare). Mit dem „Häuschen der Geranien“ ist die Schratt-Villa in Bad Ischl gemeint. Zu Sisis Ei-Shampoo wurde Cognac für den schönen Glanz gemischt.)

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Katharina Schratt in einem langen weißen KleidSammlung Petra Herzberg

Diverse Verehrer

Kathi war lebensfroh, hübsch, sinnlich und konnte gut unterhalten. Sie hatte blonde Locken und blaue Augen. Sie war keine Kostverächterin und hatte einige Liebesverhältnisse mit angesehenen und reichen Männern, wie z.B. Hans Graf Wilczek, der ihr glühende Liebesbriefe schrieb, ihrem Schauspielerkollegen Viktor Kutschera, mit dem sie in Wien als Maria Theresia und Franz Stephan von Lothringen auftrat, und Ferdinand von Sachsen-Coburg-Kohary, dem späteren König von Bulgarien.

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Katharina Schratt in einem TornürenkleidSammlung Petra Herzberg

Der bekannteste Verehrer allerdings war Kaiser Franz Joseph. Ein Biograf soll sogar Belege und Beweise gefunden haben, dass beide nach Sisi’s Tod 1898 eine Gewissensehe eingegangen sein sollen. Jedoch wurden die Urkunden im erzbischöflichem Archiv in Wien kurz vor dem Anschluss Österreichs vernichtet, daher existieren heute keine Beweisstücke mehr.

Die Grundlagen der Argumente für eine geheime Ehe wurden jedoch als mysteriöse Eintragungen in einem nicht mehr vorhandenen Buch angezweifelt. Dies nicht zuletzt auch unter Hinweis darauf, dass selbst eine geheime Ehe nach den damaligen Rechtsvorschriften auch im staatlichen Bereich als gültige Ehe anzuerkennen gewesen wäre und Erbansprüche der überlebenden Gattin gegen den Kaiser ausgelöst hätten. Solche hat sie aber nie geltend gemacht. Jedoch hatte Kathi vom Kaiser zu Lebzeiten viel Geld erhalten, das auf eine Erbschaft anzurechnen gewesen wäre. Und sie besaß eine große und sehr wertvolle Schmucksammlung.

Kaiser Franz Joseph hatte ihr zu allen möglichen Gelegenheiten wertvolle Schmuckstücke geschenkt und auch von ihren anderen Verehrern wurde sie reich beschenkt. Einige der Schmuckstücke wurden und werden immer noch gelegentlich im Wiener Auktionshaus Dorotheum versteigert. Kathi hatte einige Stücke nach ihrer aktiven Karriere verkauft, um über die Runden zu kommen und ihre Spielschulden abzutragen. Ein besonders schönes Stück war die „Fuchsiabrosche“, eine Diamantbrosche in Form eines Fuchsiazweiges, mit naturgetreuen Stengeln und Blütenblättern aus Altschliffdiamanten und fuchsienfarbenen Rubinen hergestellt vom Wiener Juwelier A.E. Köchert. Dieses Stück brachte bei seiner Versteigerung im Jahre 2011 EUR 202800,– ein.

 

Die „Stille Woche“

Die „Stille Woche“ war damals der Begriff für die Menstruation. Während dieser Woche empfing Kathi den Kaiser meist im Bett liegend zu Plaudereien und Zeitvertreib. Gern machte Kathi aus der „Stillen Woche“ ein kleines Drama, sie spielte die Kranke und wollte nur im Bett liegen. Er wusste immer über ihre stille Woche Bescheid.

War es nur eine platonische Beziehung oder war „mehr“ im Spiel?

Bis heute gibt es keine eindeutigen Beweise, dass die beiden eine sexuelle Beziehung hatten. Jedoch ist es sehr wahrscheinlich. Aus den Briefen Franz Josephs an Kathi lesen wir „… daß Sie mir im Bette Audienz erteilen, wie Sie es mir halb und halb versprochen haben.“ Zeitlebens bleibt er jedoch beim „Sie“.

Kaiser Franz Joseph wurde schon früh den sog. „hygienischen Damen“ zugeführt, damit er wusste was in der Ehe auf ihn zukam und vor allem was von ihm erwartet wurde, nämlich in der Lage zu sein, Kinder zu zeugen. Er durfte nicht unaufgeklärt und ohne Erfahrung in die Ehe gehen. Auch nach der Eheschließung mit Sisi war es für ihn „normal“ Gespielinnen zu haben. Sie wurden für ihn sorgsam ausgewählt. Bei der Freundschaft mit Kathi waren aber auch echte Gefühle und ein inniger Austausch dabei. Für Sex hatte er seine „hygienischen Damen“, für die Gesellschaft und gegen die Einsamkeit die Kathi. Irgendwann kam wohl der Moment wo sich beides vermischte …

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Katharina Schratt im BallkleidSammlung Petra Herzberg

Der Kaiser und seine anderen Frauen

Während Kaiser Franz Joseph seit 1878 mit der bürgerlichen blutjungen Anna Nahowski, die er im Park von Schloss Schönbrunn beim Spazierengehen kennengelernt hatte und mit ihr viele Jahre lang eine sexuelle Beziehung führte, hatte Kathi zunächst eher die Funktion einer vertrauten Gesellschafterin. Zu dem Zeitpunkt als Kathi Schratt der Mittelpunkt im Privatleben von Kaiser Franz Joseph wurde, bekam Anna Nahowski eines Tages Besuch von einem Überbringer aus der Hofburg. Er übergab ihr einen Umschlag mit 50.000 Gulden als Abfindung und beendete damit offiziell das Verhältnis. Sie willigte erst dann mit ihrer Unterschrift ein, als noch mehr Geld floss und sie insgesamt 200.000 Gulden erhielt. Von diesem Geld konnte sie ihren Kindern und sich selbst ein gutes Leben ermöglichen.

 

Natürlich war sie geknickt und versuchte ein paar Mal wieder in Kontakt zum Kaiser zu kommen, der sie aber abwies. Es ist nicht ganz geklärt, ob von den Kindern auch ein Kuckuckskind dabei war. Es soll dies ein Mädchen namens Helene gewesen sein. Die anderen Kinder waren von ihrem Ehemann, der ein Nichtsnutz, Säufer und Faulpelz war.

Mit Franz Joseph’s Freundschaft zu Kathi konnte Sisi nun ohne schlechtes Gewissen länger und weiter weg reisen, wissend, dass ihr Mann nicht einsam war und sich in warmer guter Gesellschaft befand. Da der Kaiser seit dem Industriellenball 1885 keine Vorstellung des Burgtheaters versäumte, wenn dort in einem Stück Frau Schratt auftrat, erlebte Sisi in Kathi eine Frau, die mit ihrer Frische und Natürlichkeit, mit ihrem gesunden Humor und ihrem unverdorbenen Herzen imstande war, den Kaiser zu erheitern und ihn seine Einsamkeit vergessen zu machen.

Und sie wusste auch, dass sie zu diesem Freundschaftsverhältnis ihre Genehmigung geben könne, damit die Beziehungen des Kaisers zur Künstlerin niemals die Grenzen des Erlaubten überschreiten würden. Die Kaiserin hat sich darin nicht getäuscht − wenn auch die große Welt es nicht glauben wollte. Sisi war in voller Aufrichtigkeit die dritte in diesem geschichtlich wohl einzig dastehenden Freundschaftsbunde. Um dem Gerede und Getuschel zuvorzukommen, wurde Kathi offiziell als „Vorleserin und Gesellschafterin“ der Kaiserin ernannt. Einzig Marie Valerie, die jüngste Kaisertochter stand der Freundschaft zwischen Kathi und ihrem Vater kritisch gegenüber.

 

Spielschulden

Kathi hatte ein großes Laster, was immer wieder zu Streit zwischen ihr und Kaiser Franz Joseph führte, das Glücksspiel. In Monte Carlo verspielte sie ein Vermögen und oft musste der Kaiser einspringen, um ihre Spielschulen zu bezahlen. Er schimpfte und seufzte – aber er zahlte und verzieh ihr immer wieder, verliebt wie ein kleiner Leutnant.

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Katharina Schratt schaut in die KameraSammlung Petra Herzberg

Damit er sie in seiner Nähe wusste, kaufte er ihr eine Villa in der Gloriettegasse 9 in Hietzing in Laufnähe zum Schloss Schönbrunn. Kathi ließ sie elegant und teuer einrichten. Dort besuchte er sie regelmäßig in den frühen Morgenstunden und blieb zum Frühstück bei Kaffee, selbstgebackenem Gugelhupf und einer Zigarre. Dort bekam er Wärme und den neuesten Wiener Klatsch zu hören.

Kathis Geschenke an den Kaiser in dieser Zeit sind zweckmäßig und gleichzeitig liebevoll. So schenkt sie ihm einen warmen Mantel und weist Franz Joseph’s Kammerdiener Eugen Ketterl an, darauf zu achten, dass der Kaiser ihn auch wirklich an kalten Tagen trägt. Der Kaiser ist äußerst sparsam und lässt seine Kleidung lieber nähen und ausbessern anstatt sich neue zu kaufen. Ein Feldbett reicht ihm für die wenigen Stunden Schlaf. Kathi schenkt ihm einen kleinen Rasierspiegel, in den sie auf Französisch am Rand eingravieren ließ: „Das ist das Portrait des Menschen, den ich liebe“.

Für Kathi waren die Besuche des Kaisers oft sehr anstrengend, denn er war Frühaufsteher und sie stand bis spät abends auf der Bühne und kam oft sehr spät ins Bett. Wenn er sie besuchte, war es fünf oder sechs Uhr morgens und sie musste dann bereits angezogen, nett frisiert sein und der Gugelhupf musste frisch auf dem Tisch stehen …. Für die Sommerfrische in Bad Ischl kaufte er ihr die Villa Felicitas auf der Straße nach Pfandl die bald nur noch die „Schratt-Villa“ genannt wurde. Hier konnte er sie auch im Sommer besuchen, wenn er die warmen Monate in dem kühleren Bad Ischl verbrachte. Kathi nahm alle Geschenke gern an, jedoch widersetzte sich allen Versuchen des Kaisers an ihrem Leben und ihren Beziehungen zu anderen Männern Einfluss zu nehmen. Er war oft sehr eifersüchtig, schrieb ihr glühende Briefe und betitelte den Nebenbuhler König Ferdinand von Bulgarien abfällig stets nur als „der Bulgare“.

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Porträt von Katharina Schratt mit Hut (Foto)Sammlung Petra Herzberg

Lebensabend

Kathi Schratt wurde am 20. November 1916 ins Schloss Schönbrunn gerufen, um sich am Sterbebett vom toten Kaiser verabschieden zu dürfen. Marie Valerie blickt sie kalt an, sie hatte die Freundschaft nie für gut heissen können, gab aber beim letzten Gang nach. Kathi legte ihrem Kaiser 2 weiße Rosen in die kalten Hände. Diese Rosen verblieben als einziger Blumenschmuck in seinem Sarg. Der Kaiser ist 86 Jahre alt geworden.

Nach dem Tod Kaiser Franz Josephs lebte die ehemalige Schauspielerin zurückgezogen in ihrer 500 m² großen Wohnung im dritten Stock ihres Palais am Wiener Kärtnerring 4. Hin und wieder trat die engagierte Tierliebhaberin (sie selbst besaß zeitweise einen Affen, drei Papageien und sieben Hunde) an die Öffentlichkeit, etwa für Lesungen zugunsten wohltätiger Organisationen. Ansonsten widmete sie sich ihrem Hobby, dem Legen von Puzzles.

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Porträt Katharina Schratt (älter)Sammlung Petra Herzberg

In ihren späten Jahren wurde Katharina Schratt zu einer tief religiösen Frau, die täglich die Kirche besuchte und mehrmals in der Woche zum Sarg des verstorbenen Kaisers in die Kapuzinergruft pilgerte. Wurde sie erkannt, grüßte man sie freundlich. Über ihre Beziehung zum Kaiser wahrte sie jedoch strengste Diskretion und keinem Verleger oder Journalisten gelang es, sie zum Reden zu bringen. Sie sagte „Man macht nicht seine Vergangenheit und sein begrabenes Glück zu Geld“. Am 17. April 1940 starb Katharina Schratt im Alter von 86 Jahren an Altersschwäche. Sie wurde auf dem Hietzinger Friedhof (Gruppe 19, Nummer 108) in Wien beigesetzt. Sie liegt dort in der Familiengruft zusammen mit Ihrem Sohn Toni und ihrem geschiedenen Mann Nikolaus Kiss von Ittebe sowie Baronin Vera Kiss von Ittebe, der Ehefrau von Toni.

Über die Autorin:

Petra Herzbergs erste Passion ist die berühmte und beliebte Kaiserin Sisi und ihre Familie. Nicht nur, dass sie alle (deutschen) Bücher, die es zum Leben von Kaiserin Elisabeth (deren Spitzname übrigens nur in den Sissi-Filmen mit Romy Schneider mit Doppel-S geschrieben wird) und ihrem Mann Kaiser Franz Joseph gibt, gelesen hat, sie sammelt neben den Büchern auch Bilder, Fotos und Figuren rund um Sisi und ihre Familie.

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In ihrer Sammlung von Fotos hat sie im Laufe der Jahre sehr seltene Stücke zusammengetragen, darunter eine Reihe Originalaufnahmen, die in den bereits erschienenen Beiträgen wie auch in diesem zu sehen sind. Ihre profunde Kenntnis hat sie bereits in mehreren Artikeln zu verschiedenen Themen rund um Kaiserin Sisi bewiesen und gibt so gerne ihr Wissen an die Leser von Bürgerleben weiter. Inzwischen gehört sie zu den beliebtesten Autorinnen dieser Seite! Beruflich ist sie seit vielen Jahren erfolgreich in der Bankenbranche tätig. Ihre zweite Passion, die sie, aber das mehr zufällig, mit Kaiserin Sisi teilt: das Reiten im Damensattel und ihre zwei Pferde, ihr Ausgleich vom stressigen Joballtag.

Weitere Artikel zu Sisi und ihrer Familie

Zu Kaiserin Sisi sind bereits folgende Artikel von Petra Herzberg erschienen: „Sieben Geheimnisse von Kaiserin Sisi, die Du wahrscheinlich noch nicht kennst“ ; „Sisis Reisen – Flucht oder Abenteuer?“ , „Sisi und der Reitsport vor 150 Jahren“ , „Sisi – die dunklen Seiten einer Kaiserin“ sowie über ihre jüngste Tochter: „Erzherzogin Marie Valerie – die Lieblingstochter von Kaiserin Sisi

Von Christian Sepp wurden diese beiden Artikel zu Sisis Schwestern „Sophie Charlotte – das dramatische Schicksal…“ und „Marie Königin beider Sizilien – Sisis mutige Schwester“ sowie zu Sisis Mutter Ludovika und ihrer Familie veröffentlicht.

Von Stefan Haderer ist der Artikel  „Sisis jugendliche Schwärmer – die Kaiserin und ihre griechischen Vorleser“ hier erschienen.

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